Autor Thema: Erinnerung  (Gelesen 856 mal)

Sufnus

Erinnerung
« am: Oktober 12, 2020, 12:53:50 »
Erinnerung

Morgen wird es besser werden.
Morgen ist ein neuer Tag,
und die seelischen Beschwerden
lindern sich auf einen Schlag.

Morgen wird die Sonne lachen.
Morgen ist ein neuer Tag.
Herz, was machst Du nur für Sachen?
Morgen ist ein neuer Tag.

Morgen ist ein neuer Tag,
tröstet die Erinnerung.
Morgen ist ein neuer Tag.
Morgen ist ein neuer Tag.




AlteLyrikerin

Re: Erinnerung
« Antwort #1 am: Oktober 12, 2020, 15:15:10 »
Lieber Sufnus,


den tröstlichen Blick auf den neuen Tag, auf den vermag kaum jemand zu verzichten, weil wir es einfach nicht schaffen im Augenblick zu leben.
Das hast Du in schmunzelnde Verse gebracht.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.

Erich Kykal

Re: Erinnerung
« Antwort #2 am: Oktober 12, 2020, 18:36:03 »
Hi Suf!

Meine Interpretation:

Interessantes Experiment, die zunehmende Verkrampftheit und Verzweiflung des zwangslächelnden LyrIch durch mit jeder Strophe öfteres Wiederholen des "Mantras" vom "Neuen Tag" darzustellen. Die Beschwörung wird immer unkreativer, robotischer, hilfloser. Herbeireden und Selbsthypnose funktionieren eben nicht ...

Gern gelesen!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Erinnerung
« Antwort #3 am: Oktober 13, 2020, 12:06:07 »
Ganz lieben Dank, AL und eKy, für Eure freundlichen Kommentare!
eKy hat auf das äußerliche "Programm" des Gedichts verwiesen: Mit jeder Strophe kommt eine Wiederholung des immer gleichen Satzes (Du sprichst ganz treffend von "Mantra") hinzu. Konsequenterweise müsste es also eine vierte Strophe geben, die nur aus diesem Satz besteht. Darauf habe ich aber bewusst verzichtet, weil die Zeilen dadurch formal zu sehr "abgeschlossen" würden.
Gefreut hat mich, dass Ihr das Gedicht etwas unterschiedlich aufgefasst habt. AL, Du liest eine deutlich positivere Haltung, gar ein "Schmunzeln der Verse" heraus, während Du, eKy, "Verkrampftheit", "Verzweiflung" und ein Zwangslächeln wahrnimmst. Das Lächeln lest Ihr also beide mit, aber in dem, was hinter dem Lächeln steckt, darin unterscheiden sich Eure Lesarten.
Natürlich ist keine von beiden Interpretation "richtiger" und die Offenheit des Zugangs liegt u.a. auch darin begründet, dass dieses Gedicht hier nur in aufgeschriebener Form dasteht. Bei einem Vortrag kann natürlich der Interpret (im Wortsinne!) herausarbeiten, welche Sichtweise er diesem Gedicht aufstempeln möchte.
Die fehlende Festlegung eines nur schriftlichen Textes halte ich aber gerade für ein wichtiges Element. Natürlich kann man sagen, wenn der Autor so uneindeutig bleibt, ist das wohl ein zwielichtiger Geselle, der letztlich nur sein Fähnchen nach dem Wind drehen möchte... "Eure Rede aber sei: Ja! Ja! Nein! Nein! Was darüber ist, das ist vom Übel." Nun... ich halte diese Bibelstelle für eine der dümmsten in dem ganzen Werk, das doch so überreich an klugen und wunderbaren Sentenzen ist. Man kommt doch der Erkenntnis nicht mit holzschnittartigem Ja-Nein-Denken bei... :)
Die Welt ist die Summe ihrer Paradoxien (es könnte aber auch genau andersrum sein).
LG!
S.

Agneta

  • Gast
Re: Erinnerung
« Antwort #4 am: Oktober 13, 2020, 18:56:43 »
 deine Verse haben etwas Beschwörendes, lieber Sufnus. Die Erfahrung lehrt es, und dennoch macht das die jeweilige Situation, für die, die Verse gedacht sind, nicht besser. LG von Agneta

Sufnus

Re: Erinnerung
« Antwort #5 am: Oktober 16, 2020, 11:24:05 »
Hi Agneta! :)
Du bringst es auf den Punkt - hier findet eine Beschwörung statt. Ob das LI damit wohl Erfolg hat? Der Autor zuckt mit den Achseln und weist sich als ahnungslos aus...
LG!
S.