Hi Cypi!
Vielen Dank für die freundliche Beweihräucherung!
Und ja - ich fühle mich durchaus "leidlich" wohl in meinem selbst errichteten Elfenbeinturm - es ist "leidlich" besser als so gut wie alle denkbaren Alternativen, die so gut wie alle bös enden würden, wenn ich sie versuchte. Zumindest, wenn ich sie durchdenke - und dabei bemühe ich mich durchaus um Objektivität.
Die wenigen Male, da ich mich wirklich nach außen kehrte, zeitigten mehrheitlich negative Ergebnisse - ich bin eben einfach nicht dauerhaft kompatibel mit anderen Leuten in sozialem Kontext. Enge Beziehungen kann ich nicht lange aufrecht erhalten, da ich insgesamt zu wenig dafür für Menschen empfinde. Andererseits verletzt es mich extrem, wenn mir Menschen, denen ich mein Vertrauen erst einmal geschenkt habe, irgendwie in den Rücken fallen. Und so unleidig und zynisch, wie ich nun mal bin, ist das wohl früher oder später zwangsläufig der Fall. Ich fühle mich rasch emotional eingeengt, manipuliert oder in der Auslebung meiner Wesenszüge (die teilweise recht soziopathisch sein können) behindert, wenn da jemand allzu nah an mir dran ist, zu sehr klammert. Statt geliebt fühle ich mich eher vereinnahmt - und reagiere dann entsprechend.
Die "Rache" derer, die sich von mir brüskiert fühlen, lässt dann nicht lange auf sich warten, kommt für mich aus heiterem Himmel - und schmerzt.
Ich habe selbst wohl zu wenige Sensoren, die bemerken könnten, wie sehr ich anderen weh tue, mit unbedachten Bemerkungen, Scherzen, Wortspielen (ich "disse" gern, meine es aber selten böse, für mich ist es eher eine intellektuelle Herausforderung), und wenn der Schaden angerichtet ist, überrascht mich die Retourkutsche kalt.
Zudem tu ich mir extrem schwer, Zuneigung zu zeigen - ich würde eher eine heiße Herdplatte anfassen als "Ich liebe dich" zu sagen! Was nebenbei bemerkt ohnehin gelogen wäre: wirklich lieben kann ich nicht (mehr?). Ich kann sympathisch finden, gern haben, mögen - aber ganz vertrauen und hingeben, das habe ich lang verlernt.
Und ich lüge eben nicht gern - daher ist es leichter, erst gar keine Beziehung zu suchen, als sie durch Halbwahrheiten und Verschweigen gewisser Fakten mühsam aufrechterhalten zu müssen.
Das gilt bei mir interessanterweise für Liebesbeziehungen, wie gesagt, nicht für Freundschaften. Habe ich jemanden erst einmal unter "Freund" eingeordnet, vertraue ich sehr darauf, dass gewisse Regeln der Rücksichtnahme eingehalten werden (dass ich sie selbst aus der Sicht anderer verletze, kommt mir meist erst gar nicht in den Sinn. Das liegt daran, dass dem Menschen das eigene Denken logisch erscheint, und darum müssten eigentlich alle ähnlich wie man selbst denken, da alle anderen sonst unlogisch wären ...
- naja, wir kennen die möglichen Verscherungen falscher Kausalverknüpfungen! Und weil mein soziales Sensorium eben unterentwickelt ist, bemerke ich die Anzeichen leider nicht, wenn ich andere verletze, ohne es zu wollen.). Umso schmerzlicher ist es dann, wenn so ein Freund sich abwendet, aus welchen Gründen auch immer, die aus seiner/ihrer Sicht sicherlich wohlüberlegt sein mögen. Das sorgt dafür, dass ich auch nur sehr wenige Freunde habe - ich erspare mir die scheinbar unvermeidliche Enttäuschung lieber gleich ...
Hier im Internet ist die Distanz groß genug. Hier kann ich "funktionieren", weil ich mich nicht allzu bedrängt fühle. Hier bleiben die Wünsche und Ansprüche anderer an mich eher hypothetisch, überfordern mich nicht emotional, und ich fühle mich sicher genug, ihnen zu begegnen.
So, das war ein "Blick hinter die Fassade" - ich hoffe, er hilft dir, mich zu verstehen, so weit es da etwas zu verstehen gibt.
LG, eKy