Autor Thema: Das Opfer Abrahams  (Gelesen 2057 mal)

gummibaum

Das Opfer Abrahams
« am: April 15, 2024, 00:12:15 »
„Hoch auf dem Berge steht mein Thron,
wo ich mich gern am Rauch erfreue.
Dort opferst du mir deinen Sohn“,
sprach Gott, „so will es deine Treue.“
 
„Komm, Isaak“, rief Abraham.
„Du nimmst das Holz und ich das Feuer.“
Der Junge sah, es gab kein Lamm.
Der Aufstieg schien ihm nicht geheuer.
 
„Wo ist es?“, rief er voller Angst.
Sein Vater durfte nichts erzählen:     
„Vertrau auf Gott, sobald du bangst.
Er wird gewiss ein Lamm sich wählen.“
 
Und Isaak ging, wie er war,
beklommen, doch zu Mut verpflichtet, 
zum Gipfel, schaute den Altar
des Vaters, bald mit Holz beschichtet.
 
Nun kamen weder Gott noch Lamm.
Doch jemand riss ihn plötzlich nieder.
Schon fesselte ihm Abraham,
sein Vater, hinterrücks die Glieder.
 
Dann lag er auf dem Feuerholz
als Opfer, dass sie gläubig brächten,
am Hals des Vaters kalten Stolz,
die scharfe Klinge, ihn zu schächten.
 
Da flüsterte, schon fast zu spät,
ein alter Widder, müd zu siechen:   
„Nimm mich, denn Gott ist auf Diät
und kann kein Menschenfleisch mehr riechen…“


Erich Kykal

Re: Das Opfer Abrahams
« Antwort #1 am: April 15, 2024, 17:02:27 »
Hi Gum!

Netter Gott, für den man auf Steinzeitreligionsniveau Tiere sinnlos schlachten und verbrennen soll - oder den eigenen Erstgeborenen, wie manche Kulte durchaus verlangt haben! Ein atavistischer Tauschhandel, der eine Kostbarkeit für eine andere, allerdings rein hypothetische eintauschen soll - also, streng genommen: Extrem dämlich, grausam und sinnlos. Religion eben.

Die Isaak-Opferung spielt genau auf die Praktiken dieser alten Kulte an, die 'Gott' laut Geschichte ablehnt. Dass er dazu einen Minderjährigen einem lebenslangen Trauma aussetzt, ihm praktisch jegliche Vertrauensbasis zu seinem Erzeuger nimmt, bloß um einen Standpunkt klarzumachen, scheint für niemanden eine Rolle zu spielen - bis heute! So viel zum Stellenwert Unmündiger in der Antike - oder zum heutigen Religionsverständnis mancher Treudoofer.

Deine Conclusio macht klar, wie lächerlich der Anpsruch solcher Gottesfanatiker ist - und wie sinnlos grausam: Nicht mal ein (wahrscheinlich gleichgültiger) Gott antwortet da, sondern der widdrige Anrufbeantworter - und nicht einmal DEM geht es um das Kindswohl ...  ;D >:D ::)

Menschliche Dummheit auf den Punkt gebracht und eiskalt lächelnd serviert!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Das Opfer Abrahams
« Antwort #2 am: April 16, 2024, 11:11:16 »
Genau, lieber Erich,

so sehe ich das auch. Vielen Dank für deine klaren Aussagen.

Opfer sind Unterwerfungsakte, nutzen das Schuldgefühl, wachsen sich zu Religion und Moral aus, kanalisieren die Angst und sichern den Bestand der Gesellschaft.

Gruß von gummibaum

« Letzte Änderung: April 16, 2024, 11:19:24 von gummibaum »

Copper

Re: Das Opfer Abrahams
« Antwort #3 am: April 20, 2024, 21:32:21 »
Hallo Gummibaum,

was religiöses mit heiterem Ende. Mir erschließt sich keinerlei Weisheit und auch kein Trost aus diesem Bibeltext. Aber schön, dass er geschrieben wurde. Sonst könnten wir nicht dein wundervolles Gedicht genießen.

Liebe Grüße, Copper

gummibaum

Re: Das Opfer Abrahams
« Antwort #4 am: April 25, 2024, 20:45:00 »
Danke, lieber Copper.

Das freut mich.

Liebe Grüße von gummibaum