Hi EV!
Schön, dass Du nun auch wieder in voller Pracht die Wiese bevölkerst!
Ich mag es, wenn man bei einem Gedicht erkennen kann, in welchem Jahrhundert es geschrieben wurde, insofern find ich es gut, wenn in ein heutiges Gedicht auch Facebook & Co. Eingang finden.
Bei Deinen Versen ist der Einbau von social media-Vokabular offenbar sogar Teil des poetologischen Programms: In jeder Strophe wird gezielt eine "Online-Sprech"-Vokabel eingebaut. Das ist mir persönlich dann schon wieder fast zu demonstrativ, auch weil es eigentlich nicht wirklich mit dem Inhalt des Gedichts verbunden ist. Denn auf der Inhaltsebene wird ja hier eines der ältesten Themen der Lyrik überhaupt besungen: Das Ende einer Liebesbeziehung. So gesehen sind für mich persönlich die eher ornamentalen, modernen Begriffe nicht zwingend.
Was mir sonst auffällt, ist die durchgehende Kleinschreibung. Ich hatte schon wo anders geschrieben, dass es mir ziemlich egal ist, ob in einem Gedicht normale Orthographie, konsequente Großschreibung am Zeilenanfang oder durchgehende Kleinschreibung benutzt wird und ob dabei die gängige Regeln der Interpunktion befolgt werden oder nicht (bis zum völligen Verzicht auf Satzzeichen). Grundsätzlich finde ich es aber gut, wenn sich aus dem Verzicht auf normale Schreibregeln irgendein poetischer Mehrwert im Gedicht ergibt, so dass die gewählte Schreibweise nicht willkürlich wirkt. In Deinem Gedicht nun ist die durchgängige Kleinschreibung wahrscheinlich in Analogie zur gängigen Kurznachrichtenschreibe in ihrer sehr vereinfachten (höflich formuliert) Orthographie gewählt. Dieses Schriftbild erzeugt durch den Wegfall der üblichen Satzstrukturierung bei mir beim Lesen eine gewisse gehetzte Atemlosigkeit und das passt hier gar nicht schlecht, finde ich. Insofern geh ich damit d'accord.
Detailkritikpunkte wären bei mir:
- Z1/Z2: planen... passenden: Diese beiden Vokabeln sind mir zu flach und brav. Braucht man hier überhaupt vollständige Sätze mit Verb? Wenn es schon auf schwellende Brüste zielt, könnte hier m. E. noch ein Schuss mehr Wildheit nicht schaden.
- Z6: seidnen: Die Verkürzung ist metrisch unnötig und für mich etwas unschön: im seidnen gewand => im seidengewand
- Z7: spiegel: Der Spiegel ist mit dem (schönen!) vorangehenden Bild vom "zucker der nächte" überhaupt nicht verbunden und wirkt daher "klanggeschuldet". Wie wäre es mit tiegel? Erzeugt auch Assonanzen zu den trieben und macht im Zusammenhang mit Zucker (Zuckerkristalle, die im Tiegel vermengt werden) weitaus mehr Sinn.
Und was mir übrigens gut gefällt ist der (eigenwillige) transitive Gebrauch des Verbs "twittern". Jennys Korrektur ergibt grammatisch natürlich mehr Sinn, aber die Widerborstigkeit des transitiven Ausdrucks mag ich tatsächlich ganz gerne (ich weiß aber jemanden hier, den wird dieser Ausdruck betrüben, genauso wie die Kleinschreibung)

VG!
S.