Autor Thema: Ich fließe in den Bächen mit dahin  (Gelesen 1814 mal)

Eisenvorhang

  • Gast
Ich fließe in den Bächen mit dahin
« am: April 18, 2020, 23:02:40 »
Version #1

Ich fließe in den Bächen mit dahin,
die nur das Fließen kennen und nicht mich.
Wie könnt ich sie auch rühren, denn ich bin
ein Mensch, gering und sanft gelegentlich.

Es ist ein Sternenspiel der langen Zeiten.
Das Leben kommt und geht fast wie der Schnee ...
Ich kann nichts tun. Im Trugschluss der Gezeiten
bin ich nicht größer als der kleinste Klee.

So steig ich auf, wie jemand, der nur steigt:
Bis alle Sterne sich mir zitternd schenken,
durch Wind und Abend zu mir hingeneigt
erscheint das Mondlicht, um sein Haupt zu senken.

Version #2

Ich fließe in den Bächen mit dahin,
die nur das Fließen kennen und nicht mich.
Wie könnt ich sie auch rühren, denn ich bin
ein Mensch, gering und sanft gelegentlich.

Ein Ufer schwimmt, an dem die Weiden stehn,
an ihren Ästen hängt die Traurigkeit,
ich wag es nicht bis hin zum Stamm zu sehn,
ist es nur Sehnsucht oder Eitelkeit?

Ich bin allein im Trugschluss der Gezeiten.
Ich lege meine Wangen auf das Gras
und meine Hände streicheln sanft die Saiten
der Halme bis zu ihrem Rand aus Glas.

Ich steige auf, wie jemand, der nur steigt:
Von hier aus kann ich alle Lichter lenken,
durch Wind und Abende mir zugeneigt
erscheint das Mondlicht, um sein Haupt zu senken.
« Letzte Änderung: April 22, 2020, 16:51:22 von Eisenvorhang »

Erich Kykal

Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #1 am: April 18, 2020, 23:42:54 »
Hi EV!

Gefällt mir sehr gut!  :)

Ein paar stilistische Anmerkungen/Fragen:

S1Z3/4 - Dieses Satzkonstrukt ist so nicht so recht stimmig. Beim Einstieg "Wie könnt ich sie auch rühren," sollte weitergehen wie etwas so: "bin ich doch  ..", während vor einem Satzteil wie "denn ich bin ein Mensch ..." etwas stehen sollte, das nicht als Frage formuliert ist, also in etwa so: "Ich kann nicht an sie rühren, denn ich bin ..."

S2Z3 - Was ist gemeint mit dem "Trugschluss der Gezeiten"? Dieses Bild erschließt sich mir nicht im Kontext.

S3Z1 - Nächste Frage: wie "steige ich auf, bis alle Sterne sich mir zitternd schenken", wenn ich doch "kleiner als der kleinste Klee" bin? Diese Aussagen passen nicht zueinander, schon gar nicht direkt aufeinander folgend.

S3Z4 - Warum senkt das Mondlicht sein Haupt - und wie soll das aussehen? Vielleicht etwas übertrieben, etwas wie Licht so weit zu personifizieren?


Sehr gern gelesen, denn insgesamt sehr lyrisch und stimmungsvoll gedichtet!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #2 am: April 19, 2020, 01:12:45 »
Hallo Erich! :-)

Vielen Dank erstmal für Deine Kritik!

Vorschlag #1: Ja, wegen "an-rühren"... Wegen der Dichtheit gestrichen xD Ich stelle aber es aber noch um, danke für den Hinweis, über die Stelle brütete ich länger als eine Minute.

Vorschlag #2: Wenn er der Kleinste ist und danach (auf)steigt, impliziert das Wachstum: Er wird größer. Das ist ja auch der Bruch von S2 und S3. Er steigt auf, weil er der kleinste ist. Weswegen diese Aussagen schon passen, denn "So" impliziert ja eine Veränderung und einen neuen Sinneinschub. Hier geht es um Entwicklung und Progression. 

