Autor Thema: Weltsicht  (Gelesen 1354 mal)

Erich Kykal

Weltsicht
« am: April 28, 2018, 15:06:33 »
Die Welt ist leer und voll zu gleichen Teilen,
nur wie man eine Möglichkeit betrachtet,
entscheidet unser lauteres Beeilen.
Begriffe sind, je wie man sie befrachtet,
beweglich in Entgleiten und Verweilen.
Wer dies nicht achtet, bleibt darin umnachtet.
Die Welt ist gut und schlecht zu gleichen Teilen.

Die Welt ist groß und klein zu gleichen Teilen,
verschoben wird allein die Perspektive,
wodurch sich manche Bilder übersteilen.
Gerinnen diese dann zur Direktive
geteilter Meinung, kann das Wort nicht heilen,
das positive wie das aggressive.
Die Welt ist alt und neu zu gleichen Teilen.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Weltsicht
« Antwort #1 am: April 28, 2018, 23:46:37 »
Lieber Erich,

weise Relativierung in schönen Worten.

LG gummibaum

 

Erich Kykal

Re: Weltsicht
« Antwort #2 am: April 29, 2018, 21:29:33 »
Hi Gum!

Das schöne Yin-Yang-Prinzip: Ausgeglichenheit ist Harmonie.

Schön als Gedankenspiel, aber in der realen Welt eben leider schwer nachvollziehbar, vor allem, wenn das unangenehmere Potential wieder mal voll über einem zusammenschlägt wie eine Monsterwelle des Schicksals!  ::) >:D

Letztlich spielt jeglicher menschliche Bewertungs- oder Katalogisierungsversuch keine Rolle. Das Universum spielt nicht mit oder nach Begriffen wie Fairness, Gerechtigkeit, Ausgleich oder Harmonie. Unsere naiven Vorstellungen von höherem Wert oder Gewissen spielen nur in der so offensichtlichen Begrenztheit unseres eigenen Handelns und Denkens eine gewisse Rolle.

Unsere verzweifelten philosophischen, religiösen oder politischen Konzepte, der Gleichgütigkeit der Leere eine Art höherer Ordnung oder ausgleichender Gerechtigkeit abzuringen, bleiben, was sie immer waren: Trost für die Dummen, Stütze für die Schwachen - und für die Mächtigen ein gutes Mittel, diese zu manipulieren!

Da kann man auch an Yin-Yang glauben: Wenn alles ausgeglichen ist, ist auch alles gleichwie egal. Wenn es immer gleich viel Böses wie Gutes geben muss, damit ein Universum funktioniert, wozu dann das Böse bekämpfen? Es wird im Endeffekt nie mehr oder weniger weden! Es genügt, sich in den Bereichen zu halten, wo es gerade nicht ist, oder? Was sollen also Engagement und Glaube für die "gute" Sache, vor allem, wenn "gut" ohnehin meist nur eine Frage des philosophischen oder soziokulturellen Maßstabes einer bestimmten Epoche oder Weltregion ist?

Wer denkt, er könne die Welt einfach und gerecht wie im Märchen haben, der lese nur mal "Reineke Fuchs" ...

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Weltsicht
« Antwort #3 am: April 03, 2020, 21:15:13 »
Hallo Erich,

auch mir gefallen die Zeilen besonders!
Eine nüchterne Ermahnung an die Verhältnislosigkeit unserer Zeit.
Da ich weiß, dass du ein Kunstinteressierter bist, hinterlasse ich Dir folgenden Link:

https://www.juergenbergbauer.de/substitute

"None of the portrait objects is larger than the human body."

vlg

EV

Erich Kykal

Re: Weltsicht
« Antwort #4 am: April 03, 2020, 22:03:00 »
Hi EV!

Danke für die "Substitute" und andere Reihen. Gefällt mir, gerade wegen des Spiels mit der Perspektive und den Größenverhältnissen! Ansonsten bin ich allerdings kein so großer Fan der Fotografie als Kunstform. Ist mir zu wenig "Arbeit" dahinter ...

Mein Text oben ist allerdings nicht zeitbezogen. Er will die über alle Zeiten engen Grenzen des kulturgeprägten menschlichen Geistes aufzeigen.

Vielen Dank für deine freundlichen Worte!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Weltsicht
« Antwort #5 am: April 03, 2020, 22:23:42 »
Ansonsten bin ich allerdings kein so großer Fan der Fotografie als Kunstform. Ist mir zu wenig "Arbeit" dahinter ...

