Hi Martin!
Wieder wunderschön zu lesen, aber sehr schwer zu verstehen. Ein Mensch, der - womit genau?- hadert? Dem Schicksal? Dem ewig Fehlerhaften des Menschseins? Der Zeit? Der Unmöglichkeit harmonischer Beziehungen? dem Altern? Dem Sich Ergeben?
S1 - Schon in Z2 kommen mir Fragezeichen: "Schwaden" sind gasförmige Ballungen - wie kann ein Brunnenrund so etwas sein? Und womit steht der "Süden" in Z4 in Verbindung? Welche Krankheit sollen die Ärzte behandeln? Sind es metaphorische Doktoren oder echte?
S2 - Pötzlich taucht aus dem Nichts eine "sie" auf, die dem LyrIch Mut macht, obschon sie selbst zu kämpfen hatte. Diese Frau wird leider nicht ordentlich eingeführt oder als Person erläutert. Eine Freundin? Schwester? Ehegespons? Therapeutin?
S3 - Hier wird es nun besonders kryptisch! Wird die "sie" aus S2 hier demontiert? Ist sie tot? Vegetiert sie dahin? Oder spielt die "Leiche vom Kinde" nur auf Geisteshaltung oder Körperzustand fortschreitenden Verfalls an? Wird sie in Z3 gar vom LyrIch verstoßen, das in Z4 über die Irrungen des Geschicks stoßseufzt?
S4 - Wer oder was soll das "Gespenstchen" sein? Gewissen? Vorsehung? Die Illusionen, die wir Menschen uns machen? Worauf spielt die "Wehrtracht bei Wein" an? Dass das LyrIch nur besoffen die Kraft hatte, sich Wahrheiten zu stellen? An welches "Land" - und aus welchem Ozean - wird nach "tausendfacher Nacht" getreten?
Wie gewohnt: Praktisch jede Zeile ist ein Bild, das für das eigentliche Bild steht, das der Autor möglicherweise meint. Das wird - so schön die Sprache sein mag - arg mühselig, wenn man sich ehrlich um Verständnis bemüht.
Statt einfach mal zu sagen: "Deine Schwächen ärgern mich, Geliebte!" steht da immer sowas wie: "Da hub die Mär vom Mädchen an, das ewig hold sei und erhaben, // wie töricht träumt das ungeschlachte Menschenkind!". In diesem Falle ohne direkten Bezug auf das LyrIch, das auch irgendein allgemeinen Mangel der Menschheit beschreiben könnte, und das "ungeschlachte Menschenkind" könnte das Mädchen meinen, aber auch das LyrIch. Und wenn eine solche Zeile auf die andere folgt, wie soll man da noch einen roten Faden halten?
Aber wie schon gesagt - vielleicht denke ich zu direkt und linear, sodass mir diese Art des konsequenten Verschlüsselns in lyrische Bilder einfach nicht eigehen will.
Dennoch gern gelesen, weil es einfach so schön klingt!
LG, eKy