Vorschlag #3: Das Haupt des Mondlichtes ist, wenn ich logisch denke, der Mond. Und wenn der Mond sich senkt, dann wird Tag! Die Krux der Sache ist, dass es eigentlich Mondlicht gar nicht gibt, aber die Lyrik es wunderschön romantisiert.

Vielen Dank für Deine Gedanken, wie immer weiß ich es zu schätzen!

vlg

EV

PS: Der Trugschluss der Gezeiten ist die Lüge der Zeit.
« Letzte Änderung: April 19, 2020, 10:27:19 von Eisenvorhang »

Erich Kykal

Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #3 am: April 19, 2020, 14:17:41 »
Hi EV!

Ich verstehe jetzt deine Intention, aber sage noch dies: Dein Bild impliziert ein Aufsteigen im Fluge oder Schweben, also räumlich, in den Nachthimmel hinauf, nicht ein "aufsteigen" im Sinne von Wachstum oder Reife, daher meine Bedenken zu diesem Bild.

Und in meiner ersten Kritik schrieb ich durchaus von "Licht" im Allgemeinen, wohlbewusst des Faktes, dass der Mond nur Licht reflektiert ...  ;)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #4 am: April 19, 2020, 18:18:36 »
Nur eine Frage, um mein Verständnis zu fördern: Impliziert ein räumliches Aufsteigen nicht auch ein Streben nach etwas Größerem?
Das LI ist ja nicht größenwahnsinnig oder wahnhaft, aber lebt in seiner Blase keineswegs in einem leeren Raum.

Falls das wirklich nicht funktioniert, muss ich umdenken.

Danke!

vlg

EV

Erich Kykal

Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #5 am: April 19, 2020, 23:01:29 »
Hi EV!

Das musst letztlich du entscheiden, es ist dein Gedicht.

Ich sage nur: So wie die Folgezeilen dieser letzten Strophe geschrieben sind (Sterne, Wind, Mondlicht), denkt man als Leser eher an Aufstieg zu einem Fluge denn an inneres Wachstum.
Wär allerdings schade um die schönen Zeilen. Ich würde es so lassen und die Rückschlüsse der Leserschaft überlassen ...

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #6 am: April 19, 2020, 23:34:31 »
:) Hey Erich!

Ja, so wie es geschrieben steht nicht, meine Frage war ungelenk formuliert, so viel zum Thema Sprache, haha. :))
 
Mir ging es mehr um die Assoziation - vor einiger Zeit hatte ich ein elementares Zerwürfnis, wo jemand Läuse nicht mit dem Geschlechtsakt verbinden konnte.
Dies riss mich aus meiner Welt etwas heraus und ließ mich zweifeln, ob ich nicht zu abgekapselt schreibe...

Ich wollte nur in Erfahrung bringen, ob die Assoziation zu weit hergeholt ist oder ob sich das ein Leser, bei näherer Betrachtung auch denken könnte (Letzteres strebe ich an, eine gewisse lyrische Offenheit...)

