Autor Thema: Halber Bruder  (Gelesen 1110 mal)

Erich Kykal

Halber Bruder
« am: Juli 21, 2021, 12:48:55 »
Mit meinem Bruder ist es nie gewesen,
wie unter Brüdern allgemein gedacht.
Er hasste mich und meines Vaters Wesen,
das ihn so hart, und mich so weich gemacht.

Dass ich, von einem andern Manne stammend,
der hart und streng ihn ungeliebt erzog,
der Mutter Schoß entweihte, ihn verdammend,
wo ich um ihre Liebe ihn betrog,

verzieh er nie dem Kinde, dessen Vater
es mild verwöhnte, stolz und liebeswund.
Da er nur Schlechtes sah in mir, entbat er
mir nie ein liebes Wort aus diesem Grund.

So sah als Bub ich diesen Fremden kommen,
der halb sich Bruder nannte ohne Fühl,
und fühlte unter Blicken mich beklommen,
die wortlos ab mich wiesen, hart und kühl.

Da war er selbst schon Vater zweier Kinder,
und ich begriff nicht, wie ich anders sei,
erfühlte nur, dass seinem Herz zu minder
ich war, und dass es immer blieb dabei.

Der Lauf der Jahre seither sah Geschehen,
das weiter uns entfernte, ungewillt
uns beide machte, jemals mehr zu sehen
als das in Ungemach geformte Bild.

Ein halber Bruder wäre er gewesen,
doch nicht mal dieser konnte er mir sein.
Er wollte nie in meinem Herzen lesen,
und darum schloss ich nie ihn darin ein.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Rocco

Re: Halber Bruder
« Antwort #1 am: Juli 21, 2021, 14:38:45 »
Hallo Erich,

mir gefällt es. Du redest konkret, die Reaktionen des lyr. Ich's machen den Ablauf nachvollziehbar. Das meinte ich mit Show, don't tell.

Zur Sprache sage ich nichts, da sie fließt, auch wenn sie manchmal künstlich wirkt. (ohne Fehl.)

Einen schönen Tag

Rocco
"Erst in Rage werde ich grob -
aber gelte als der Hitzkopf?!"

Yusuf Ben Goldstein, aus Rocco Mondrians Komödie: Yusuf Ben Goldstein, ein aufrechter Deutscher

Erich Kykal

Re: Halber Bruder
« Antwort #2 am: Juli 21, 2021, 17:29:33 »
Hi Rocco!

Bei mir steht übrigens "Fühl" als Kurzform von "Gefühl", und nicht "Fehl". Aber so oder so:

Das "Gekünstelte" liegt im Auge des Betrachters. "Ein Ritter ohne Fehl und Tadel" war zu "meiner Zeit" eine durchaus geläufige Phrase, und ich verwende ja oft und gern sog. "alte und verstaubte" Begriffe oder Floskeln, die längst aus dem modernen Sprachgebrauch verschwunden sind, die ich aber zum Aussterben zu schade finde.
Meist sind sie meinem Empfinden nach auch lyrisch wertvoller, sprachedler und melodischer als die gängigen modernen Pendants.

Ist dir nicht auch schon aufgefallen, dass unsere Sprache im Laufe des letzten Jahrhunderts immer ärmer geworden ist, grammatikalisch ungenau, unblumig, ernüchtert und allenthalben kurzatmig? Eine "neue Sachlichkeit", eine kalte Wissenschaftlichkeit, und zuletzt eine Dekonstruktion durch Daddelsteno oder modische Slangs.
Ich kenne mittlerweile ein halbes Dutzend Werbespots mit eindeutigen Dativfehlern, die nicht mal bemerkt wurden, oder deren Korrektur jemandem zu teuer war. Sprecher von Dokus machen haarsträubende Fallfehler, weder bei der Aufnahme bemerkt noch später behoben - und diese werden dann auch noch dutzendfach so in den Programmen der  Sender wiederholt! Ätzend!

