Autor Thema: Berührt  (Gelesen 1494 mal)

Sufnus

Berührt
« am: Dezember 25, 2020, 16:54:07 »
Berührt

Trägst Du unterm Mondverführen,
aller Nächte weit,
mehr als die Berührung spüren
in mein Traumgeleit?

Streich das Haar, das Sehnsuchtswehen,
von der Schulter schwer,
tastend durch das Dunkel sehen.
Sterne, Strand und Meer.

Erich Kykal

Re: Berührt
« Antwort #1 am: Dezember 25, 2020, 17:15:12 »
Hi Suf!

Erneut hochlyrisch und diesmal leichter lesbar. Indes, mir will scheinen, der Satz von S1 ist nicht gänzlich korrekt formuliert - oder entgeht mir da etwas? Die Frage, die sich mir stellt: Nimmt Z4 "in mein Traumgeleit" Bezug auf Z1 oder Z3?

Respektive das "mehr" eingangs von Z3: richtet es sich an den folgenden Satz oder gehört es zum Satz in Z1? Soll das "die Berührung spüren" ein Objekt im vierten Fall sein? Dann sollte es groß geschrieben sein oder in Anführungsstrichen, um zu verdeutlichen, dass es als quasi EIN Begriff zu gelten habe: ""Die-Berührung-Spüren".

Im ersteren Fall stellt sich sodann die Frage, Was in Z1 letztlich getragen wird, und im letzteren Fall wäre Z3 auch unvollständig. Jedenfalls wird mir in deiner Formulierung irgendwie inhaltlich kein klarer Reim draus, und die formale Korrektheit erscheint mir fragwürdig.

Entweder so?:

Trägst Du unterm Mondverführen,
aller Nächte weit,
mehr als was wir um uns spüren
in mein Traumgeleit?

Oder so?:

Trägst Du unterm Mondverführen
meine Nächte weit?
Mehr als "die Berührung spüren"
in mein Traumgeleit?


In S2 würde ich am Ende von Z3 einen Doppelpunkt gesetzt haben, ansonsten dort nichts einzuwenden, nur zu schwelgen.

Sehr gern gelesen!  :)

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Berührt
« Antwort #2 am: Dezember 25, 2020, 20:03:59 »
Hi eKy!
ganz lieben Dank für das Lob! :) Die S1 soll syntaktisch durchaus ein bisschen in Grenzbereiche gehen; Z4 soll im Bezug zwischen Z1 und Z3 changieren und Z3 ist fast wie ein lateinischer ACI konstruiert, was eigentlich im Deutschen in einem von "tragen" abhängigen Satz nicht vorgesehen ist. Vielleicht entschärfe ich aber nochmal ein bisschen, ich wollt erstmal die grenzlastige Version hier einstellen und dann weitersehen... :)
LG!
S.

Rocco

Re: Berührt
« Antwort #3 am: Dezember 30, 2020, 23:02:54 »
Hallo Sufnus,

ein verdichteten Text, der Kopfkino auslöst.

Ich denke an ein Liebespaar, das sich in romantischer Kulisse trifft.

Zwar spricht das Gedicht von Mondverführen, was man als Ausdruck von Erotik verstehen kann, gemeint ist aber wohl eher mehr als das. Der Mond, in der Romantik, steht auch für Sehnsucht. Mehr als die Berührung spüren, heißt auch, verstanden verden. So verstehe ich die Berührung des Titels. Einerseits: Nähe (körperlich) und andererseits: seelisch. Das Lyrik. Ich will erfasst werden, es will geliebt und verstanden werden.

Schöne Verse, im wahrsten Sinn des Wortes.

Auch dir, lieber Sufnus, einen guten Rutsch!

Rocco
"Erst in Rage werde ich grob -
aber gelte als der Hitzkopf?!"

Yusuf Ben Goldstein, aus Rocco Mondrians Komödie: Yusuf Ben Goldstein, ein aufrechter Deutscher

Agneta

  • Gast
Re: Berührt
« Antwort #4 am: Dezember 31, 2020, 18:22:50 »
oh Sufnus, das ist sehr schön, schwer, tief... phonetisch gut gemacht und auch sonst. LG von Agneta

Sufnus

Re: Berührt
« Antwort #5 am: Januar 03, 2021, 21:28:44 »
Lieber Rocco, liebe Agneta!
Ich hoffe, Ihr zwei seit auch gut im Neuen Jahr angekommen! :)
Ganz lieben Dank für Euer schönes Lob! :)
LG!
S.

