Hi Gum!
Bei "ein sie dreschen" handelt es sich um eine Inversion von "sie dreschen ein". Sprachlich nicht optimal, aber metrisch hier notwendig.
Ja, dies ist das 2. Gedicht zum Thema Fanatismus, das ich gestern geschrieben habe. Es fragt, ob Fanatismus nicht auch positiv genutzt werden könnte, wenn er die "richtige" Vorstellung bedient. Aber das ewige Problem: Was ist "richtig"? Werden nicht auch da zwangsläufig Unschuldige mit unter die Räder kommen? Werden solche ursprünglich gut gemeinten "Ideen" nicht allzu bald von jenen geentert, denen es um persönliche Macht und Befriedigung geht - und wer bewacht dann die Wächter?
Verpflichtung zu Pluralismus, Dienst an der Gesellschaft, Durchsetzung des Toleranzprinzips usw. könnten dann irgendwann nur zu leicht in Elitarismus, Hybris und Herrscherwille münden - und aus den Wächtern werden Unterdrücker.
Genau das ist früher oder später mit allen ursprünglich gut gemeinten Ideen passiert - bestes Beispiel: Der Kommunismus. Letztlich gerinnt er - egal wo auf der Welt - zu einem restriktiven totalitären System, das keine andere Meinung mehr zulassen kann. Anderes Beispiel: Religion. Auch hier - siehe Taliban u.a. - wird die Idee zum Absoluten, die selbsterklärten Wächter zu Quälern und Bevormundern.
Dem Kapitalismus ergeht es kaum anders: Die Wirtschaftseliten sammeln die ganze Macht, poltische Systeme degenerieren zu vorgeschobenem Kasperletheater für die Konsumverpflichteten - eine Scheinfreiheit.
Der Mensch scheint unfähig, ein nachhaltig pluralisitsches, tolerantes System dauerhaft aufrecht erhalten zu können. Zum Glück ist er auch ebenso unwillig, die brutale Unterdrückung durch einzelne Ideen dauerhaft hinzunehmen.
Es wird sich zeigen, ob sich die Kurve zwischen den Extremen welthistorisch betrachtet irgendwann abflacht. Bis dahin ist unsere Geschichte ein heilloses Auf und Ab zwischen Extremen: Frieden oder Krieg, Wohlstand oder Armut, Toleranz oder Sittenwacht, Vielfalt oder Uniformität, Gehorsam oder Individualismus.
Da Erfahrung, Weisheit und Gewissen nicht direkt übertragbar sind, müssen die positiven Einsichten und Rechte in jeder Genration neu umworben und erkämpft werden. Was wir zur Zeit erleben, ist das Ergebnis der diesbezüglichen Versäumnisse jener Generation, die die Funktionsweise und Breitenwirkung des Internets aufgrund mangelnden Verständnisses und Wissens immens unterschätzt hat.
Viel zu wenig wurde da investiert, um richtig zu stellen, Gegendarstellungen zu verbreiten, Fakes und Geschichtsfälschungen aufzuklären - kurzum, im humanistischen Sinne zu bilden und moralisch zu bestärken.
Zugleich verbat sich das Gutmenschentum übersteigerten Toleranzglaubens die effektive Bekämpfung zerstörerischer, demokratiefeindlicher Tendenzen und Ideen, oder kehrte sie als irrelevant unter den Teppich der immer bröckelnderen Wohlstandsfassade.
Angst sucht Feinde. Feinde machen Verbündete gegen sie. Verbündete machen fanatisch. Fanatismus tötet Toleranz und die Wertschätzung von Leben.
Fazit: ja, die Hürden sind zu hoch für jegliche potentiell positive Nutzung von Fanatismus. Aber der Gedanke, die "Bösen" endlich alle wirkmächtig zu beseitigen, schenkt Trost. Leider ist für jeden etwas anderes "das Böse" ...
LG, eKy