Hi Gum!
Sehr gut! Das Kind selbst spricht überehrgeizige Eltern an, die ihr Kind zu jenen Höchstleistungen anstacheln wollen, die sie selbst gern als Kinder erbracht hätten! Der Vater spielte nie Bundesliga? Na, der Sohn muss unbedingt hinein! Oder er wollte ein Tischtennischampion werden? Sein Nachkomme wird es auf jeden Fall, und wenn er noch so quengelt und heult!
Oder die Tochter soll jene Karriere machen, die ihre Mutter sich nie erfüllen konnte, weil sie zu früh mit ihr schwanger wurde ...
Die meisten Eltern wollen, dass ihre Kinder glücklich sind - und zumindest nicht weniger in der Welt darstellen als sie selbst. Leider gibt es jene, die immer MEHR für ihre Kinder wollen als sie selbst waren oder sein konnten, entweder aus eigenem Minderwertigkeitskomplex, oder weil sie ihren Selbstwert über Wohlstand und beruflichen oder sportlichen Erfolg definieren. Am beliebtesten ist der Reichtum: Der Filius muss unbedingt besser verdienen, es "besser haben im Leben".
Spitzenreiter im "Dressieren" ihrer Kinder zu unbedingter Leistung und Arbeitsmoral (mit entsprechender Selbstmordrate unter Kindern) sind die Asiaten, und dort die Japaner und Chinesen. Dort muss neben schulischen Spitzenleistungen und sportlicher Disziplin auch noch mindestens ein klassisches Instrument makellos beherrscht werden, und das am besten schon im Vorschulalter, zusammen mit zumindest einer Fremdsprache!
Was diese - wie sie glauben optimalen und wohlmeinenden - Eltern in ihren Sprösslingen damit anrichten, erkennen sie nicht, oder sie verschließen die Augen davor, weil sie glauben, sie könnten ihren Nachwuchs nur so auf die Herausforderungen moderner Gesellschaften vorbereiten!
Aber letztendlich produzieren sie zerbrochene Seelen oder funktionale Soziopathen.
Wer nie sein und werden darf, was er selber möchte, wer immer nur die Vorstellungen anderer zur eigenen Person leben und verwirklichen muss, kann kein glücklicher Mensch werden. Ich spreche aus Erfahrung: Mein Vater war sehr ehrgeizig, was meine intellektuelle Ausbildung anbelangte, da ich schon früh entsprechend Gaben zeigte. Leider übertrieb er es maßlos mit seinem Steckenpferd, den Fremdsprachen: Wenn andere Kinder draußen im Sonnenschein ihre Ferien genossen, musste ich täglich jeden Vormittag an seinem Tisch verbringen und seine Abreitsblätter für Englisch abarbeiten.
Schulisch hätte ich Spitzenwerte bringen sollen, nichts weniger wurde von einem Professorensohn und zukünftigen Chefchirurgen oder Teilchenphysiker erwartet! Ein Gut = Zweier im Zeugnis war schon in der Volksschule ein Grund, mich vor strengen Mienen daheim rechtfertigen zu müssen!
Als ich in die Pubertät kam, rebellierte ich immer nachhaltiger dagegen und wurde schließlich aus innerem, stillem Protest zum kompletten Leistungsverweigerer. Das Gymnasium schaffte ich nur, weil mein Vater Unsummen in meinen Nachhilfeunterricht für Mathe und Latein investierte (Meine Lieblingshassfächer! Latein deshalb, weil ich nie begriff, wozu man eine tote Sprache lernen sollte, und weil ich einen mir extrem unsympathischen und empathielos strengen Lehrer hatte, der mir Elfjährigem echte Angst machte und jede Freude an diesem Fach gleich zu Beginn zerstörte) - aber ich dankte es ihm nicht. In der Maturaklasse hatte ich im Semesterzeugnis sieben Genügend = 4 (und in Österreich ist Nicht genügend = 5 die schlechteste Note!) und tat nur gerade so viel, um durchzukommen - eher, um meinen Vater zu bestrafen und nicht, weil ich eingesehen hätte, dass ich es brauchte (ich hatte damals dank jahrelangen Mobbings durch Gleichaltrige andere und nahestehendere Sorgen und Nöte als solche um meine Zukunft, die mir in meiner Depression ziemlich egal war), sondern nur, damit man mich endlich in Ruhe ließ (mein Vater wurde fast nie laut oder verlor die Beherrschung, er hat mich nie geschlagen - Mama war diejenige mit dem Teppichklopfer und den "Watschen" - aber er war unglaublich geduldig und zäh und ließ einfach nie locker - er bearbeitete einen einfach so lange, bis man irgendwann aufgab und ihm seinen Willen ließ ...).
All das hinterließ einen bereits in jungen Jahren zynisch verbitterten, zutiefst unsicheren und gebrochenen, aber vor allem völlig antriebslosen Menschen, der sich von seinesgleichen wie von jeglichem Ehrgeiz abwandte. Damals allerdings nicht primär aus philosophischer Einsicht, sondern aufgrund bodenloser Versagensängste, die diese emotional erpresserische Überforderung mir andressiert hatte: Wir haben dich nur lieb, wenn du toll bist und alles vollbringst, was wir uns vorstellen - ansonsten sind wir maßlos enttäuscht von dir und lassen dich das auch spüren ...
Ich war ein verwöhntes Kind und bekam praktisch jedes Spielzeug, das ich mir wünschte und mehr, materiell war ich mehr als abgesichert, gerade weil mein Vater sich kaputtrackerte "für mich und meine Zukunft" - aber ich hätte damals all das gern eingetauscht für den einen Feenwunsch, der aus meinem Vater einen Menschen gemacht hätte, der Nähe zulassen, Verständnis zeigen und mich so hätte akzeptieren können, wie ich war, und mich nicht unbedingt zu dem formen wollte, was er sich von seinem einzigen Filius erträumte.
Dein kurzes, aber intensives Gedicht fügt all das in fast einfache, aber sehr lyrische Worte, die unzweifelhaft jene Faktoren klar machen, die hinter solchen Handlungen stehen, und wozu sie führen.
Sehr gern gelesen und extrem gut nachempfunden!
LG, eKy