Autor Thema: Herbststimmung  (Gelesen 1164 mal)

Graf Hansula

Herbststimmung
« am: September 07, 2020, 16:27:35 »
Herbststimmung



Das Laub fällt und tanzt auf den Boden
Es riecht nach verregnetem Holz, dem maroden
Es pfeift der wehende Wind in meinen Ohren
Gedankenverloren zieh ich mir meinen Mantel tief ins Gesicht
Kastanien fallen, raschelnde Schritte widerhallen
Trüb verfangener Nebelschleier, ganz dicht

Zu Hause angekommen beobachte ich durch das Fenster die Straße
Regen prasselt gegen die Scheiben, Gedanken treiben ziellos umher
Der Asphalt spiegelt sich in engster Gasse
Ich zieh mich vom Fenster zurück, ich bin einsam und zwar sehr
Ich wärme meine Hände am Kamin, ich bin -
Alleine, jeden Tag stirbt ein Teil von mir, ein Stück

Trübe Gassen, menschenverlassen
Und das Grau in Grau lässt jede Tageszeit gleich trist erscheinen
Herbst, hinfort, ich will nicht mehr wegen dir weinen
Deine nasse Kälte nicht mehr spüren
Nicht mehr antriebslos in der Nebelsuppe rühren
Mögen mich deine Farben noch so verführen

Herbst, tristes Übergangsgesicht, im Winter ist es wenigstens eiskalt
Schnee liegt auf dem Asphalt und im Sommer ist es heiß
Im Frühling blüht alles auf, wie ein jeder genießt und weiß
Doch du, Herbst, stehst für Verfall, also verfall´ ich der Melancholie
Dein Gewicht lastet gar schwer auf meinem Gemüt
Also gehe ich hinaus, ziehe meinen Mantel tiefer ins Gesicht
Umgeben von fallenden Laubblättern, schau ich wie die letzte Blume verblüht
Herbst, dich zu überstehen, braucht viel Poesie


© Hansography, 22.08.2020
based on my idea 26.09.19


inspired by Rothenburg ob der Tauber
« Letzte Änderung: September 08, 2020, 14:09:32 von Graf Hansula »

Graf Hansula

Re: Herbststimmung
« Antwort #1 am: September 07, 2020, 21:07:48 »
freue mich über konstruktive Kritik und/ oder ein Feedback von euch  :)

Erich Kykal

Re: Herbststimmung
« Antwort #2 am: September 08, 2020, 02:11:36 »
Hi, Graf!

Drei Anmerkungen:

1) Du schreibst in einem fast "freien" Stil, den ich gern "atavistische Lyrik" nenne - keinen lyrischen Regeln unterworfen, nur einer harmonischen Sprachmelodie folgend (meistens), die Reime eher nach Gusto verteilend denn nach exaktem Schema. Wären diese Reime nicht, man könnte diese "Verse" auch für Prosa halten, nur eben angeordnet wie ein Gedicht.
Böse Zungen behaupten, dieser ungebundene Stil erfreue sich größter Beliebtheit bei jenen, die es (noch) nicht besser können oder wissen - aber natürlich hat er durchaus seine Berechtigung im Kreis anzuerkennender lyrischer Spielarten.

2) Mit korrekter Interpunktion hast du scheinbar Probleme. Ich sage dies als Fakt, nicht als Vorwurf zum Zweck der Herabwürdigung. Daran solltest du arbeiten.

3) Zwei Korrekturen:

S1Z1 - Es muss heißen: "Das Laub fällt und tanzt auf dem Boden". Hier gilt das zuletzt geschriebene Verb als Bezugswort, also nicht "fällt", sondern "tanzt". Bei Platztausch der Verben wäre dein Satz korrekt: "Das Laub tanzt und fällt auf den Boden". (Obwohl hier "fällt zu Boden" natürlich die sprachlich gediegenere Version wäre!)

S4Z7 - "Laubblätter" ist ein "doppelt gemoppelter" Ausdruck, denn Blätter SIND Laub. Wirkt ähnlich seltsam wie "Nassregen", "Bodenerde" oder "Flammenfeuer" ... - Ich würde mich auf die "Blätter" beschränken.


Ich weiß nicht, wie alt du bist oder wieviel Lebenserfahrung du bereits gesammelt hast, oder wie lange du schon dichtest, oder wieviel Bedeutung für dein Selbstwertgefühl du deinen Werken beimisst, von daher ist ehrliche Kritik immer schwierig, vor allem beim ersten Mal. Ich hoffe, du kannst etwas mit meinen Anmerkungen anfangen.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Herbststimmung
« Antwort #3 am: September 08, 2020, 13:18:38 »
mit "tanzt auf den Boden" könnte die Dreh- oder Schaukelbewegung im Fall gemeint sein.


« Letzte Änderung: September 08, 2020, 14:11:24 von gummibaum »

Graf Hansula

Re: Herbststimmung
« Antwort #4 am: September 08, 2020, 14:07:35 »
Hallo Erich Kykal,

zunächst einmal recht herzlichen Dank für Ihr umfassendes Feedback. Ich bin 36, schreibe seit meinem 9. Lebensjahr Gedichte, dies intensiv seit 2003.
Zu Ihrer ersten und zweiten Anmerkung möchte ich mich zunächst einmal für das Einordnen bedanken, vergewissere Ihnen jedoch, dass mich der Trend herzlich wenig interessiert und dies nun einmal meine Sprachmelodie ist und ich mich nicht auf a b b a Reime um der Formwillen versteife ;-) Bald dürfen Sie in den Genuss mehrerer Gedichte kommen, an denen ich arbeite und welche, auch wenn die Interpunktion nicht immer gelungen ist, bitte sagen Sie mir an welchen Stellen, ich festhalten werde.

Zu 3) Laub werde ich so übernehmen. Werter User Gummibaum, es freut mich, dass Sie meine Absicht erkannt haben, hier "auf den Boden" zu benutzen.

Vielen Dank Ihnen/Euch beiden. Ich freue mich auch weiterhin auf inhaltliche Anmerkungen, was hat gefallen, was nicht...
« Letzte Änderung: September 08, 2020, 14:22:35 von Graf Hansula »

Grüngold

Re: Herbststimmung
« Antwort #5 am: Dezember 28, 2020, 23:01:09 »
Alles, was mit Herbst-Stimmungen zu tun hat, gefällt mir!  :)
Ceterum censeo linguam Latinam non esse delendam.