Autor Thema: Neulich in Schüttelbach  (Gelesen 1228 mal)

Sufnus

Neulich in Schüttelbach
« am: Juli 13, 2021, 11:13:44 »
Von Friedhelm angeregt, auch mal ein scheuer Versuch im Quadrupelschütteln...
Erratum: Ist gar kein Quadrupelschütteln - nur banales Binnenschütteln... gibt noch viel zu lernen... ;)


Neulich in Schüttelbach

Ein Lauschgarant mit Ritterklang
fiel rauschgalant vom Glitterrang:
Er schlemmte quer zur Katzentosung,
dann klemmte schwer die Tatzenkosung
samt Zitterbug aus Schüttelbach
dank Bitterzug beim Büttelschach,
denn stündlich grunzbetroffen sinkt,
wer gründlich strunzbesoffen trinkt.

« Letzte Änderung: Juli 13, 2021, 16:51:19 von Sufnus »

Erich Kykal

Re: Neulich in Schüttelbach
« Antwort #1 am: Juli 13, 2021, 11:39:58 »
Hi Suf!

Eh ich, der ich am Seile hing,
geboren neu vom Heile sing,
bleib lieber ich zuhaus im Grabe,
wo meinen eignen Graus ich habe.

Hätt eine Zeile Sinn getroffen,
ich hätt am Seile Gin gesoffen,
und dabei noch viel mehr gelacht
und untenrum mich leer gemacht.


Hier kommt zum Tragen, was ich eben an Friedhelms neuen Vierzeiler schrieb: Wenn man aus der Abstrusität unlogischer und eigentlich zusammenhangloser Schüttelbilder eine Tugend macht, entsteht ein wertiges Nonsensgedicht mit surrealen Zügen - so als wäre die Absurdität des Textes quasi selbst das bestimmende lyrische Element.

Ein geschickter Schachzug, den ich schon bei Friedhelm gebührend bewundert habe. So kann man die oft mangelnde Stringenz oder Sinnhaftigkeit sowie die zuweilen unumgängliche sprachliche Bemühtheit bei Schüttelgedichten geschickt für seine Zwecke nutzen. Auch hier: Chapeau!  ;D


LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Neulich in Schüttelbach
« Antwort #2 am: Juli 13, 2021, 14:31:43 »
Hi eKy! :)

Lieben Dank für das Schüttellob! :) Durch den Einbau von jeweils zwei Schüttlern in jede Zeile werden die sprachlichen Gestaltungsmöglichkeiten schon extrem gefordert, mein Versuch, hier wenigstens grammatisch einigermaßen korrekte Sätze zu bilden (unter Inkaufnahme ziemlich vieler Neologismen) hat mir nochmal gezeigt, wie sauschwer, das Schütteln im Allgemeinen und das Quadrupelschütteln im besonderen ist.*) :)
Dein herrliches Antwortgedicht, lieber eKy, widerlegt ganz nebenbei meine kürzlich geäußerte Neckerei, Du seiest womöglich nicht mit einem Schüttelhändchen gesegnet, auf das Glänzendste - da bleibt dem Sufnösen nur der schwer gerupfte Rückzug von dieser übersteilen These!  :D
Interessanterweise hast Du in Deinen Schüttel-Zeilen die innere Logik und die inhaltliche Transparenz an erste Stelle gesetzt, so dass Dein Gedicht viel mehr "Sinn ergibt" als der Dotterotter von Friedhelm oder mein hiesiger Versuch im Quadrupelquatsch (den ich nur aufgrund der zeitlichen Nähe mit Friedhelms Werk in einem Atemzug nenne). :) Dabei hast Du, lieber eKy, bei Deinem Werk (bewusst nehme ich mal an) kleinere Abweichungen von der Schüttelregel zugunsten der Sinnhaftigkeit in Kauf genommen. Während Du also bei Metrum und Reim ein klarer Verfechter der Regel-Adhärenz bist, zeigst Du Dich im Schüttelfeld als junger Wilder! :)
Die Schüttel-Einlagen machen mir gerade richtig Spaß! :) Und ich finde, Dein Beispiel, eKy, könnte auch ruhig für sich hier stehen! :)
LG!
S.
*)Dank Friedhelms freundlichem Hinweis in seinem (D)Otter-Schüttler bin ich jetzt nochmal neu aufgeklärt: Es sind hier bei mir also mitnichten Quadrupelschüttler, weil sich da auch der Vokal einmal mitschütteln müsste, sondern nur banale Binnenschüttelreime. Ein Quadrupelschüttler ist noch einmal eine Kategorie schwieriger... oh je.... :)
« Letzte Änderung: Juli 13, 2021, 16:50:22 von Sufnus »

Erich Kykal

Re: Neulich in Schüttelbach
« Antwort #3 am: Juli 13, 2021, 17:48:39 »
Hi Suf!

