Autor Thema: Cancel Culture  (Gelesen 711 mal)

hans beislschmidt

Cancel Culture
« am: September 14, 2020, 11:32:23 »
Erichs Version

Musik verhallt vor gähnend leeren Rängen,
auch im Konzertsaal zwingt uns der Verzicht,
befolgt man alle Regeln, die beengen -
doch seltsam nur: im Flugzeug gilt das nicht.

Wer heute anders denkt, fällt von der Leiter.
Verkümmert ganz im Kahlschlag der Kultur.
Des Künstlers Mahnen hilft partout nicht weiter,
man sieht es auch am Beispiel Dieter Nuhr.

Die Maulaufreißer werden bald geköpft,
das Urteil fällt die bodenlose Presse.
Von Richtern bis aufs letzte Hemd geschröpft,
hält jeder Mahner irgendwann die Fresse.



Alte Version

Musik verhallt vor leeren Rängen,
auch im Konzertsaal zwingt uns der Verzicht.
Wir befolgen alle Regeln, die beengen -
doch seltsam - im Flugzeug gilt das nicht.

Wer heute anders denkt, fällt von der Leiter.
Verkümmert ganz im Kahlschlag der Kultur.
Des Künstlers Mahnen hilft nicht weiter,
man sieht's am Beispiel Dieter Nuhr.

Die Maulaufreißer werden bald geköpft,
das Urteil fällt die linke Presse.
Von Richtern bis aufs Hemd geschröpft,
hält jeder irgendwann die Fresse.

« Letzte Änderung: September 15, 2020, 13:27:40 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Erich Kykal

Re: Cancel Culture
« Antwort #1 am: September 14, 2020, 17:11:07 »

Musik verhallt vor leeren Rängen,
auch im Konzertsaal zwingt uns der Verzicht.
Wir befolgen alle Regeln, die beengen -
doch seltsam - im Flugzeug gilt das nicht.

Wer heute anders denkt, fällt von der Leiter.
Verkümmert ganz im Kahlschlag der Kultur.
Des Künstlers Mahnen hilft nicht weiter,
man sieht's am Beispiel Dieter Nuhr.

Die Maulaufreißer werden bald geköpft,
das Urteil fällt die linke Presse.
Von Richtern bis aufs Hemd geschröpft,
hält jeder irgendwann die Fresse.


Hi Hans!

Gefällt mir - gut geschrieben, mit Furor, aber ohne ausfallend zu werden (oder halt zu sehr ...  ;)). Allerdings krankt dieser ansonsten gute Text am altbekannten Metrikleiden:

Hebungsschema:

4
5
6(mit betontem Auftakt!)
4(mit Senkungsprall auf "...sam im")

5
5
4
4

5
4
4
4

Seufz! Nicht EINE Strophe mit klarem Takt, oder eine, die zumindest so wirkt, als wäre die Änderung des Schemas gewollt ...  - Gerade hier in diesem Fall echt schade um das ansonsten so gelungene Werk!  :(


Ein Versuch mit durchgängig 5hebigem Schema:

Musik verhallt vor gähnend leeren Rängen,
auch im Konzertsaal zwingt uns der Verzicht,
befolgt man alle Regeln, die beengen -
doch seltsam nur: im Flugzeug gilt das nicht.

Wer heute anders denkt, fällt von der Leiter.
Verkümmert ganz im Kahlschlag der Kultur.
Des Künstlers Mahnen hilft partout nicht weiter,
man sieht es auch am Beispiel Dieter Nuhr.

Die Maulaufreißer werden bald geköpft,
das Urteil fällt die bodenlose Presse.
Von Richtern bis aufs letzte Hemd geschröpft,
hält jeder Mahner irgendwann die Fresse.


"Künstlerische Freiheit" oder "eigener Stil" hin oder her - ein gutes Gedicht wird erst durch saubere Metrik, durch klaren, stolperfreien Takt zu einem ausgezeichneten. Du kannst es ja dann lesen, wie du willst, aber das Grundgerüst ist korrekt und solide. Warum kann ich dich nicht dazu bekehren, dem mehr Beachtung zu schenken? Es würde dich als fachlich ernstzunehmenden Poeten durchaus aufwerten.

Sehr gern gelesen!  :) (Was Sprache und Inhalt betrifft. Die Form ... du weißt ja ...  ::))

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

hans beislschmidt

Re: Cancel Culture
« Antwort #2 am: September 15, 2020, 13:24:58 »
Hi Erich,
das Gedicht ist umgangssprachlich gehalten, mit gutem Grund, ist es doch für Künstlerkollegen geschrieben worden, als Songvorlage  und da wirkt zu viel an Lyrik realitätsfremd.
ABER du hast natürlich Recht mit deiner Kritik, schließlich bist du the Master of the Metrum und gerne werde ich deinen Vorschlag übernehmen.
Danke, Gruß vom Hans 
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)