Unsere Sprache "versumpft" regelrecht ...  ::) >:(

LG, eKy

« Letzte Änderung: Juli 21, 2021, 17:31:58 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Rocco

Re: Halber Bruder
« Antwort #3 am: Juli 22, 2021, 12:37:49 »
Hallo Erich,

ich glaube, dass unsere deutsche Sprache nie bunter geblüht hat, als im Barock. Da hatten die Leser noch Zeit. Und heute? Verkümmert Sprache, weil Leser und Autoren die Grammatik vernachlässigen und ihre Sprachkenntnisse verkümmern, bzw. nie richtig entwickelt waren?

Mir ist das zu einfach. Wer hindert einen an Selbstbildung? Heute, im Zeitalter des Internets, waren die Voraussetzungen, zur Bildung, nie besser. Hinz und Kunz können sich über Musik, Kunst, Geschichte, Physik usw. informieren und lernen, was es da zu lernen gibt. Goethe und Schiller konnten das nicht. Was haben sie getan? Ihren Hintern bewegt!

Wenn man immer nur wartet (auf den Staat), wartet man lange.

Neue Sachlichkeit? Soweit ich weiß, kam die alte Sachlichkeit nach dem ersten Weltkrieg auf. Die soziale Welt und die Gesellschaftsordnung hatten sich verändert und das musste erst einmal erfasst und verstanden werden. Vielleicht ist das heute auch so? Unsere Umwelt verändert sich: Internet, Klima, soziale Ordnungen usw. das muss auch erst einer verstehen.

Ich hatte übrigens Fühl geschrieben, mein Rechtschreibprogramm hat andere Ansichten.

Einen schönen Tag

Rocco
« Letzte Änderung: Juli 22, 2021, 12:40:06 von Rocco »
"Erst in Rage werde ich grob -
aber gelte als der Hitzkopf?!"

Yusuf Ben Goldstein, aus Rocco Mondrians Komödie: Yusuf Ben Goldstein, ein aufrechter Deutscher

Erich Kykal

Re: Halber Bruder
« Antwort #4 am: Juli 22, 2021, 13:41:42 »
Hi Rocco!

Was nutzen die Bildungsmöglichkeiten, wenn die meisten heute den WERT der Bildung gar nicht mehr zu schätzen wissen? Früher war ein höherer Bildungsgrad der Kinder der Garant für den sozialen Aufstieg einer Familie. Heutzutage kaum noch, da zählt NUR noch der mögliche Mehrverdienst, und dank finanzieller staatlicher Absicherung seit Generationen fühlen sich viele gar nicht mehr bemüßigt, diese zeitintensiven, teuren und mühseligen Leitern zu erklimmen - weder die des Mehrverdienstes noch jene der Bildung.

Das TV- Programm ist ein Gradmesser der intellektuellen Qualität seines zeitnahen Publikums. Hatte es bis in die 70er noch einen gewissen Niveau- und Bildungsanspruch, verfielen diese mit Aufkommen der rein finanziell gestützten SAT-Programme, und die Formate sanken seither kontinuierlich in Anspruch und geistigem Niveau.
Und heute? Containerserien (Schlüsselloch-TV), Skandalbashing, billige Sensatoinseffekte, nackte Idioten in der Wildnis, Hillbilly-Grusel-Gucken in Nordkanada, naturverwüstende Glücksritter aus dem untersten Sektor ihrer Kultur, im Meer, in Alska, im brasilianischen Dschungel oder im australischen Outback. Wir schauen benimmtechnisch minderbemittelten Betreibern von Motorrad- oder Autowerkstätten beim Streiten zu, oder beim ridikulen Bedienen ihrer Macho-Attitüden!
Der neueste Tiefpunkt: "Amore unter Palmen" - Proletenhafte, versoffene, abgehalfterte, teils altersdebile Sextouristen in Südostasien oder Afrika lassen sich mit der Kamera begleiten - je verrückter, untergriffiger, schmieriger, hässlicher oder bildungsferner, desto besser - zum Fremdschämen mit garantiertem Ekeleffekt!  ::)

Ja, geht's noch? DAS ist das Niveau, das sich der Durchschnittsbürger heutzutage aussucht - oder zumindest gefallen lassen muss! Wozu Bildung, Benimm und Stil, wenn Geilheit, Fake Facts und peinliche Sensationen viel interessanter sind? Hauptsache, sie können noch auf jemanden herabsehen, der NOCH beschränkter erscheint als sie!

