Das Ausgraben von Uraltbeiträgen durch unseren Goldtroll ist zwar total sinnbefreit, aber Deine Ausführungen, liebe AL, verdienen eine Antwort!
1. Korrekt heißt es "Kyrie eleison". Das wird im Internet leider nicht immer richtig angegeben.
Dass eine Wendung wie das von Norbert gebrauchte Kyrieleison "nicht richtig" sei, ist - mit Verlaub - Unsinn. Natürlich kann jeder des Lesens fähige Mensch in Wikipedia oder sonstwo nachschlagen, dass wir es hier erst einmal mit zwei getrennte Wörtern zu tun haben: Kyrie für: Herr, Gebieter, Herrscher und Eleison für: habe Erbarmen, erbarme Dich.
Sehr schön.
Nun gibt es ja im Deutschen sehr viele Wörter, die aus Einzelwörtern amalgamiert worden sind: Der Gottseibuns, das Rührmichnichtan usw. Wie sieht es da wohl mit dem Altgriechischen aus?
Und tatsächlich ist gerade das Altgriechische eine Sprache, die sich sehr leicht damit tut, zusammengesetzte Wörter zu basteln - darin stehen die Griechenzausel den Deutschen in nichts nach. Somit wäre eine Zusammenziehung von einem oder mehreren Wörtern zu einem einzelnen Wortgebilde für einen Griechen der Antike gar nichts Ungewöhnliches.
Mit dem Deutschen Donaudampfschiffartsgesellschaftskapitätn hätte man jedenfalls einen alten Griechen nicht beeindrucken können. Er würde dem wohl entgegen halten:
λοπαδοτεμαχοσελαχογαλεοκρανιολειψανοδριμυποτριμματοσιλφιοκαραβομελιτοκατακεχυμενοκιχλεπικοσσυφοφαττοπεριστεραλεκτρυονοπτοκεφαλλιοκιγκλοπελειολαγῳοσιραιοβαφητραγανοπτερύγων (ein Wort!) und hätte gewonnen.
Zwar gibt es in anderen Sprachen noch längere Wörter, aber dieser spezielle sprachliche Leckerbissen (tatsächlich eine Art Kochrezept in einem einzigen Wort) ist zumindest das anerkannt längste in einem offiziellen literarischen Werk erschienene Wort - es taucht in einer Komödie von Aristophanes auf.
Ein anderes vieldiskutiertes Beispiel ist eine Wortneuschöpfung von Paulus aus 1. Korinther: αρσενοκοίτης.
Hier hat dieser christliche Taliban zwei eigentlich getrennte Wörter zu einem neuen Kunstwort zusammengezogen. In Lev 20, 13 finden wir die beiden Wörter noch säuberlich separiert: ὃς ἂν κοιμηθῇ μετὰ
ἄρσενος κοίτην γυναικός βδέλυγμα ἐποίησαν ἀμφότεροι θανατούσθωσαν ἔνοχοί εἰσιν, was soviel bedeutet wie: Wenn ein Mann mit einem Mann schläft wie eine Frau, dann haben beide eine abscheuliche Sünde begangen und werden mit dem Tod bestraft - ihr Blut wird über sie kommen. Man sieht, die Bibel ist doch immer wieder ein Quell der Freude. Jedenfalls hat Paulus aus diesen beiden getrennten Wörtern, "männlich" und "zusammen schlafen", einen etwas schrägen Neologismus zusammengebastelt, den man ungefähr mit Männlichkeitsbeischläfer übersetzen könnte.
Und hier schließt doch dann das Kyrie eleison nahtlos an
Auch dieser, eigentlich natürlich aus zwei getrennten Wörtern bestehende Ausdruck ist schon sehr früh in der liturgischen Sprache zu einem Wort zusammengezogen worden, Varianten im Deutschen sind z. B. Kyrieeleis, Kyrieleis, Kyrioleis und Kyrileis. So steht im ältesten Kirchenlied deutscher Sprache:
Christ ist erstanden / Von der Marter alle; / Des solln wir alle froh sein, / Christ will unser Trost sein. /
Kyrieleis.
Nebenbei bemerkt hat von dieser häufigen Schlussformel eine ganze Gattung von Kirchenliedern ihren Namen abgeleitet: Die sogenannten Leisen (was nichts mit der Lautstärke zu tun hat, sondern mit einer nochmaligen Verkürzung von Kyrieleis zu Leis(e).
Also: Kyrie eleison sind ursprünglich zwei Wörter und so wird es im Gotteslob auch noch häufig gebraucht, aber wenn die zwei Wörtchen sich ganz doll lieb haben und kuscheln wollen, kann kein Sprachzelot etwas dagegen ausrichten: Kyrieleis! Amen.
LG!
S.