Drachenfels
Das sind die Tage, die wie süßer Eiscafe am Gaumen verschmelzen und deren Geschmack sich in die Seele webt.
Eselspfade krümmen sich den Berg hinauf, schmal, von Unkraut überwuchert, durchzogen von Jahrhunderte alten Wurzeln der dicht belaubten Eiben, Eschen und Eichen. Ein Schild warnt vor Steinschlag. Irgendwo dort versteckt schlummert der Drache der Angst, diesen Berg nicht mehr hinaufzukommen. Atem beraubend.
Ich lehne mich an eine uralte Mauer des Bergfrieds. Sie duftet nach Geschichte, nach Legende. Die Schießscharte gibt ein winziges Loch frei, den Ausblick auf ein begrenztes Ziel, den Feind. Diese idyllische Umgebung lässt beinah vergessen, dass jeder Mensch seinen eigenen Drachen hat.
Deine kleine, kräftige Hand hält mich, schiebt mich den Steilhang hinauf, schubst mich aufs Plateau. So wie ich es bei dir unendliche Male getan habe, als du noch Kind warst. Enkelchen klatscht in die Hände, weil Oma es trotz ihrer lädierten Hüften geschafft hat und schwenkt ritterlich sein Holzschwert.
Atemberaubend ist der Blick über das Tal. Vater Rhein schlängelt sich wie eine silberne Schnur durch die Auen, Frachtschiffe gleiten wie Legospielzeuge über das Wasser. Häuschen ducken sich vor tiefen Wäldern. Wir stehen und schauen. Schweigend , Arm in Arm. Selbst der Kleine ist einen Moment lang still.
Das sind die Tage, die wie süße Eisschokolade über die Lippen gleiten. Die man lebenslang noch schmeckt, wenn man nur genussvoll die Augen schließt.
Zeitlos wie der Drache der Nibelungensage, der nur die frisst, die keine Liebe haben.