Sag, was du willst, aber ich habe längst aufgehört, mehr von der Menschheit als Gesamtpaket zu erwarten.

LG, eKy
« Letzte Änderung: November 01, 2023, 07:42:23 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Halber Bruder
« Antwort #5 am: Juli 23, 2021, 14:35:27 »
Hi eKy! (Hi Rocco! :) )

Roccos Hinweis auf den schönen Sprachflow kann ich nur unterstreichen und im Gegensatz zu ihm will mir die "Schreibe" auch keineswegs als künstlich erscheinen, viel eher als künstlerisch und dabei durch Prägnanz, Durchsichtigkeit und kluge Ökonomie des Ausdrucks ausgezeichnet. :)

Vom Inhaltlichen ist es für mich, der ich eine solche Konstellation weder selbst erlebt habe, noch bei anderen studieren konnte, nicht ganz so griffig. Es ist eben in einer sehr distinkten Weise dem Leben abgelauscht und richtet sich daher letztlich auf der inhaltlichen Seite nicht an einen allzu großen Kreis von Lesern. (Natürlich mag ein Rezipient, der sich durch familiäre Störgrößen von seinem, sagen wir mal, Neffen entfremdet hat, ebenfalls etwas für sich herauslesen - aber es bleibt schon so, dass der Erzählrahmen hier ziemlich eng gebaut wurde).

Und was die nachgeschaltete Diskussion zur Sprachverarmung angeht, so möchte ich bei Roccos Stichwort "Barock" doch etwas differenzierend einhaken: Tatsächlich war die deutsche Barocksprache (abseits lokaler Dialekte) durch einen überaus kunstvollen Satzbau gekennzeichnet (was nicht verwundert, waren doch die damaligen sprachlichen "Influencer" allesamt, als gute Humanisten, an den vertrackten Satzkapriolen des nachklassischen Latein geschult).

Ganz im Gegensatz zu dieser schönen Kunst, filigrane Schachtelsätze zu formen, war der Wortschatz im barocken Standarddeutsch aber eher ärmlich (ich betone nochmals: Ich spreche dabei nicht von den überaus reichen Dialekten).

Diese Wort-Armut des barocken Standart-Deutschen ist seiner Herkunft geschuldet: Nach dem Untergang der (nur sehr bedingt "einheitlichen") höfischen deutschen Kunstsprache im Spätmittelalter, erwuchs eine neue deutsche Koinè (allgemeine Kunst- und Verkehrssprache) aus dem sächsischen Kanzleideutsch, also einer für die Abfassung amtlicher Schreiben entwickelten Standardsprache) - das Stanardhochdeutsch des Barock litt nun noch sehr unter seine Abstammung aus einer Behördensprache. Bekanntlich sind Behörden zwar durchaus Sprachschöpferisch tätig, aber es kommt dabei doch selten etwas Schönes und Anschauliches heraus.

Es waren dann Poeten, Verleger und Sprachwissenschaftler, die bis in den Beginn des 19. Jh. hinein emsig an der Erfindung neuer Wörter arbeiteten, um so aus dem vergleichsweise ärmlichen Deutsch eine hinreichend wortreiche Sprache zu machen. :)

LG!
S.
« Letzte Änderung: Juli 23, 2021, 17:37:59 von Sufnus »

Erich Kykal

Re: Halber Bruder
« Antwort #6 am: Juli 23, 2021, 18:52:22 »
Hi Suf!

Erst mal herzlichen Dank für die Einsichten zur Entstehung dessen, was wir, die Lyriker, heute so innig schätzen: Der deutschen Sprache!

Zum obigen Werk: Es ist - natürlich ersichtlich - autobiografisch und erklärt sich selbst. Interessanterweise hatte ich auch eine Halbschwester väterlicherseits, die ebenfall mit uns zerstritten war, weil sie meine Mutter hasste - ich sah sie nur ein einziges Mal persönlich bei der Testamentsverlesung nach meines Vaters Tod, und auch dort sprach sie kein einziges Wort mit mir. War mir aber egal, denn sie hatte in meiner Kindheit nie eine Rolle gespielt.

