Autor Thema: Das Wäldchen  (Gelesen 1269 mal)

Erich Kykal

Das Wäldchen
« am: Mai 19, 2021, 10:57:59 »
Ich weiß ein Wäldchen hinter meinem Garten,
da spielte ich als kleiner Knabe gerne
und träumte mich dabei in manche Ferne
und baute Rindenhäuser und Geschichten.
Der Schatten jener Bäume barg den zarten,
entrückten Geist, dass er sein Leben lerne,
es einzufangen und es aufzurichten.

Das kleine Wäldchen gibt es noch, es wartet
auf jenen still, der nach zu vielen Jahren,
verschlissen von Verlusten und Gefahren,
an seinem Rain sich lächelnd wiederfindet.
Sein müder Geist, im Licht der Zeit entartet,
verletzt in Kämpfen, die nicht seine waren,
verheilt im Bild, das sein Erinnern bindet.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Das Wäldchen
« Antwort #1 am: Mai 19, 2021, 12:20:34 »
solche Orte tun gut, lieber Erich. Es sind die stillen Orte des Anfangs, als alles noch leicht schien. Ich kenne so ein Wäldchen auch. Es lag hingter dem Hof meiner Oma. Wir nannten es "in den Eichen". Ob es das heute noch gibt, weiß ich nicht, aber dein schönes Gedicht bfchte mir die Bilder zurück, Danke dafür und lG von Monika

Erich Kykal

Re: Das Wäldchen
« Antwort #2 am: Mai 19, 2021, 16:19:10 »
Hi Agneta!

Danke für den Dank!  :) Und herzlich gern geschehen!

Mein Wäldchen liegt gleich hinter meinem Haus - der Spielplatz meiner Volksschuljahre, allein und mit Freunden, die ich damals hatte. Wir bauten ganze Dörfer aus Zweigen und Rinde, afrikanische Krale, europäische Hütten und indianische Tipis.
Wir bildeten Banden und fochten heiße "Zapfenschlachten" aus. So genannt, weil nur die letztjährigen, getrockneten und lang aufgegangenen Fichtenzapfen als Munition erlaubt waren: Zu leicht, um ernstlich zu verletzen, und zu groß, um ins Auge zu gehen.
Wir schnitzten uns Degen aus Haselnussruten, eine Pappscheibe diente als Parierstange, und wir waren die Musketiere gegen die Wachen des Kardinals! Wir schnitzten uns Speere und Tomahawks und waren Indianer auf dem Kriegspfad, die Cowboys schossen mit Spielzeugrevolvern.

Wir erforschten jeden Baum, jede Senke, jeden Granitfelsen, die Heidelbeerfelder, das Unterholz, bauten ein Baumhaus aus alten Brettern ...
Es war nur ein Wäldchen, aber die ganze Welt gehörte uns!

Danach begann meine Zeit auf dem Gymnasium. Die alten Freunde schwanden mit den Jahren und unseren sich wandelnden Lebensumständen, und meine Zeit als isoliertes Mobbingopfer begann ...

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Das Wäldchen
« Antwort #3 am: Mai 19, 2021, 18:25:29 »
Lieber Erich,

solche natürlichen Räume sind das Allerbeste für die Entwicklung der Kinder und die Heilung der geschädigten Seele der Erwachsenen.

Sehr schön geschrieben und mit Freude gelesen.

Gruß von gummibaum


Erich Kykal

Re: Das Wäldchen
« Antwort #4 am: Mai 19, 2021, 22:52:50 »
Hi Gum!

Ja, ich hatte das Glück, zumindest teilweise auf dem Land aufwachsen zu dürfen, sodass ich mich in der Natur nie als Fremdkörper wahrnahm. Wälder waren meine liebsten Spielplätze!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Das Wäldchen
« Antwort #5 am: Mai 20, 2021, 18:54:51 »
danke, dass du mir mit diesen feinen Zeilen , den Ort "in den Eichen" in Erinnerung gerufen hast, Erich. ;D Ich habe heute ein Gedicht dazu geschrieben. Ich stell es morgen ein. LG von Agnete

Erich Kykal

Re: Das Wäldchen
« Antwort #6 am: Mai 20, 2021, 19:53:37 »
Hi Agneta!

Da freue ich mich schon drauf!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
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Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

wolfmozart

Re: Das Wäldchen
« Antwort #7 am: Mai 23, 2021, 16:12:24 »
Ausgezeichnete Poesie, Erich!

Auch ich hab ein kleines Wäldchen wo ich glückliche Kindheitsztage verbrachte.
Aber man sehnt sich wohl mehr nach der Zeit zurück als nach dem Orte (was schon Schopenhauer sagte).

Grüße wolfmozart

AlteLyrikerin

Re: Das Wäldchen
« Antwort #8 am: Mai 23, 2021, 16:59:29 »
Hi Erich,

auch mir gefällt die Beschreibung dieses besonderen Ortes, in dem Natur kein biologisches Lexikon ist sondern verzauberte und verzaubernde Wirklichkeit. Ein Refugium, ein Sehnsuchtsort, den selbst der Erwachsene gern aufsucht, wenn ihn auch kein Zauber mehr so leicht umfangen und inspirieren kann.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.

Erich Kykal

Re: Das Wäldchen
« Antwort #9 am: Mai 23, 2021, 18:03:06 »
Hi AL!

Vielen Dank für die beipflichtenden Worte und das fr4eundloiche Lob!  :)

Die Magie der Kindheit entsteht immer erst in der Rückschau derer, die sich erinnern.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.