HI Cypi!
Auch ich merke, wie die Jahre mich trockener werden lassen, unbewegter (als ohnehin schon) - es ist als würden die Gefühle, die einst unsere Kunst beflügelten, mit uns altern, aber noch vor unserem körperlichen Ende nach und nach zerfallen.
Vielleicht steht jedem Menschen nur ein bestimmtes Maß an Fühlen zur Verfügung, oder das Leben macht uns so zynisch und welterfahren, dass wir einfach nicht mehr an Romantik und andere Gefühle glauben können.
Vielleicht aber nutzt auch unser Geist sich am Leben ab, so wie unser Leib es tut. An Wissen und Erfahrung mag er reicher werden, aber damit verdrängt er mehr und mehr das Unmittelbare der kindlichen Natur, die noch an Wunder und Magie glaubt.
So wie die ganze menschliche Art altert, sich zivilisiert, Fortschritt erzielt, reift. Wir lernen viel über das Funktionieren des Universums, zuweilen mehr, als unser noch so begrenzter Geist überhaupt zu erfassen vermag, aber wir verlieren dabei auch etwas: Eben diesen Wunderblick des neugierigen Kindes.
Warum soll man Gedichte schreiben, wenn man einfach nicht mehr "mit"fühlen kann, weil man den Kontakt zu seiner inneren Quelle mehr und mehr verliert? Wer zuviel weiß, erkennt die Ziel- und Zwecklosigkeit dieses Universums, und wird ebenso: Man existiert, aber ohne Ziel und Zweck.
Und dennoch - ich würde kein Jota dessen, was ich heute bin, aufgeben wollen, um wieder ein naives Kind sein zu können. Das wäre nur denkbar, wenn ich all mein Wissen, meine Erfahrung, all die Erinnerungen meines Lebens mitnehmen könnte in die neue junge Hülle! Das lassen Zeit und Entropie aber nicht zu. Es ist unser Fluch: Je mehr wir die Welt erkennen, desto weniger Anteil nehmen wir daran. Die Erfahrung entfernt uns zugleich vom Erfahrenen. Geist und Gefühl - es scheint, wir können nie beides gleichzeitig in vollem Umfang haben!
Oder wir sind einfach nur Opfer unseres Hormonhaushalts, Gefangene unseres schwindenden Fleisches, das unsere Auflösung diktiert ...
LG, eKy