Mein Halbbruder mütterlicherseits und dessen Familie allerdings schon. Er fühlte sich erst von meinem Vater ungerecht streng erzogen und von der Mutter zu wenig davor in Schutz genommen, danach ungerecht mir gegenüber zurückgestellt, da mich mein Vater - im krassen Gegensatz zu ihm, dem Stiefkind - abgöttisch liebte und verwöhnte. Er nahm es meiner Mutter nach Vaters Tod übel, das er kein Geld bekam (obwohl es keine direkte Verwandtschaft mit ihm gab und sie ihn oft finanziell unterstützt hatten, als er früh eine Familie gründete) und hat sie die letzten Jahre ihres Lebens eiskalt ignoriert, nicht mal zum Geburtstag oder zu Weihnachten angerufen - und sie war zu stolz, um zu betteln.
Wenn sonst vielleicht alles (zB, dass er nach meiner Mutter Tod sofort kam und Geld forderte wie ein Steuereintreiber, sich auf das ach so grimme erlittene Unrecht berufend, das er zu erleiden gahabt hätte - er bekam letztendlich 50.000 Euro von mir, und seitdem habe ich nichts mehr von ihm oder den Seinen gehört - was mir recht war) - aber DAS wollte ich ihm angesichts der vielen miterlebten Tränen, die sie darum weinte, nie vergeben!

Und weiters? Meine Mutter und ihre Schwester ignorierten sich über 20 Jahre lang - ich lernte diese Tante erst als Erwachsener kennen, als sie ihren Streit beilegten. Der Anlass war eine - damals verbotene - Handlung in einem Zweig der Familie, welche die betreffende Frau aber meiner Mutter gegenüber abstritt - eine Lüge. Meine Mutter glaubte dieser Frau aber. Erst nach deren Eingeständnis 20 Jahre später redeten die Schwestern wieder miteinander. Wegen Resentiments aus ihrer Kindheit und Jugend aber wurde es nie "herzlich". Geschwisterhassliebe ...
Die Frau, die gelogen hatte, hatte die völlige Entzweiung der beiden übrigens stillschweigend in Kauf genommen - ein ehrliches Wort zu meiner Mutter hätte gereicht, aber dazu waren wir wohl nie Familie genug. Erst als die Tante sie diese 20 Jahre später vor meine Mutter schleppte und insistierte, brach sie ihr feiges Schweigen und gab zu, dass die Tante die Wahrheit gesagt hatte. Und wer ist diese Person wohl? Die Frau meines halben Buders ...

Kurz - eine komplett zerworfene, zerstrittene Familie. Hirnlos stolze Dickschädel, schwarzweiß denkende Sturköpfe, beleidigte Leberwürste mit Elefantengedächtnis ... - Dysfunktional nennt man das wohl ...

LG, eKy
« Letzte Änderung: Juli 23, 2021, 19:13:51 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Halber Bruder
« Antwort #7 am: Juli 28, 2021, 18:47:40 »
schwierig, solche Familie. Aber es gibt viele Dinge, vor allem Eifersucht und Missgunst, die Familien an den Abgrund treiben. Ich ziehe aus diesem beindruckenden Gedicht wieder mal den Schluß, dass es nicht sooo schlecht ist, Einzelkimd gewesen zu sein... :)LG von Agneta

Erich Kykal

Re: Halber Bruder
« Antwort #8 am: Juli 30, 2021, 12:33:09 »
Hi Agneta!

Oh, Einzelkind war ich ja auch - als ich kam, war mein Unbruder schon erwachsen und aus dem Haus. Er kam nur ab und zu zu Besuch mit seiner Familie, und ich spielte im Vorschulalter dann eine Weile mit seinen Kindern, ein und zwei Jahre jünger als ich, und ich doch deren Onkel: Der Junge zu "brav" (wegen jeder Kleinigkeit: "Da muss ich erst meinen Papa fragen!" oder "Wenn du das machst, sag ich es meinem Papa!"), das Mädchen eine manipulative Heulsuse ("Lasst mich mitmachen, oder!").