Mein Text oben ist allerdings nicht zeitbezogen. Er will die über alle Zeiten engen Grenzen des kulturgeprägten menschlichen Geistes aufzeigen.

Vielen Dank für deine freundlichen Worte!  :)

LG, eKy

Nur kurz! Unterschätz das bildgebende Verfahren nicht und auch nicht die konzeptionelle Arbeit, die dahinter steht: https://www.youtube.com/watch?v=X5S3ApOL3pw

Und ja, Dein Text bezog sich nicht darauf, aber ich habe es darauf bezogen, weil dieser Blickwinkel unserer Zeit Wohl täte.

vlg

EV
« Letzte Änderung: April 03, 2020, 22:43:41 von Eisenvorhang »

Erich Kykal

Re: Weltsicht
« Antwort #6 am: April 03, 2020, 22:49:59 »
Hi EV!

Ich unterschätze sie nicht, ich bin - exakt wie ich schrieb - einfach kein Fan davon. Ich weiß, dass hinter manchen Verfahren viel Fitzelei und Arbeit stecken, aber insgesamt erscheint es mir im Vergeich zu Graphik, Malerei oder Bildhauerei gerade vom künstlerischen Anspruch (der für mich immer noch von "Können" kommt) zu simpel.
Letztlich ist es doch nur ein "auf den Knopf drücken" im richtigen Moment oder aus dem richtigen Blickwinkel. Das Bild von eigener Hand "werden" zu lassen wie ein Zeichner oder Maler, ist im Falle der Fotografie dann nur noch ein technischer Prozess. Klar, auch hier gibt es kreative Möglichkeiten der Verfremdung oder Vertiefung, aber letztlich ist es doch eher ein Abbilden als ein Neuentdecken durch "zu Fuß" physisch durchmühte kreative Prozesse wie der Umgang mit Stift, Pinsel oder Hammer und Meißel.
In meinen Augen ist künstlerische Fotografie eine billige Abkürzung für feinmotorisch weniger Begabte, um sich auch als Künstler bezeichnen zu können - mit Kamera und Verfahrenstechniken. Für mich eine Art Schummelei. Mag sein, es ist Kunst mit vollem Anspruch auf Respekt - für mich persönlich spielt das aus den hier dargelegten Gründen keine Rolle. Ich bin einfach kein Fan von der Knipserei ...

Damit will ich keinem Fotokünstler (oder dir, solltest du auch einer sein) zu nahe treten - es handelt sich nur um meine ganz persönliche Ansicht, von subjektivem Werturteil getragen. Ich erhebe keinerlei Anspruch auf Allgmeingültigkeit meiner Präferenzen.  ;)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Martin Römer

  • Gast
Re: Weltsicht
« Antwort #7 am: April 03, 2020, 22:57:35 »
Da sprichst du mir aus der Seele, sag ich ingleichen ohne alle Grimmigkeit.
Es wird gewisslich auch der hundertjährige Opernabguss der Filmkunst nicht mehr von Belang sein,
wenn sich nach den Katastrophen dieser Zeit der kümmerliche Menschenrest auf irgendeiner andern Stufe wiederfinden wird.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Weltsicht
« Antwort #8 am: April 03, 2020, 23:05:58 »

Damit will ich keinem Fotokünstler (oder dir, solltest du auch einer sein) zu nahe treten -

LG, eKy

Ich habe beides in LE (HGB) studiert: Malerei und Foto und kenne und respektiere Deinen Standpunkt, weil in der Ausübung an sich - zwischen Leinwand und Foto - Welten liegen. Es gibt daher in der Tat einen großen Unterschied zwischen Christopher Muller und beispielsweise Turner. Beim analogen Foto liegt die Arbeit eher in der Entwicklung.

vlg

EV :-)

Erich Kykal

Re: Weltsicht
« Antwort #9 am: Mai 24, 2021, 14:59:36 »
Wie man zu etwas (wie zB der Fotografie hier) steht, ist, wie mein obiges Gedicht so treffend beschreibt und darlegt, eben immer eine Frage der Perspektive, des zerebralen, erfahrungs-, emotions-  oder kulturgeprägten Blickwinkels der Betrachters. Genau darum geht es da oben ...

LG, eKy
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