Hab Dank für das Feedback


Sufnus

Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #7 am: April 20, 2020, 21:24:32 »
Tja... jetzt muss ich der Ankündigung einer Versenkung in diese schönen eisenvorhangschen Zeilen auch Taten folgen lassen... :)
Da es sich um ein ziemlich komplexes Gedicht handelt mit ein paar Aspekten, die mir - ganzganzganz subjektiv - lyrische Bauchschmerzen bereiten und einigen, die mich zwischen Neid und Bewunderung hin- und herbeuteln, werd ich wohl mehr als einen Anlauf nehmen, um der Sache wenigstens halbwegs gerecht zu werden...
Erstmal find ich es total faszinierend, dass ich bei fast allen Kritikpunkten von eKy überhaupt nichts Kritisches entdecken kann, sondern gerade hier Stellen vorfinde, die mir ganz besonders gut gefallen... daraus folgt natürlich weder, dass eKy keine Ahnung hat, noch dass ich total plemplem bin, sondern es ist einfach einmal wieder ein schlagender Beweis für die heilende Vielfalt der Geschmäcker! :)
Also: Trugschluss der Gezeiten find ich besonders schön, den Aufstieg von etwas kleinem, Unbedeutenden zu den Sternen goutiere ich auch in mehr als nur angetaner Weise und das Bild hauptsenkenden Mondlichts ist für mich der lyrische Höhepunkt des Werkes. Mit einem Wort: so unterschiedlicher Meinung waren eKy und ich wohl selten. ;)
Wie ich schon angedeutet habe, gibt es aber auch Aspekte, mit denen ich nicht so klarkomme, und in diesem potentiell so besonders schönen Werk störe ich mich besonders daran. Der wichtigste Aspekt - und auf den will ich mich hier fokussieren - ist, dass hier für mich (subjektivsubjektiv) eigentlich zwei Gedichte stehen, die beide nicht ganz fertig sind und zu einem amalgamiert wurden, ohne dass die Mischung für mich ganz harmonisch hinhaut.
Strophe 1 hat einen ganz eigenen, naiven und doch kunstvollen Sound und ich finde auf Anhieb keinen Dichter, der das so rüberbringt, vielleicht ein ganz junger Heinrich Heine, den es in die 20er Jahre des letzten Jahrhundert gebeamt hätte... mit einen winzigen Schuss Theodor Kramer... na... jedenfalls keine Ahnenreihe, auf die man nicht stolz sein müsste. :) Aber als Einstropher ist es mir etwas zu kurz. Dann folgen zwei Strophen, die mich ein bisschen an Laie (hier auf der Wiese und im Gedichte-Eiland vertreten, leider lange nichts mehr von ihm gelesen) erinnern. Eher etwas süchtige Klänge (fast möchte ich "sychtige Claenge" schreiben), sehr schön zu lesen, sicher auch wunderschön, um es vorgelesen zu bekommen, aber für mich passt es überhaupt nicht zum so viel "trockeneren" (paradox, wo doch von einem Bach die Rede ist) Ton in S1...
Nur ein paar erste Gedanken... da werd ich mit wachem Geist mehr zu schreiben müssen, um verständlich rüber zu kommen... ;)
LG!!!
S.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #8 am: April 20, 2020, 21:40:09 »
Hey Sufnus :-)),

ich drucke mir mal deinen Kommentar aus und werde damit arbeiten und das Resultat hier im Faden präsentieren.

Das größte Problem, was ich habe, ist: Wie überwinde ich die Unsicherheit meines Ausdrucks? Damit meine ich Worte, die aus inneren Bildern resultieren.
Hier muss ich gestehen, dass ich handwerkliche Defizite besitze und diese nicht durch Wissen kompensieren kann. So sehe ich innerlich einen Vers und er goutiert und mundet, weil er ausdrückt (subjektivsubjektiv) was ich ich sagen will, ich weiß aber nicht, ob man das sprachlich so ausdrücken kann.

Dann kommt Erich mit seiner Erfahrung und seinem Wissen und kritisiert und dann bin ich verunsichert. Gerne würde ich lernen... Das zu überwinden, um mich festigen zu können.

Wie auch immer! Danke für dein wohlwollendes Lob und auch danke für deine stets ausgereiften Kritiken, die ja eigentlich einer Dienstleistung gleichen.
Fühle Dich bitte nur nicht unter Druck gesetzt, kritisieren zu müssen! Ich bin mit den Dingen zufrieden, die mir gegeben werden.

Okay - ich werde sehen, was ich aus deiner Kritik herausarbeiten kann.

vlg

EV
« Letzte Änderung: April 20, 2020, 22:03:16 von Eisenvorhang »

Sufnus

Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #9 am: April 21, 2020, 11:06:03 »
Hey EV!

