Autor Thema: Sonett pro Sonettkunst - Doppelsonett  (Gelesen 1387 mal)

Erich Kykal

Sonett pro Sonettkunst - Doppelsonett
« am: Januar 24, 2025, 10:46:55 »
Wer auf dieser wunderbaren Erde
wollte nicht Sonette niederschreiben,
Worte, die am Wesentlichen reiben,
dass das wahre Schöne kenntlich wäre?

Wollte nicht Kritik an Mängeln üben,
mahnen, dass wir uns partout verrennen?
Wollte nicht im Auserwählten brennen,
in vergleichenden verbalen Schüben?

Nun, mein unbedarfter junger Dichter:
Wollen ist das eine, doch die Kunst
fügt nicht jedem sich. Die Reimvernichter

und die Blender haben stumpfe Fühler -
rasch ist jede Botschaft grob verhunzt:
Erbsenzähler oder Phrasenwühler.


Manchmal beides, wenn sie sich vergehen
am Gesange und am schönen Worte,
die sie durch der Lippen harte Pforte
ungeschlacht in ihre Zeilen säen.

Krude ist ihr Werk, und darob schmähen
laut sie andere, die ohne Mühen
an der Sprache Wurzeln auferblühen!
Hör nur, wie sie sich verstiegen blähen,

Häme speien auf die Traditionen,
die das Holde im Gehörten schonen,
und sie heißen ihr Gewäsch: Modern.

Taktlos würgen sie an Abstraktionen,
um das Konstruierte zu bewohnen
wie Vertriebene vom andern Stern.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Copper

Re: Sonett pro Sonettkunst - Doppelsonett
« Antwort #1 am: Januar 25, 2025, 19:21:18 »
Hallo Erich,

in allen Kunstrichtungen gibt es selbsternannte Künstler, die ihre Fähigkeiten überschätzen. Sie befassen sich nicht mit den Werken anderer namhafter Künstlern aus der Gegenwart oder aus der Vergangenheit. Sonst würden Sie ihr Können nicht überbewerten. Aber was soll's. Solche Typen sind unbelehrbar und vernagelt. Ich selbst dachte, vor vielen Jahren, als sich meine ersten Gedankenergüsse in Reimen formten, was ich doch für ein genialer Dichter bin. Jedoch, als ich mich damit intensiv auseinander setzte, im Bezug auf die Gesetzlichkeit des Reimens und auch der Dichtkunst generell, habe ich erkannt was ich für einen Murks verzapfte. Ich nenne meine kleine unbedeutende Werke auch nicht Gedichte, sondern gereimtes. Deshalb würde ich ein Büchlein von meinen Ergüssen auch nie mit "Gedichte"betiteln, sondern nur mit dem Begriff "Gereimtes". Denn nicht alles was sich reimt ist ein Gedicht. Ein Gedicht ist melodisch schön, ergreifend und es sollte mental nachhallen.

Viele Deiner Werke sind so geschrieben. Deshalb kann ich es gut nachvollziehen, dass du dich über solche Dichter ärgerst, die meinen,sobald sich die letzten Silben Reimen, ist man schon ein Dichter und jede Kritik als persönliche Beleidigung empfinden, anstatt sich selbstkritisch  zu verbessern. Sie sollten eigentlich dankbar sein für jeden kritischen Hinweis.

Aber lieber Erich, ärgere dich nicht über solche Typen. Wobei, hättest du dich nicht geärgert, könnten wir das Gedicht nicht genießen.

Gruß Copper.
« Letzte Änderung: Januar 25, 2025, 19:43:33 von Copper »

Erich Kykal

Re: Sonett pro Sonettkunst - Doppelsonett
« Antwort #2 am: Januar 25, 2025, 19:46:56 »
Hi Cop!

Dein lyrischer Werdegang scheint sehr dem meinigen zu ähneln - auch ich lernte erst mit der intensiven Beschäftigung mit der Materie, dass meine Frühwerke voller Schnitzer waren.

Das obige, eher nicht ganz so ernstgemeinte Werk mokiert sich teils über moderne, reimlose Lyrik, teils - wie du richtig erkanntest, über eher talentfreie Dichter und Liedermacher, die sich heutzutage gar keine Mühe mehr zu geben scheinen, in ihren Lieder korrekte Reime zu verwenden - Hauptsache, es klingt schon allein irgendwie 'ähnlich'! Vor allem aber über moderne, reimlose Lyrik. Kann ich einfach nicht ausstehen.

