Hallo Hans,
wir reden an einander vorbei, meinst du?
Ich würde es so sagen: Wir nähern uns einander an, ausgehend vom jeweiligen Standpunkt. Das ist eigentlich ganz normal, würde ich sagen. Auch, dass Sichtweisen differieren ist schon fast logisch: Ich bin nicht du und du bist nicht ich!
Was wir hier tun, ist ein Gespräch zu führen über ein brandheißes Thema - vielleicht sogar ein brandgefährliches!
Aber nicht nur, weil wir gesundheitlichen Schaden nehmen könnten oder schon genommen haben, sondern weil Corona auch psychologisch UND gesellschaftlich etwas mit uns gemacht hat.
Trotz längst vorhandener Warnungen mancher Wissenschaftler hat uns Corona ALLE getroffen - und zunächst einmal erschreckt und ratlos gemacht.
Nun sind wir Krisenherde und Krisenmomente ja schon gewöhnt - aber dass plötzlich ausnahmslos ALLE, und zwar weltweit, darin stecken, das war uns neu.
Süffisanterweise stand am Abend der Verkündung des ersten Lockdowns der Blockbuster "Virus" mit Dustin Hofmann bei uns im Hauptabendprogramm.
Der wurde dann aber rausgenommen...
Wir konnten uns den Horror immer schon vorstellen - und waren überrascht , als er wirklich passierte.
Der erste Lockdown war eine Notbremsung, aus Angst und Ratlosigkeit. Witzig, was so gehamstert wurde in der Verzweiflung: Klopapier, Rotwein, Kondome....
Sage mir, was du hamsterst - und ich sage dir, wer du bist!
Angst macht dumm, Angst essen Seele auf, Angst verleiht Flügel.
Corona hat wie unter einem Mikroskop gezeigt, wer wir sind, persönlich und auch als Gesellschaft: unsere Stärken, unsere Schwächen. Wohin wir schauen - und was wir übersehen. Wohin die Politik sieht - und was die Politik übersieht. Oder den Punkt, wo auch die Mächtigen machtlos sind!
Ich kann mir noch so kluge Strategien überlegen, wenn das Volk nicht mitzieht, ist Ende Gelände! Ich muss aber auch weise führen, damit das Gewollte und Gesollte verstanden wird.
Kurzfristig schien das ja auch so. Aber dann stellte sich heraus: Uns geht die Luft aus!
Und nicht nur wegen Corona.
Der Kulturbereich wurde lange Zeit übersehen, da blieben die Hilfen zu lange aus. Besonders für die kleinen Kulturschaffenden. Mittlerweile, bei Welle 4, dürfte man etwas klüger geworden sein. In Österreich denkt man das jetzt mal mit, hab ich gehört.
Fragt sich nur, wie lange es dauert, bis der bürokratische Apparat sich bewegt und die Hilfen auch ankommen. Für Pflegende wird es angeblich im Dezember(!) einen Zuschuss geben. Nach Monaten, in denen man darüber geredet hat.
Lernen dauert. Besonders das soziale Lernen.
Als ehemalige Lehrerin bin ich da ziemlich illusionslos geworden. Wäre zwar schön, wenns anders wäre - aber so sind wir nicht.
Hochbegabte haben den Bogen zwar schneller raus. Aber nur ca. 2% von allen sind wirklich "Blitzgneißer" - der Rest: entsprechend langsamer.
Und manche lernens auch nie (weil sie nicht wollen oder weil sie nicht können) - hier auf Eigenständigkeit und Einsicht zu warten ist Illusion.
Das große Problem, das der Pflegebereich hat, ähnelt dem, das ich aus dem Bildungsbereich kenne: Die Qualität der Betreuung hängt am Personalschlüssel, wobei betreuungsintensive Fälle noch zusätzliches Personal brauchen.
Nun war die Lage in beiden Systemen aber schon vor Corona angespannt. Personal kostet Geld. Sowohl Schule als auch der Gesundheitsbereich sind Non-Profit- Unternehmen, sie erwirtschaften kein Geld, sie kosten welches.