Freut mich wirklich total, wenn Du mit meinen Gedankensplittern irgendetwas anfangen kannst... :)

Was die Sicherheit des Ausdrucks angeht - das ist wirklich in erster Linie eine Frage der Übung!
Zeit plus fleißige Lektüre (und zwar möglichst breitgefächerter Natur) helfen da am besten. Erzwingen lässt es sich leider nicht.

Tröstlich ist aber vielleicht, dass gerade in der Lyrik, die ja zu einem Gutteil auch von Vielschichtigkeit und erneuerndem Gestaltungswillen lebt, ein kleines Manko in Bezug auf grammatische Sprachverzwicktheiten aller Art kein großes Problem darstellt, ja sogar schöpferisch nutzbar ist.

Das heißt jetzt nicht, dass ich dem völligen sprachlichen Wildwuchs das Wort reden wollte - eine "gesunde" Innovation setzt schon auch eine Grundvertrautheit mit den Fundamenten der Sprache, dem Handwerklichen, voraus. Erst von dieser handwerklichen Basis aus kann man dann darangehen, zu vereinfachen oder ganz Neues zu schaffen. So würde ja z. B. auch im Bereich der bildenden Kunst Picassos Friedenstaube nicht "funktionieren", ohne dessen tiefe, tiefe Versenkung in das Handwerk schon von jüngsten Kindesbeinen an.

Grüße! :)

S.

Erich Kykal

Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #10 am: April 21, 2020, 12:22:52 »
Hi EV!

Ich weiß narürlich nicht, wie du die gewünschte Sprachsicherheit erreichen kannst, ich kann dir nur davon erzählen, wie ich dazu kam. Abgesehen von einem allgemeinen musischen Talent - auch für Sprachen - wuchs ich mit unzähligen Hörspielen auf, die mein Vater damals auf Langspielplatten kaufte: Märchen, Sagen, berühmte Theaterstücke oder Romane in Kurzfassungen, von der schönen Müllerstochter bis Reineke Fuchs. Alles auf einem kleinen billigen Reiseplattenspieler aus Plastik ...
Mit 16 konnte ich Goethe's Faust I fast auswendig hersagen, denn ich war ein ziemlich isoliertes Einzelkind und hatte viel Zeit, mich in diesen Hörspielen zu verlieren. Natürlich las ich auch viel, allerdings damals nur Kinderliteratur, aber immerhin.
Die allererste Basis war sicher meinem sprachaffinen Vater geschuldet, der mich als Kleinkind zuerst Hochdeutsch lehrte, ehe ich in Kindergarten und Schule mit dem österr. Dialekt meiner Region in Kontakt kam. Unvergesslich ist mir in diesem Zusammenhang der Bericht einer Nachbarin, die mir viele Jahre später erzählte, wie verblüfft sie gewesen war, als der kleine vierjährige Erich sich bei einem Spaziergang an seinen Vater wandte und mit klarer Stimme nach seiner Mütze verlangte: "Vater, bedecke mich. Mir ist kühl am Kopfe."  ;D

Wenn ich dir also empfehlen darf: Schule dein (Sprach)gehör und dein Sprachgedächtnis. Heutzutage gibt es ja so gut wie alle Publikationen als Hörbücher. Wähle explizit solche mit besonders gehobener Sprache. Ich selbst besitze heute eine veritable Sammlung von Lyriklesungen. Lies viel. Übung und Erfahrung machen den Unterschied.

Du bist schon einen weiten Weg gekommen, wenn ich so an die ersten Werke zurückdenke, die ich "damals" von dir lesen durfte. Mach einfach so weiter, und mit den Jahren erweitert sich automatisch dein Fundus an Wissen und Erfahrung, Ausdrucksmöglichkeiten und Sprachgebrauch.