Du hast gut aufgepasst! Ja, eigentlich sollte ich am Seile Zinn saufen, aber das erschien mir, wiewohl schütteltechnisch korrekt, inhaltlich einfach zu weit hergeholt, um noch sinnvoll zu sein. Und ja - Sinn ist mir wichtig, abgesehen vom eindeutigen Nonsensgedicht oder anderen surrealistischen Spielereien, derer ich mich allerdings kaum je befleißige.
Im Sonett klappt das prima, da lässt der Rahmen genug Raum zum Transport eindeutiger, stringenter Geschichten und Aussagen in sprachlich wohlgestalter, ungebogener Weise. Beim Schütteln hingegen gelingt vielleicht ab und zu ein in sich kohärenter sinnvoller Vierzeiler oder gar mal ein ganzes mehrstrophiges Gedicht - aber es ist die rühmliche Ausnahme.
Das dritte für mich interessante Feld bezüglich vorgegebenem Rahmen ist das Akrostichon. Auch da ist es nicht leicht, sprachlich wie inhaltlich derart passende Zeilen zu finden, dass eine verquere Formulierkunst nicht irgendwo den Versuch verrät, einem Raster vorgegebener Zeilenanfangsbuchstaben folgen zu wollen. Auch dies eine Kunst - aber noch machbarer als das Schütteln. Da ist es wirklich extrem komplex, Schüttelrahmen, Schüttelworte/-reime, Inhalt, Grammatik, Syntax und natürlich klingende lyrische Sprachhabung so unter einen Hut zu kriegen, dass das Ergebenis wirklich alle Präliminarien optimal bedient!  ::)

Umso schöner und wertiger, wenn es gelingt!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Friedhelm

Re: Neulich in Schüttelbach
« Antwort #4 am: Juli 16, 2021, 08:03:24 »
Hi!
Sufnus, gelungene Doppelschüttelreime (DSR), chapeau!

Ein Beispiel für Quadrupelschüttelreime:

Im Garten blüht bald Flieder weiß,
und da befällt mich wieder Fleiß.
Ich sitz im Traum am Fly*, der wies

mich an, dicht immer weiter, fließ
im Strom der Jamben-Lieder weiter,
es sei der Lenz dir wieder Leiter.
Und welkt der Flieder leider wieder,
dann träller einfach weiter Lieder.

* Fluss in Neu-Guinea

Dass auch der Erich auf Schüttelpfaden wandelt, hätte ich nicht gedacht. Seiner - wie schon oft - geäußerten Behauptung, man könne nur in Ausnahmefällen keine längeren Schüttelgedichte verfassen, möchte ich entschieden widersprechen, was ich mit zahlreichen Beispielen von mir und anderen belegen könnte. Ein Beispiel aus meiner Jugendzeit über meinen Schüttellehrer. Nach dem Krieg anno 45 aus dem Schuldienst entlassen, müsste er eine Zeitlang als Büttel im Dorf fungieren.

Der Büttel - eine Schüttelgeschichte aus meiner Jugendzeit

Ich hört' als Kind den Büttel schellen,
und Hunde zum Geschüttel bellen.
Die Neuigkeiten zu vermelden,
in unserm Dörflein bei Mörfelden,

das konnte er so lustig machen,
wenn ich ihn hörte, musst ich lachen.
Als er sich an uns Kinder wandte,
die er vom letzten Winter kannte:

»Ihr Kinder, sucht mit Opa Reisig,
bald wird's in ganz Europa eisig.
Da friert sogar im Watzelturm
der alte Drache Tatzelwurm,«

da wollt ich auch so lustig dichten,
doch konnte kaum den Dust ich lichten,
der sich auf mich beim Reimen legte,
und Frust in mir beim Leimen regte.

Dann riet er: »Lerne Reime kennen,
die wie von selbst zum Keime rennen
und frei von Krampf und Klitterzwängen
sich fügen zu den Zwitterklängen.«

Er lud mich ein zum Lurche fangen,
ließ mich in jede Furche langen,
im Keller beim Gerüttel schäumen –
so lernte ich das Schüttelreimen.

Doch führte meine Grillenstimme
bei ihm zu einem stillen Grimme.
Er hat mich dann mit Bach*) geschunden,
und schließlich noch an Schach gebunden,

sich reimend an mir satt gemetzt.
Doch dann hab ich ihn matt gesetzt!

*)gemeint ist Johann Sebastian Bach



Agneta

  • Gast
Re: Neulich in Schüttelbach
« Antwort #5 am: Oktober 11, 2021, 19:12:31 »
 ;D ja, so mancher fiel rauschgalant... nicht nur im Suff. Toll doppelt geschüttelt und dadurch sprachlich echt witzig, lieber Sufnus.
LG von Agneta

gummibaum

Re: Neulich in Schüttelbach
« Antwort #6 am: Oktober 13, 2021, 11:55:39 »
Welch ein vergnüglicher Faden! Das hat mich heute gründlich aufgeheitert.

Der DSR ist dir gut gelungen, lieber Sufnus.

Erichs Versuch ist auch nicht schlecht und Friedhelm ist einfach Spitze.

Habt Dank!

Gruß gummibaum

a.c.larin

Re: Neulich in Schüttelbach
« Antwort #7 am: Oktober 13, 2021, 16:50:38 »
Vielleicht mal was Märchenhaftes?

Neulich bei "Dornröschen"

Zerreiß dir nicht die Hosen, Recke,
an dieser blöden Rosenhecke!
Bevor du auf dem Rasen hockst
und deinen süßen Hasen rockst,
könnts sein, dass durch die Hodenrisse
es erstmal "Rosen roden" hieße!
Nix bliebe von der Heldenmär -
es gäbe nix zu melden her....
« Letzte Änderung: Oktober 13, 2021, 17:00:44 von a.c.larin »