Danke für deine Gedanken, und für das lyrische Lob zu meinen Werken.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Sonett pro Sonettkunst - Doppelsonett
« Antwort #3 am: Januar 26, 2025, 21:50:01 »
Das ist eine erlesen formulierte Replik auf einfältige Sonett-Kritiker, lieber Erich.

Es scheint für manchen, der als modern/avantgardistisch gelten möchte, verpflichtend zu sein, das Sonett schlecht zu reden. Tatsächlich aktiviert es  verschiedenste Fähigkeiten beim Schreiber, wie klare und zugleich schöne Wortwahl, analytisches und synthetisches Denken, Abwägung und überlegte Entscheidungsfindung ... also etwas, das zeitlos wertvoll bleibt.

Sehr gern gelesen.

Chapeau von gummibaum     

Erich Kykal

Re: Sonett pro Sonettkunst - Doppelsonett
« Antwort #4 am: Januar 27, 2025, 00:29:03 »
Hi Gum!

Ich pflichte bei! Die schöne, gepflegte Sprachhabung gilt diesen Adepten der erzwungenen 'Moderne' als schwülstig pathetischer lyrischer Müll, da sie entweder gar kein Sensorium für die von dir beschriebenen Fähigkeiten haben - oder sich neidvoll in die Reimlosigkeit elitär denkender Lyrikzirkel der selbstgefälligen 'Avantgarde' gefküchtet haben, weil sie einsehen mussten, dass sie es einfach nicht drauf haben. gute und korrekte Sonette zu schreiben, was ihnen auch des Recht verliehen hätte, kompetent mit dieser Form zu experimentieren.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Copper

Re: Sonett pro Sonettkunst - Doppelsonett
« Antwort #5 am: Januar 27, 2025, 20:12:51 »
Das ist zwar kein Sonett, aber von der  KI geschrieben.
Auch so ein möchte gern Künstler.

**Die Liebe**

In deinen Augen, tief und klar, 
Spiegelt sich das, was einst so war. 
Ein zarter Hauch, ein sanfter Blick, 
In deiner Nähe fühl ich Glück.

Wenn deine Hand die meine fasst, 
Verblasst die Welt, der Augen Rast. 
Die Zeit vergeht, der Augenblick 
Wird ewig sein, so zart, so schick.

Ein Herz, das schlägt im gleichen Takt, 
Ein Traum, der uns zusammenpackt. 
In Liebe tief, in Freude pur, 
Verlieren wir uns in der Uhr.

Und diese KI ist von sich so überzeugt, dass diese mir sogar weitere Ergüsse anbietet:
Wenn du magst, kann ich auch ein anderes Gedicht erstellen oder über spezielle Themen der Liebe sprechen!


« Letzte Änderung: Januar 27, 2025, 20:16:20 von Copper »

Erich Kykal

Re: Sonett pro Sonettkunst - Doppelsonett
« Antwort #6 am: Januar 27, 2025, 23:29:15 »
Hi Cop!

Der Mensch berauscht sich gerne an seinen technischen Errungenschaften, und manch einer mag hier sagen: Passt doch! Es verfügen eben nicht alle über ausreichend sprachliches Feingefühl.

Zum vorliegenden 'Werk':

In S1Z2 muss 'Spiegelt' falsch betont werden, um ins Metrum zu passen, und die Phrase 'was einst so war' entbehrt eines stringenten Sinnzusammenhangs in diesem semantischen Zusammenhang.

S2Z2 - Die Welt soll also 'der Augen Rast' sein - na, da habe ich Vorbehalte.

S3Z4 - Dass Augenblicke 'schick' sind, passt natürlich immens gut zur Gravitas der restlichen Zeilen!

S4Z1 - 'Ein Herz, das schlägt ...' - wunderschönes Deutsch!
S4Z2 - Unser Traum 'packt' uns zusammen - wow! Ist dieses Werk von Amazon gesponsert?


Nun ja, zumindest müssen wir Dichter uns in nächster Zeit keine Sorgen machen, dass wir wegen KIs arbeitslos werden könnten - aber Moment ... uns bezahlt doch ohnehin keiner! Shit!  :o


Amüsiert gelesen!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
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Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.