LG, eKy
« Letzte Änderung: April 21, 2020, 13:35:36 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #11 am: April 21, 2020, 14:20:43 »
Ich danke euch vielmals für die Tipps! Ich befolge sie bereits!
Was Lyrik betrifft, bin ich wie ein Schwamm der Wasser aufsaugt. Vertont oder geschrieben, ich bin am Sammeln und konsumieren.

Im Gegensatz zu Dir, lieber Erich, besaß ich einen extrem kleinbürgerlichen Hintergrund, denn meine Eltern waren einfache hart arbeitende Menschen, die noch nie etwas von Hochdeutsch hörten.
Erzgebirgisch ist hardcore!
( https://www.youtube.com/watch?v=L60VovVB93Q - Ist meine Nachbarin  ;D ;D)
 
Später im Leben erfuhr ich, dass ich meine ersten Worte bereits mit einem halben Lebensjahr sprach. Meine Eltern dachten sich damals nichts dabei, ich war halt "zeitig"...wurde aber in meinem späteren Leben im Rahmen einer Diagnostik signifikant.
Als 1993 mein Bruder wegen einer Tetralogie verstarb, griff ich das erste Mal, als jüngster von einst drei Brüdern, zu Stift und Papier. Da war ich sieben, fast acht.
Da erkannte ich erstmalig, dass das komische Ding "Sprache" für mich etwas Tieferes, Intimeres, vor allem aber, etwas Tröstendes besitzt. Prosahafte Bruchstücke.
Mit 15 ließ ich es dann sein... Bis, wenn ich mich richtig erinnere, April 2017.

Ich bin übrigens sehr musisch! Ich lernte das Klavier im sechsten Lebensjahr (autodidakt) und die Gitarre brachte ich mir auch selbst bei, gleichwie, ein bisschen, das Cello!   :)
Komponiert habe ich auch!

Und nun steht die Lyrik an, weil sie mich immer verfolgt und nie losgelassen hat!




« Letzte Änderung: April 22, 2020, 16:23:15 von Eisenvorhang »

Erich Kykal

Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #12 am: April 21, 2020, 18:58:30 »
Hi EV!

Kleiner Beitrag zur Sprachschulung  ;): Der Unterschied zwischen musisch und musikalisch!

Musisch kommt von den Musen (antike Göttinnen der schönen Künste), da gehört Musik zwar auch dazu, aber es umfasst eben alles, was künstlerisch was hergibt: Zeichnen, Malen , Bildhauern, Schauspielern sind da auch mit bei. Musisch begabt nennt man also Leute, die ganz allgemein kreativ sind.

Willst du sagen, dass du ein guter Sänger bist, Instrumente spielst oder gar komponierst, dann bist du zwar sicher musisch, aber ganz spezifisch dann eben musikalisch, weil dieses Wort eben von Musik kommt..  :)

Beim Dichten habe auch ich den Hang zu verspielter, zuweilen überkomplexer Sprache. Aber ich lernte dies: Gute Lyrik ist vor allem eines: Authentisch. Wenn der Dichter ganz bei sich ist, wenn er schreibt, was ihm aus dem eigenen Herzen spricht, ohne ins Pathos zu verfallen, und nicht etwas mühselig hinkonstruiert, wovon er glaubt, es möge gefallen, dann ist Lyrik am besten! Nicht zu verquast, nicht zu simpel - durchaus gehobene Sprache, aber klar strukturiert und leicht zu folgen. Alles sollte erklärt werden oder sich aus dem Kontext heraus selbst erklären, und insgesamt sollte der Text auch inhaltlich beim Leser ein Gefühl berühren, nicht allein die Begeisterung für angewandte Sprachkunst.