Ab der Schulzeit hörte das auf, vielleicht weil mein offenbar kinderkontrollsüchtiger Unbruder meinte, ich sei zu ungezogen und ein schlechter Einfluss für seine gehorsame Brut.
Ich war eben damals schon ziemlich unabhängig, autoritätsanzweifelnd und hatte meinen eigenen Kopf: "Komm, wir spielen im Wald, bauen ein Rindendorf!" (Ca 30 Meter weiter unter den Bäumen gleich hinter dem Haus) - "Nein, da muss ich erst den Papa fragen, und wenn du ohne mich gehst, gehe ich es sagen!".

Nö, ich konnte als kleiner Junge seine Kinder nicht sonderlich leiden ... - oder vielleicht war ich wirklich zu wenig "brav" ... - nur ein weiterer Punkt, um die erwünschte Ansicht meines Unbruders über mich zu bestätigen. Und ich projizierte seine unbewusst doch irgendwie empfundene Ablehnung dann auf seine Kinder: Dominoeffekt. Er als Erwachsener war ja damals für mich universumweit entfernt ...

Später, als ich selbst erwachsen war, habe ich jahrelang um seine Anerkennung gekämpft - chancenlos. Für ihn blieb ich der verwöhnte Bengel, den er in mir sehen wollte. Besuchte ich ihn mit dem eigenen Motorrad (verdient mit Nachhilfestunden, ohne jede finanzielle Beteiligung meiner Eltern), unterstellte er mir, ich wolle mit meinem Wohlstand prahlen und ihn so demütigen, und ich käme ohnehin nur, um mich bei ihm auf seine Kosten vollzufressen, usw ...

Irgendwann habe ich es aufgegeben, mich ihm beweisen zu wollen, und als er unserer Mutter ihre letzten Jahre versäuerte, bloß weil er glaubte, finanziell zu kurz gekommen zu sein bei der Erbschaft meines Vaters (seines Stiefvaters von anno Tobak), habe ich endgültig einen Schlussstrich gezogen.
Nach Mutters Tod versuchte ich es ein allerletztes Mal, ihm unsere Vergangenheit aus meiner Sicht zu erklären, ihm zu zeigen, dass ich mehr war als das kleine verzogene Monster mit Silberlöffel im Arsch, das er einzig in mir sah und sehen wollte. Ich tat es - zugegeben - auch, weil ich dank Hausrenovierung einen finanziellen Engpass hatte und ihn bitten wollte, sein Erbe erst später einzufordern. Er wollte das Geld sofort.
Dummerweise hatte meine Mutter versucht, ihn per Testament komplett auszusperren (wovon ich nichts gewusst hatte und auch erst bei der Testamentsverlesung erfuhr) - was natürlich nicht funktionieren konnte, da er als ihr Sohn zumindest Anrecht auf den Pflichtteil hatte. Natürlich nahm er es MIR übel, so als sei ich der Urheber des Versuchs gewesen, und er drohte mit Klage und jahrelangen Prozessen. Er bekam sein Geld - und suchte gleich vor der Tür des Notariats kommentarlos das Weite, ohne mich noch einmal anzusprechen. Das war das letzte, was ich von ihm sah oder hörte.

Heute, fast 20 Jahre später, habe ich keine Ahnung, ob er noch lebt, oder was seine Kinder oder deren Kinder so tun, wie sie heißen, wie viele es sein mögen usw. - keiner hat je versucht, mich zu kontaktieren. Wundert mich nicht - unser Verhältnis war ohnehin nie herzlich, von Beginn an vergiftet durch meines Unbruders Ablehnung meines Vaters und meiner Person als dessen Nachkomme.

Und meine sozialen Defizite als Grenzasperger haben auch nicht gerade geholfen ... - bloß davon hatte zu meiner Kindheit noch keiner eine Ahnung.

LG, eKy
« Letzte Änderung: August 08, 2021, 09:43:09 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.