Personal muss auch ausgebildet werden, und es müssen die Arbeitsbedingungen passen, damit es bleibt. Überlastet man die Arbeitenden auf Dauer, dann erfolgt Abwanderung desselben, durch Kündigung, Krankheit oder Burnout, und der Arbeitsdruck auf die Verbliebenen steigt weiter!
Noch dazu hat sich in den letzten Jahren ein gewisser Dokumentierwahnsinn breitgemacht, da wie dort, sodass Lehrer wie Pfleger schon fast mehr Bürokraft sein mussten als Pädagoge und Heiler....
In den Schulen und Krankenhäusern machte und macht auch die stark angewachsene Zahl der Schüler/Personen mit Verständigungsschwierigkeiten Probleme, sowie vermehrt "verhaltensoriginelle" Menschen und Menschleins....
Unser Umgang mit Autoritäten hat sich drastisch geändert. Da gibts schon Viele, die sich nichts mehr sagen lassen wollen - um Disziplin muss mitunter hart gekämpft werden.
Diese Entwicklungen alleine hätten schon vermehrte Aufmerksamkeit der Entscheidungsträger gebraucht - aber leider, leider, war/ist die Politik sehr oft mit sich selbst und ihrer eigenen Gruppendynamik beschäftigt: Wie Eltern, die sich streiten und dabei nicht auf ihre Kinder achten. Und die "Zwerge" machen dann irgendwas - und das ist nicht immer klug.
Allerdings gibt es auch immer wieder "Zwerge" , die klüger sind als ihre "Eltern", doch , wie bereits gesagt: Hochbegabung ist rar gesät!
Ich bezweifle daher zutiefst, dass das, was sich derzeit auf den Straßen zusammenrottet, um gegen Coronamaßnahmen zu demonstrieren, schon die Hochbegabung der Menschheit wäre. Der eine oder andere mag schon darunter sein - allerdings, ohne zu bemerken, dass ihn die notorischen Tiefstapler dabei gekonnt vor ihre eigene Karre spannen....
Womit wir wieder beim von dir eingangs zitierten Schiflieger wären.
Vom Schifliegen zum Schiefliegen sind es also auch nur ein paar Schritte.....
Es bleibt abzuwarten, wie sich das entwickelt.
Gut sieht es aber nicht aus.
Und ja, es stimmt : Ich sehe "die Ungeimpften" nicht als die Schuldigen der Pandemie an. Sie helfen aber auch nicht besonders weiter, das muss man auch mal klar sagen.
Ich persönlich kenne mehrere Personen , die aus den unterschiedlichsten Gründen sich nicht impfen lassen wollten/wollen.
Manchmal ist es nur Unsicherheit, Angst.
Manchmal sind es berechtigte medizinische Bedenken.
Manchmal aber ist es einfach nur Blödheit, Sturheit , ein spätpubertäres sich Auflehnen- Wollen gegen "Papa Staat". Besonders letzere Gruppe erzeugt Ärger im Lager der Geimpften.
Und dann lassen sich halt immer wieder welche hinreissen in das Spielchen " Kampf dem bösen Feind". Auf beiden Seiten ist das so, leider.
Populistische Politiker a la Kickl heizen diese Stimmung noch an.
Der Mensch ist ein aggressives Vieh.
Wenn wir nicht verdammt aufpassen, werden wir wieder über uns selber stolpern.
So weit, so schlecht.
Wer klug sein will, muss seine Emotionen runterfahren.
Gemäß dem Satz von Virginia Satir : "Hart in der Sache - aber weich zu den beteiligten Personen."
Meine "bessere Hälfte" wird gut bekocht, sei unbesorgt! Seit ich dienstfrei bin hab ich genug Zeit und Muße, meine Kreativität auch übern Kochlöffel auszuleben.
"Du lass dich nicht verhärten, in dieser harten Zeit...."
War das Wolf Biermann, der das sagte?
Egal - der Mann hat Recht .
Schönen Sonntag!
Lg, larin
Hier gibts auch was nachzulesen:
Impfpflicht: Warum der Staat eingreift
https://orf.at.stories/3237122/