Hallo Erich,
keine Sorge, auf der Lyrikwiese geht es mir gut!
Vielen Dank für die Arbeit an meinem Gedicht. Deine Fassung gefällt mir sehr gut. Mag sein, ich werde sie übernehmen. Zuvor möchte ich noch etwas grübeln und die Textentstehung noch etwas mit Euch diskutieren. Denn es gibt eine erste Fassung, die ich spontan - weiß auch nicht so genau, warum - dann verändert habe:
Blick zurück - ohne Zorn.
Ich fühlte mich bei euch weit mehr gefesselt als geborgen,
und mancher fahle Morgen weckte nur die Angst von Gestern.
Meiner Wehmut wuchsen Schwestern namens Argwohn und Verdacht,
klagten dann in mancher Nacht, "verdorben bist du und verkehrt".
Jeder Tag hat schnell verzehrt, meine Kunst zu inszenieren,
dass ich kostbar sei.
Durch die Form - es gibt keine Reime am Ende der Zeilen - wollte ich die Traumatisierung des lyrischen Ich beschreiben, dass ohne Nestwärme und Geborgenheit auswächst, und daraus den Schluss zieht, es müsse etwas schrecklich verkehrt an ihm sein. Die Reime sind in die Versmitte gelegt, und in der letzten Zeile wird der Reim ganz verweigert.
Lieber Sufnus,
auch Dir herzlichen Dank für die Anregungen. Du vermisst den Mut "konventionelle Sprachpfade" zu verlassen. Es kommt darauf an, womit man die Sprache vergleicht. Ich sehe meine Versuche zu schreiben als Gegenkonzept zur Alltagssprache unserer Zeit, die immer mehr verarmt und die marktschreierische bzw. sensationsgierige Formulierungen aufweist, die aus Marketing und Journaille in unsere Sprache eindringen.
Außerdem habe ich, ohne anderes dadurch abwerten zu wollen, in meiner Lyrik eher den Wunsch die Schönheit schlichter Rede, sozusagen die Haltung des sprachlichen Understatements, zur Geltung kommen zu lassen. Allzu elaboriert möchte ich gar nicht daherkommen. Schon allein die Tatsache, dass LyrI in den Zeilen eine Haltung der Rückbesinnung, der Reflexion einzunehmen versucht ohne Hass und ohne Verurteilung der Eltern, ist ja in unserer Gesellschaft - in den sozialen Netzwerken - nicht gerade an der Tagesordnung. Vielleicht kannst Du nachvollziehen, was ich meine, wenn ich es auch nicht so gekonnt formuliert habe.
Herzliche Grüße, Euch beiden, AlteLyrikerin.