Ylva

Re: Berührt
« Antwort #6 am: Januar 12, 2021, 19:29:19 »
Lieber Sufnus,

das sind wunderschöne Zeilen...sie lesen sich so leicht....obwohl sie so voller Sehnsucht sind...aber vielleicht grade deshalb...

LG
Ylva

Sufnus

Re: Berührt
« Antwort #7 am: Januar 13, 2021, 10:06:21 »
Vielen lieben Dank für die Begeisterung, liebe Ylva! :)
Bei einem meiner letzten Kommentare zu einem der schönen Schneeflockengedichte (ich weiß jetzt nicht, ob es eines von AL oder eines von gum war) hatte ich geschrieben, dass das Thema "Schnee" häufig mit sehr guten lyrischen Beiträgen einhergeht - hingegen einige andere lyrische "Dauerbrenner" häugig zu etwas wackligen Lyrizismen zu verführen geneigt sind. Und hier habe ich den "Mond" aufgeführt, der zwar - von den eingschlägigen Zeilen eines Mathias Claudius bis zu Dagmara Kraus (nur mut, mond => Lyriklilne) - schon zu wunderbaren Gedichten geführt hat, aber auch für manchen poetischen Schiffbruch verantwortlich ist. Insofern habe ich mich, mit dem "Mondverführen" hier schon auf dünnes Eis begeben... aber was will man machen - der Mond scheint nicht nur auf die Ozeane sondern auch auf Gedichteschreiber eine beachtliche Anziehungskraft auszuüben. :) Durs Grünbein hat einen ganzen Gedichteband nur mit Mondgedichten gefüllt (allerdings nach meiner Meinung nicht sein stärkster Band).
Noch "schlimmer" ist es ja mit DEM Gedichte-Thema Nr. 1: Der Liebe. Unter der Liebes-Kategorie finden wir quer durch alle Kulturen und Zeiten die schönsten und die misslungensten Gedichte versammelt. Also insofern beim Thema Liebe auch noch den Mond mit einzubauen, war schon ein etwas chuzpöses Unterfangen. Kann man sicher mal ausnahmsweise machen... aber nicht zu viel davon... ;) :)
LG!
S.
« Letzte Änderung: Januar 13, 2021, 10:17:00 von Sufnus »

Ylva

Re: Berührt
« Antwort #8 am: Februar 13, 2021, 16:30:17 »
Vielen lieben Dank für die Begeisterung, liebe Ylva! :)
Bei einem meiner letzten Kommentare zu einem der schönen Schneeflockengedichte (ich weiß jetzt nicht, ob es eines von AL oder eines von gum war) hatte ich geschrieben, dass das Thema "Schnee" häufig mit sehr guten lyrischen Beiträgen einhergeht - hingegen einige andere lyrische "Dauerbrenner" häugig zu etwas wackligen Lyrizismen zu verführen geneigt sind. Und hier habe ich den "Mond" aufgeführt, der zwar - von den eingschlägigen Zeilen eines Mathias Claudius bis zu Dagmara Kraus (nur mut, mond => Lyriklilne) - schon zu wunderbaren Gedichten geführt hat, aber auch für manchen poetischen Schiffbruch verantwortlich ist. Insofern habe ich mich, mit dem "Mondverführen" hier schon auf dünnes Eis begeben... aber was will man machen - der Mond scheint nicht nur auf die Ozeane sondern auch auf Gedichteschreiber eine beachtliche Anziehungskraft auszuüben. :) Durs Grünbein hat einen ganzen Gedichteband nur mit Mondgedichten gefüllt (allerdings nach meiner Meinung nicht sein stärkster Band).
Noch "schlimmer" ist es ja mit DEM Gedichte-Thema Nr. 1: Der Liebe. Unter der Liebes-Kategorie finden wir quer durch alle Kulturen und Zeiten die schönsten und die misslungensten Gedichte versammelt. Also insofern beim Thema Liebe auch noch den Mond mit einzubauen, war schon ein etwas chuzpöses Unterfangen. Kann man sicher mal ausnahmsweise machen... aber nicht zu viel davon... ;) :)
LG!
S.


Lieber Sufnus,

ich liebe den Mond und habe ihn auch in vielen meiner Texte...in vielen meiner älteren Texten (nein, ich werde davon hier keines einstellen.. ;D)
Der Mond und die Nacht sind eh eines meiner Lieblingsthemen.

LG
Ylva