Hi ihr!
Als alter Biker muss ich dazu auch mal was ablassen. In den letzten Jahren hat meine Begeisterung zwar nachgelassen, vielleicht hab ich das irgendwie durch, aber ich erinnere mich!
Allerdings widerspreche ich Hans in einem Punkt: Es lässt sich durchaus auch wissenschaftlich erklären, warum der Mensch das Risiko, den Nervenkitzel sucht. Heute haben Kino, Sportevents und Jahrmarktsfahrgeschäfte diesen Bedarf übernommen. Auch gewisse sog. "Risiko"-Sportarten befriedigen das, was man den klassischen Adrenalin-Junky nennt. Bloß ist das eben auch nicht das "Echte" - darum gehen viele Jungmannen freiwillig für den Dschihad kämpfen, teilweise darum gibt es überhaupt Krieg, oder Gladiatorentum für die Zuschauer: Wenn der ultimative Preis das Leben selbst ist, nur dann fühlen manche, ob Publikum oder Teilnehmende, sich erst selbst so recht lebendig. Das dem Riskierenden bewusste Risiko macht das Leben intensiver erlebt, wahrgenommen. Und das kann süchtig machen.
Hans hat Recht, wenn er sagt, dass der Mensch nicht für Wohlstand und Sicherheit gemacht ist. Heutzutage fehlt die Mammutjagd, oder die ewige Fehde mit dem Nachbarsstamm ...
Der Mensch wurde und hat sich selbst jahrzehntausendelang auf Herausforderung durch Jagd und Kampf gezüchtet. Nur die Sieger, die Krieger, die willigen Streiter und erfolgreichen Versorger pflanzten sich mehrheitlich fort. Nischen gab es für die anderen bloß als Arbeitsdrohnen, Sklaven, Priester, Medizinmänner oder Geisterfrauen ... - und die meisten von denen durften nie ...
Wen wundert's, dass vielen die heutige Rundumsicherheit irgendwie zu wenig erscheint, um sich wirklich befriedigt zu fühlen. Sie brauchen ein Ventil, einen Katalysator für das Erlebnis der Todesgefahr, das die Sinne intensiviert, den Geist fokussiert und die Reserven mobilisiert, sozusagen das System durchputzt und die Kanäle reinigt!
Und manche steigen dann eben auf's Motorrad, wohl eingedenk der potentiellen Gefahr - aber eben auch gerade deshalb.
Das wundervolle Gefühl des Halb-Fliegens, Halb-Schwebens dabei, wenn man sich von einer Kurve in die andere legt, tut ein Übriges dazu ...
Man spürt den Wind, die Wärme der Sonne, riecht die Düfte am Wegesrand, da selbst den Regen fühlt man direkt auf der Haut - alles erscheint intensiver, tiefer, reicher, bleibt länger in Erinnerung als Momente von Magie und Schönheit. eine Art von Trance, von Selbsthypnose - wenn man ganz im "Drive" ist, im Gleiten, im Rhythmus der Landschaft ... eins mit dem Herzschlag von Natur und Erde ... losgelöst vom Menschseinmüssen, Reisen, ohne sich kaum selbst bewegen zu müssen, und doch ganz aufgegangen in der Bewegung an sich ... empfangen vom Erleben und das Erlebnis empfangend ...
Hier eins meiner älteren Sonette, das in diesem Geist verfasst wurde:
In Sonnenglut, gewahr der großen Stunden,
wenn sich das Land dem Schauenden verspricht
wie eine Schönheit, die ins wahre Licht
geblinzelt hat und dann zu sich gefunden,
entbietest du, dem Ewigen verbunden
für ein paar Augenblicke von Gewicht,
dem Erdenkreise deinen Gruß, und nicht
Bewältigtem erahnst du dich entwunden.
Sind dies die Kostbarkeiten eines Lebens,
da sich die Wunder alle neu erklären
für die Momente, die das Staunen währt?
Aus solchen Gnadenbildern des Enthebens
gerinnt Erinnerung, denn sie gewähren
uns einzig diese, selig und verklärt.
Es ist zwar von der Motivation her leicht, aber als die Sinne und den Wesenskern entflammendes Gesamtpaket schwer zu erklären. Ich hoffe, es ist mir annähernd gelungen.
LG, eKy