Autor Thema: Der engste Freund  (Gelesen 1077 mal)

gummibaum

Der engste Freund
« am: Oktober 02, 2019, 18:32:52 »
Da liegt der Bär, der oft im Arm
des Kindes stiller Tröster war,
ins Herz ihm sah, sein Teddyhaar
um Ängste windend, treu und warm.

Bei allen Schmerzen, die er barg,
den größten fasst er nun nicht mehr:
Im Zimmer steht ein kleiner Sarg,
und die Regale sind schon leer…

Erich Kykal

Re: Der engste Freund
« Antwort #1 am: Oktober 02, 2019, 18:44:14 »
Hi Gum!

Herzzerreißend. Und mehr muss nicht gesagt werden ...

 :'( Traurig, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Der engste Freund
« Antwort #2 am: Oktober 02, 2019, 23:39:58 »
Nein, wirklich nicht. Danke, Erich und liebe Grüße von
g

Agneta

  • Gast
Re: Der engste Freund
« Antwort #3 am: Oktober 03, 2019, 11:50:48 »
oh, wir traurig schön. Ja, Kinder sehen in ihrem Lieblingskuscheltier ein Lebewesen. Ich weiß noch, der "Fitz" meiner Tochter, ein selbstgenähtes Schlenkertier, verwaschen und zerrupft nach Jahren, musste sogar mit in den Urlaub. Es gibt ihn heute noch und meine Tochter ist 31.Ich hatte sowas nicht. Ich hatte ein lebendes Tier.
Sehr sehr gerne gelsen mit LG von Agneta

Erich Kykal

Re: Der engste Freund
« Antwort #4 am: Oktober 03, 2019, 19:27:02 »
Äh - Agneta ... - hast du die Conclusio dieses Gedichtes wirklich mitbekommen?
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Der engste Freund
« Antwort #5 am: Oktober 03, 2019, 21:05:50 »
ich denke schon, Erich. Das Kind ist tot, obwohl das logisch nicht genau passen würde, denn "die Schmerzen nicht mehr fassen und trösten", würde sich dann ja auf die Eltern beziehen.
Oder der Teddy  ist kaputt ( für das Kind tot) und ein kleiner Sarg für den Teddy steht im Zimmer. Das wiederum würde nicht zu den leeren Regalen pasaen.
Ob man sein Kind im Kinderzimmer aufbahrt, weiß ich allerdings auch nicht...
LG von Agneta

Erich Kykal

Re: Der engste Freund
« Antwort #6 am: Oktober 03, 2019, 23:18:43 »
HI Agneta, Gum!

Heimaufbahrungen sind heute bei uns nicht mehr üblich, in anderen Ländern aber schon, zB. in Amerika, und für ein Kind wäre das Kinderzimmer dafür ein durchaus logischer Ort.

Der Bär hat für das Kind als "Schmerzfänger" und Tröster funktioniert, nur den letzten Schmerz, das Sterben des Kindes, fasst er nicht mehr, weil das Kind nicht mehr lebt, ihn zu projizieren. Nun ist das Stofftier nur noch ein gebrauchtes Spielzeug, ein Ding.

Was mich am obigen Text am ehesten gewundert hat, waren die leeren Regale. Für gewöhnlich machen Eltern aus dem Zimmer eines verstorbenen Kindes eher eine Art Schrein, in dem nichts mehr verändert werden darf - meist über Jahre. Dass gleich - noch vor der Beerdigung - ausgeräumt wird, verwundert - es ist, als wollte man die Erinnerung an dieses Leben tilgen, noch ehe es begraben ist! Eine trauernde Mutter könnte das kaum ertragen! Entweder das Kind war ungeliebt, oder die Familie muss umziehen. Dass ausgeräumt wird, um das Leid schnellstmöglich verdrängen zu können, erscheint mir recht unwahrscheinlich.
Als lyrisches Bild der Vergänglichkeit allerdings ist es griffig und eindringlich.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Der engste Freund
« Antwort #7 am: Oktober 04, 2019, 11:32:37 »
dass das Kind ungeliebt war, ist ein schwerer Vorwurf, Erich. Ich denke das nicht. Dafür ist das Werk zu traurig geschrieben. Wobei wir ja immer hoffen wollen, dass es sich hier um eine fiktive oder aus der Beobachtung geschriebene Ballade handelt und nicht mit der Biografie des Autors übereinstimmt.
Ich denke, wie man bei Tod reagiert, ist sehr persönlich. Jeder verarbeitet seine Trauer anders, sucht sich andere Brücken, um wieder ins Leben zu finden. Ich nenne mal Beispiele:
eine Bekannte von mir, liebe Frau, stelte sich im Schlafzimmer einen Altar mit Bildern ihrer Mutter auf, nachdem diese verstorben war. Weder war die Frau vorher extrem katholisch,  noch irgendwie plemplem.Ich persönlich fand das, als sie mir den Altar zeigte, abstrus und gruselig, denn ich kann Bilder von geliebten Wesen an der Wand schon nicht ertragen. Und das eben, weil ich sie so sehr geliebt habe!
Dieser Frau aber half es.
Nachdem mein geliebter Janosch verstarb, habe ich am nächsten Tag quasi wie in Schockstarre alles fortgeräumt , zum Müll gebracht, was mit Janosch zu tun hatte. Nur sein Ball blieb, weil er in der Ecke lag und ich ihn nicht gesehen hatte. Heute spielt das Kaninchen damit. ich konnte es nicht ertragen, die Sachen von Janosch zu sehen, als käme er gleich wieder.
So unterschiedlich sind Menschen in ihrer Trauerbewältigung.
Ob sich der Sarg im Kinderzimmer mit solchen Gefühlen verträgt, kann ich icht beurteilen. Denk an den Altar...
LG von Agneta
« Letzte Änderung: Oktober 04, 2019, 11:35:32 von Agneta »

Erich Kykal

Re: Der engste Freund
« Antwort #8 am: Oktober 04, 2019, 13:06:11 »
Hi Agneta!

Dass Gum nicht selbst als Autor trauert, davon bin ich eigentlich ausgegangen. Auch ich habe schon ein paar Gedichte dieser Art verfasst. Daher war die Annahme, das Kind könnte ungeliebt gewesen sein, sicher nicht als Vorwurf gedacht!

Und dass es verschiedene Trauerbewältigungsstrategien gibt, vom Schrein bis zur völligen Entsorgung von allem, was an den Verstorbenen erinnert, ist auch klar - auch wenn letzteres gerade bei Kindern höchst selten vorkommt, wie ich glaube. Was mich störte war, dass die Regale bereits VOR der Bestattung ausgeräumt waren. Das erscheint mir höchst ungewöhnlich und wie ein logischer Widerspruch: Wenn jede Erinnerung an das Kind aus Liebe so unerträglich gewesen wäre, hätte es bestimmt auch keine Heimaufbahrung gegeben. Dass aber der Sarg unter leeren Regalen steht ist, als wollte man dem Verstorbenen so auch noch zeigen, dass man ihn jetzt endlich losgeworden ist!
Das passt für mich nicht zusammen, daher die Vermutung auf zwangsweisen Umzug oder Lieblosigkeit.

Können wir die Mutmaßungen damit gut sein lassen? Warten wir ab, was Gum dazu sagt.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.