Autor Thema: Das genetische Roulette  (Gelesen 2406 mal)

Erich Kykal

Das genetische Roulette
« am: Juli 28, 2024, 10:44:26 »
Die Ungerechtigkeit der Elterngene
entscheidet grausam über unser Glück.
Dem einen schenkt sie alles Wunderschöne,
der andere bleibt ungeschlacht zurück.

Den einen macht sie schlank und gutaussehend,
den andren dick und kurz und Brille tragend,
so manchen gut bestückt im Safte stehend,
doch andre klein, in gar nichts überragend.

Wir mögen mancherorts die gleichen Rechte
genießen, doch was bringt das alles schon?
Wir messen nach der Größe der Gemächte,
und dem Verlierer bleibt der nackte Hohn.

Wir werfen uns sogleich an schöne Brüste,
das Mauerblümchen nehmen wir nicht wahr -
nur Äußerliches steigert die Gelüste,
nur Selbstbewusstsein macht die Chose klar.

Es sind die Gene, die all dies entscheiden,
und wahre Chancengleichheit gab es nie!
Die einen siegen und die andern leiden,
und nichts in ihren Genen tröstet sie.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Das genetische Roulette
« Antwort #1 am: Februar 06, 2025, 22:02:36 »
Lieber Erich,

das ist angesichts der vielen Versuche, es nicht wahrhaben oder ändern zu wollen, witzig in seiner nüchternen Beschränkung auf die mitleidlosen Tatsachen. Formal gefällt mir, dass das Gedicht vom Inhumanen der humanen Gene eingerahmt wird.

Mit Freude gelesen.
Grüße von gummibaum

vgl.: Richard Dawkins: Das egoistische Gen, 1976 


Erich Kykal

Re: Das genetische Roulette
« Antwort #2 am: Februar 07, 2025, 09:07:48 »
Hi Gum!

Dies ist ein Lamento bezüglich der Ungerechtigkeit des genetischen Rouletts. Es gibt viele Rechtfertigungen dafür, die uns erträglich machen sollen, dass wir die Loser dieser Timbola sind: Dass die Gene ja für die wunderbare Vielfalt sorgen, die uns umgibt - wie langweilig wäre es, wenn alle gleich (gut) aussehen würden! Blablabla ... - das tröstet die wirklich äußerlich oder innerlich Hässlichen am jeweiligen Ende der Kurve Gauss'scher Normverteilung so gar nicht! Erzähl sowas mal denen mit Klumpfuß oder Hasenscharte, mit Mikropenis oder Zwergwuchs, den Adipösen oder denen mit anderen genetischen Erkrankungen aller Art. Ich denke, SIE nähmen die Reduktion dieser beschworenen 'Vielfalt' nur zu gerne in Kauf, wenn sie dafür auch fesch und beghrenswert sein könnten!

Danke fürs Reinschauen!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Das genetische Roulette
« Antwort #3 am: Februar 07, 2025, 09:42:35 »
Oh, Erich,

da lag ich mit meinem Kommentar ja ziemlich daneben. Wahrscheinlich bin ich noch zu wenig benachteiligt, um dies sensibel genug lesen und verstehen zu können.

Liebe Grüße von gummibaum

Erich Kykal

Re: Das genetische Roulette
« Antwort #4 am: Februar 08, 2025, 01:11:46 »
Hi Gum!

Das meiste davon spielt sich im Kopf ab. Ein selbstbewusster Mensch kann potthässlich sein und dennoch durchs Leben gehen, als gehörte die Welt allein ihm - oder ihr.
Andere haben kaum nennenswerte Defizite, leiden aber so darunter, weil sie sich das so eingeredet und sich so darauf fixiert haben, dass es sie irgendwann in den Suizid treibt.

Und nicht alle werten gleich: Eon Manko, das dem einen fast lächerlich erscheint, verursacht einem anderen die höchste Seelenpein.

Das obige Werk ist eigentlich auf meine eigenen gefühlten oder bewiesenen Defizite gemünzt gewesen, da ich mich zu den 'Losern' der genetischen Lotterie zähle. Keinesfalls wollte ich damit andere Menschen herabwürdigen - und schließlich kann ich nicht Gedanken lesen oder antizipieren, was irgendjemand beim Lesen dieser Verse oder meiner Kommis fühlt und womöglich auf sich bezieht.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Copper

Re: Das genetische Roulette
« Antwort #5 am: Februar 08, 2025, 13:26:03 »
Hallo Erich,

Die Natur ist ungerecht und rücksichtlos.
Das Schicksal ist ungerecht und rücksichtlos
Gott ist ungerecht und rücksichtslos.

Nur der Mensch scheint die einzige Instanz zu sein, die versucht in dieser ungerechten und rücksichtslosen Welt möglichst gerecht zu sein.
Zumindest was er unter gerecht versteht.
Die Gene ? Naja, ich sah schon wunderschöne Menschen, die hatten hässliche Eltern. Sowie auch umgekehrt.
Schönheit ist ja auch so eine Sache. Sie ist relativ.

Gedicht: Prädikat wertvoll

Noch ein etwas abschweifender Gedanke:
Eine Frau muss nicht schön sein, sie muss sich gut anfühlen. Denn das Licht kann man aus machen, aber hin langen musst du:)

Gruß Copper


Erich Kykal

Re: Das genetische Roulette
« Antwort #6 am: Februar 08, 2025, 23:00:09 »
Hi Cop!

Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde (also mit einem Hirn, dass sich nicht mal das eigene Sonnensystem wirklich vorstellen kann, vom Universum ganz zu schweigen ...).

Logischer Schluss: Gott muss auch versuchen, möchlichst gerecht zu sein, so wie der Mensch.

Leider glänzt er durch Abwesneheit und lässt die Idioten machen - wie ein Vater, der seine unmündigen Kids mit Messern ausstattet, nackt in einen Keller sperrt ... und sich danach nie mehr um sie kümmert, abgesehen von ihrer Ernährung. Cooler Daddy.

Fazit: Ein logischer Widerspruch, wie so viele, wenn es um Reigion steht. Seltsamerweise scheint das die Gläubigen grundsätzlich nie zu stören - als wären sie einfach auf diesem Auge blind.

Ansonsten gebe ich dir Recht. Allerdings: Das Universum ist einfach. Gerecht oder ungerecht sind menschgemachte Werte. Wir sind dem Universum nicht einmal egal - Vermenschlichung ist auch etwas, das die Menschen gerne tun, und das Universum hat kein Bewusstsein, zumindest nicht soweit wir wüssten. Und hätte es eins, könnte dieser 'Gott' und nicht 'nach seinem Bilde' erschaffen haben. (Kicher)


Tipp: Lass deinen abschließenden Frauenwitz bloß keine weiblichen Dichter lesen - DEN Shitstorm wegen Sexismus solltest du dir ersparen ...  ;) ;D >:D


LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.