Autor Thema: Tandaradei  (Gelesen 866 mal)

Sufnus

Tandaradei
« am: April 25, 2021, 00:40:43 »
Tandaradei

Herz in Hosen,
Mut mit Flügeln,
vor dem Kosen:
Geist entriegeln.

Endorphinchen
startklar kriegen,
alle Bienchen
wollen fliegen.

Sich nicht sichern,
neu erfinden,
Liebeskichern,
Booster zünden!

Sonnensegeln
durch die Sinne,
bisschen flegeln,
so geht Minne.




Erich Kykal

Re: Tandaradei
« Antwort #1 am: April 25, 2021, 09:52:12 »
Hi Suf!

Köstlich!  ;D

Allerdings hat, soweit ich weiß, "Minne" nichts mit Sex zu tun. Es bezeichnet das mittelalterliche, ritterlich reine, durch Poesie und Galanterie ausgedrückte Begehren für eine adelige Frau (heute würde man sagen: Anschmachten). Diese durfte durchaus verheiratet sein, es ging um stilisiertes Buhlen und Werben um ein Ideal der Weiblichkeit, vor allem aber um das Zurschaustellen ritterlicher Werte.
Es scheint mir hier also der falsche Ausdruck zu sein für das darüber Beschriebene. Auch wenn manche Minnesänger - vor allem gegen Ende des Mittelalters - schon relativ derb und lüstern an die Sache herangingen, bleibt der Begriff an sich bedeutungsklar.

Das aber nur am Rande - jeder Leser weiß, wie das Wort hier gemeint ist, und das passt somit auch. Ich wollte als pingeliger Besserwisser nur zwanghaft die dieser Verwedung inhärente Bedeutungsverschiebung klarstellen.  ::)

In diesem Sinne: Tandaradeierkraul!  >:D

Gern gelesen!  :)

LG, eKy


Am Rande empfohlen: http://www.dielyrik-wiese.de/lyrik-wiese/index.php?topic=8618.0
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Tandaradei
« Antwort #2 am: April 26, 2021, 20:20:39 »
Hi eKy!

Ganz lieben Dank für das "köstlich" - freut mich, wenn es gemundet hat! :)

Was die "Minne" angeht, so entspricht das von Dir sehr genau Beschriebene der sogenannten "Hohen Minne". Im Verlauf der mittelalterlichen Lyrik (auch darauf hast Du hingewiesen) wurden die Minnelieder zunehmend handfester (das Vogelweidegedicht, auf das der Titel anspielt, ist zwar sprachlich recht dezent, doch schildert es eindeutig stattgehabten Sex. Mit dieser Verschiebung der Minnelieder einhergehend wandelte sich auch die Bedeutung des Wörtchens Minne vom ritterlichen Geschmachte zur Bezeichnung für den Beischlaf. :)

LG!

S.

Rocco

Re: Tandaradei
« Antwort #3 am: Juni 11, 2021, 21:45:25 »
Hallo Sufnus,

eine interessante Neuinterpretation. Was hat uns die Minne heute noch zu sagen?

Soweit ich verstanden habe, ging es bei der Minne nicht allein um das Verhältnis der Geschlechter. Themen waren auch: Politik, Ehre, Moral, oder allgemein, was man ein gutes, anständiges Leben nannte. Auch das könnte man neu interpretieren - im Sinne von: So geht Minne.

Kleine Anmerkung: In der ersten Zeile würde ich schreiben: Herz in der Hose oder: Herzen in den Hosen. Sie aber bleibe ich stets hängen.

Einen schönen Abend!

Rocco
"Erst in Rage werde ich grob -
aber gelte als der Hitzkopf?!"

Yusuf Ben Goldstein, aus Rocco Mondrians Komödie: Yusuf Ben Goldstein, ein aufrechter Deutscher

Sufnus

Re: Tandaradei
« Antwort #4 am: Juni 14, 2021, 12:49:10 »
Hallo Rocco! :)
Lieben Dank für Deine Beanmerkung - allerdings muss man meine Zeilen, denke ich, schon gehörig gegen den Strich lesen, wenn man darin etwas anderes finden will als ein Loblied auf fröhlichen Sex. ;) Und was die erste Zeile mit dem Hosen-tragenden Herz angeht, da würden Deine Vorschläge das Metrum ziemlich disruptieren, was man natürlich grundsätzlich als bewusstes Mittel in einem Gedicht einsetzen kann, aber hier will mir persönlich das nicht so recht einleuchten.
LG!
S.