Schwere Gratwanderung, braucht jahrelange Erfahrung, und selbst dann gibt es keine Garantien - aber wenn es gelingt, schafft man etwas mit dem Potential, einen zu überdauern.  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #13 am: April 21, 2020, 20:40:14 »
Hallo Erich,

vielen Dank für die Aufklärung. Wenn wir bei uns in der Region von "Musischer Begabung" reden, dann macht jemand Musik. Allerdings muss ich mir eingestehen, dass ich mir darüber noch nie einen Kopf zermadert habe oder dies hinterfragte...
Ich schreibe meist wie mir der Schnabel gewachsen ist. Mal trashig, mal schön, mal satire, mal modern, mal alt...
Meinen Weg habe ich noch nicht gefunden.

Mein Bemühen dahingehend verständlicher zu schreiben, möchte ich gleichsam aufrecht erhalten wie die lyrische Offenheit.
Kopieren tue ich von anderen aber nie, was aus mir heraus tritt kommt von tief innen.
(Weswegen ich den Vergleich mit Laie nicht nachvollziehen kann, weil ich finde, dass er vollkommen gaaaaanz anders schreibt. Genauso wie Rilke gaaaaaaanz anders schreibt)  :)
Ich könnte das in einem Diskurs sogar beweisen.

Mir ist auch egal, ob ich deswegen ein Schattendasein fristen muss oder als Epigon abgestempelt werde. Ich liebe was ich liebe und dabei bleibt es.
Für das Publikum schrieb ich noch nie, ich habe so viele unveröffentliche Gedichte in der Schublade liegen... Ich bin in Foren nur, weil ich lernen will... (Vor allem bei Arbeiten, wo ich mir unsicher bin)

vlg

EV
« Letzte Änderung: April 21, 2020, 20:52:00 von Eisenvorhang »

Erich Kykal

Re: Ich fließe in den Bächen mit dahin
« Antwort #14 am: April 21, 2020, 22:42:29 »
Hi EV!

Ja - "musisch begabt" bedeutet: Mit Gaben der Musen beschenkt, und das ist mehr als Musik, denn es gibt jede Menge Musen, eine für jede Kunstrichtung. Für Musik im Speziellen gilt : Musikalisch begabt.

Hier eine Übersicht über die Musen (für uns Poeten ist übrigens die zweite zuständig  ;)):

    Klio (Κλειώ, altgriechisch Kleio), die Rühmende, ist die Muse der Geschichtsschreibung (Attribute: Papierrolle und Schreibgriffel);
    Euterpe (Εὐτέρπη), die Erfreuende, ist die Muse der Lyrik und des Flötenspiels (Attribut: Aulos, die Doppelflöte);
    Melpomene (Μελπομένη), die Singende, ist die Muse der Tragödie (Attribut: ernste Theatermaske, Weinlaubkranz, wahrscheinlich auch ein Schwert oder eine Keule);
    Erato (Ἐρατώ), die Liebevolle, Sehnsucht Weckende, ist die Muse der Liebesdichtung (Attribut: Saiteninstrument, Leier);
    Terpsichore (Τερψιχόρη), die fröhlich im Reigen Tanzende, ist die Muse für Chorlyrik und Tanz (Attribut: Leier);
    Urania (Οὐρανία), die Himmlische, ist die Muse der Astronomie (Attribut: Himmelskugel und Zeigestab);
    Thalia (Θάλεια, altgriechisch Thaleia), die Festliche, die Blühende, ist die Muse der Komödie (Attribut: lachende Theatermaske, Efeukranz und Krummstab, denn auch die heitere bukolische Poesie gehört zu ihr);
    Polyhymnia (Πολύμνια), die Hymnenreiche (Liederreiche). Sie ist die Muse des Gesangs mit der Leier (kein spezifisches Attribut, manchmal die Leier);
    Kalliope (Καλλιόπη), die mit der schönen Stimme, ist die Muse der epischen Dichtung, der Rhetorik, der Philosophie und der Wissenschaft (Attribut: Schreibtafel und Schreibgriffel).

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.