Autor Thema: Glück und Spiegel  (Gelesen 750 mal)

Sufnus

Glück und Spiegel
« am: Dezember 16, 2022, 13:55:52 »

Glück und Spiegel

Die Giermaschine Mensch im Zeitparcours
sucht irgendwie den Tod beim Letztbegründen.
Als Hühnergott, als Laune der Natur,
schmückt sich der Geist mit freundlichem Empfinden

und folgt doch letztlich nur der Egotour.
Wer weiß, den Rausch zur Freude zu entzünden
und hinterlässt mehr als die Wärmespur
verheizter Herzen, die ins Dasein schwinden?

Doch beim Entzweien nach dem Liebemachen
bleibt Glut genug, ein Feuer anzufachen,
an dem der Mensch sein Leben lang verbrennt.

Das Glück als Phänomen für gute Nerven:
Wir lernen, nach und nach, den Sinn zu schärfen,
bis man sich selbst im Spiegelbild erkennt.


Erich Kykal

Re: Glück und Spiegel
« Antwort #1 am: Dezember 16, 2022, 16:40:28 »
Hi Suf!

Du bist in letzter Zeit aber sehr weltphilosophisch drauf! schönes Sonett!

Zwei Details:

S4Z2 - Das Komma nach 'lernen' ist überflüssig und stört nur die Sprachmelodie dort.

S2Z3 - Das 'mehr' in dieser Zeile möchte gern betont sein, was ihm dein Takt dort verweigert. Sauber wäre zB: 'und hinterlässt doch mehr als nur die Spur'


Das Werk stellt die Frage: Darf der Rausch, das wilde Leben, die Geilheit genügen, um uns Glück und Erfüllung zu schenken? Wachsen wir darin hinein - oder lieber darüber hinaus?
Die Conclusio rät: Finde dich selbst in allem, was du tust, auch in der eigenen Lust. Stehe dazu und werde, wer du sein sollst, nicht, wer du sein willst.
Reife an der Asche deiner Glut und definiere dich nicht über das, was andere an dir begehren, und du lernst, das Delirium des Lebens zu genießen und zugleich Regie zu führen.

So interpretiere ich es.

Sehr gern gelesen!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Glück und Spiegel
« Antwort #2 am: Dezember 19, 2022, 21:36:36 »
Hi eKy!
Na... unter die philosophischen Betrachtungen mische ich aber auch noch allerlei Albernes, Experimentells oder Alltagsabgelauschtes. Die Mischung solls richten! :)
Die zwei monierten Stellen kommen nochmal ordentlich auf den Prüfstand (heut nimmer, bin zu müd) - ad hoc tendiere ich dazu, das Komma zu streichen aber die metrisch-bemängelte Stelle so zu belassen. Mal sehen, was sich bei nüchterner (sic) und morgenfrischer (?) Betrachtung ergibt. :)
Deine Deutung scheint mir sehr sinnig zu sein. :) Ich persönlich hätte es wahrscheinlich nicht unbedingt so stark in den Aspekt des physisch-sexuellen geschoben ("Geilheit" wie Du schreibst), aber mit "Liebemachen" hab ich das wahrscheinlich ziemlich stark anmoderiert. Die Stichwörter "Letztbegründen", "freundliches Empfinden" und "Wärmespur" würden in meiner Sichtweise aber auch für erweiterte Deutungsfelder taugen (ohne hiermit Deine Interpretation zu widerlagen, wohlgemerkt! :) ).
LG!
S.