Autor Thema: Die Witwe  (Gelesen 521 mal)

gummibaum

Die Witwe
« am: Januar 26, 2025, 20:08:10 »
Sein Bett ist leer. Ihr Witwensein
zwar noch betreut von ihren Kindern.
Doch lässt sich ihre Angst nicht mindern.
Ihr letzter Pfeiler stürzte ein.
 
Sie stützte sich ihr Leben lang
auf jemand, der sie Kleine nannte, 
ihr gern die starken Netze spannte,
und war alsbald sein bester Fang.

Trotz hohen Alters ist sie nie
im eignen Leben angekommen,
und fühlte sie den Kern verschwommen,
erschauderte und seufzte sie. 
 
Nie kam ihr ernsthaft in den Sinn,
sich doch zum Ursprung aufzumachen,
schnell knüpfte sie ein Zauberlachen
um scheinbar höheren Gewinn.   
 
Es ließ die Tränen unentdeckt
und überzeugte manchen andern,
den weichen Weg mit ihr zu wandern,
auf dem ein Wille sich versteckt.
 
Noch jetzt wirft sie dies Lachen aus,
doch greift der Anker schon ins Leere,
und bricht der Damm der Tränenmeere,
verwüsten sie ihr Seelenhaus...

« Letzte Änderung: Januar 27, 2025, 00:21:13 von gummibaum »

Erich Kykal

Re: Die Witwe
« Antwort #1 am: Januar 27, 2025, 00:14:42 »
Hi Gum!

Es passiert immer wieder, dass der überlebende Partner nach einer langen Ehe dem anderen bald hinterherstirbt, da, we du sagst, der Anker fehlt, der Sinn des Lebens an sich, weil die Verbindung so innig war.
Das muss an sich nichts Negatives sein, wie du es hier beschreibst, aber es gibt sicher auch solche Fälle. Aber auch das ist eine zu respektierende Lebensentscheidung, wenn jemand beschließt, sich ganz einem Partner unterzuordnen und aheimzustellen, sofern es freiwillig geschehen ist. Über die Gründe dafür zu richten steht uns als Außenstehenden nicht zu, wie ich finde.

Du schreibst aus der Sicht eines freien Geistes, für den es einer erniedrigenden Selbstkastration gleichkommt, wenn sich jemand so völlig hingibt und unterordnet, ohne sich je selbst verwirklichen zu wollen, so als ob so eine Potentialsvergeudung eine Sünde wäre. Aber jeder Mensch hat nun einmal das Recht, sein Dasein selbst zu gestalten, egal ob er es am Ende nun bereut oder nicht. wenn es seine Entscheidung war, sich aller Entscheidungen zu entledigen, indem er sich einem anderen unterwirft, dann ist auch das sein gutes Recht, egal wie es ausgeht.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Die Witwe
« Antwort #2 am: Januar 27, 2025, 00:30:15 »
Danke, lieber Erich,

für den ausgewogenen Kommentar. Ja, es steht jedem frei, seine Beziehungen zu gestalten oder gestalten zu lassen.

Gute-Nacht-Grüße von gummibaum