Der Krimi
Er lief spät abends im Fernsehen. Ich war schon eingeschlafen und wachte wieder auf.
Ein Krimi aus einer Zeit,
wo Verbrecher aus einfachen Schichten kamen,
wo Väter ihre Kinder schlugen
und das für ihr gutes Recht hielten.
Ein Krimi aus der Zeit,
wo der Platz der Frau am Herd war,
wo man offiziell erst poppte, wenn man verlobt war
und wo angetrunkene Männer abends verwaschene Bademäntel trugen,
aus Baumwolle mit Streifen.
Manchmal waren sie blau, manchmal weinrot, die Streifen.
Eine Zeit also, wo alles noch seine Ordnung hatte.
Made in Germany.
Mitten in der Nacht löschte ich die Lichter in meinem schicken Einfamilienhaus am Stadtwald.
Meine Familie schlief längst.
Ich war daran hängen geblieben.
An dem Krimi aus den Sechzigern,
an der erbarmungswürdigen Armut der Figuren,
an den schwarzen, eingerissenen Fingernägeln der Arbeiter,
an der Düsternis der verfallenden Drahtzieherei
und an dem Bademantel,
den auch mein Opa immer getragen hatte.