Autor Thema: Letzte Worte  (Gelesen 823 mal)

gummibaum

Letzte Worte
« am: Januar 27, 2018, 09:39:29 »
Ich halte dir die welke Hand und fühle,
wie sie ein Schweißfilm klebrig überzieht,
weil, was dich bisher an der Hand nahm, flieht.
An seinen Platz tritt langsam große Kühle.

Ich sehe deine Angst in wirren Blicken
beruhigt, da ein Frieden nahe rückt.
Die Kluft, die schaudern ließ, hat überbrückt
den Weg bereitet, dich dorthin zu schicken.

Ich bleibe, bis dein Atem ruht, Begleiter,
die Brücke aber finde ich noch nicht,
von dort an geh getrost alleine weiter,

und während hier dein Glanz im Auge bricht,
so spricht mir etwas durch die Trauer heiter,
entzündet ihn dort bald ein neues Licht…
« Letzte Änderung: Januar 27, 2018, 15:29:47 von gummibaum »

Erich Kykal

Re: Letzte Worte
« Antwort #1 am: Januar 27, 2018, 15:18:03 »
Hi Gum!

Schönes Sonett, das ein letztes Abschiednehmen zweier verbundener Seelen zärtlich erfasst: Des einen vom Leben, des anderen vom Sterbenden.

Drei Dinge:

Ich würde unterhalb des Gedichtes für ein paar Leerzeilen sorgen, damit es sich deutlich vom Zitat deiner Fußnote abhebt.

S2Z1 - Vor "Angst" ist eine Leerstelle zuviel.

S2Z3 - Hier bemerke ich einen inhaltlichen Fehler: Nicht die Kluft hat den Weg für den Sterbenden bereitet, wie überbrückt sie auch sein mochte. Es war die Brücke, bzw. der Brückenbauer. Diese Kluft nun als Mittlerin zum Jenseits darzustellen, bloß weil eine Brücke sie überspannt, zu der sie nichts leistete, außer sie nötig zu machen, halte ich für logisch nicht stringent. Das würde ich anders formulieren.

Sehr gern gelesen! Jeder von uns hat in unserem Alter wohl mehrere solcher Abschiede bereits hinter sich und erkennt, dass auch er selbst bald einmal in dieser Szene nicht der sein wird, der zurückgelassen wird. Man findet sich schön langsam in die unausweichliche Rolle ... - Ich für mein Teil kann zumindest über die Tatsache erfreut sein, dass in meinem Fall niemand über mein Ableben Tränen vergießen oder übermäßig Trauer verspüren wird. So betrachtet vielleicht ein Pluspunkt in einer ansonsten lebenslangen sozialen Minusrechnung ...

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Letzte Worte
« Antwort #2 am: Januar 27, 2018, 15:40:16 »
Danke, lieber Erich,

auch für den dich betreffenden Teil im Kommentar. Ich würde um dich trauern, aber gehe bestimmt als erster.

Ein Zitat? Ich sehe nur "Letzte Änderung..." und das lässt sich nicht beeinflussen oder? Die Kluft hat sich selbst überbrückt, aber nur für den Sterbenden und für so lange, bis er die Brücke überquert (diesen Weg genommen) hat.

LG gummibaum   

Erich Kykal

Re: Letzte Worte
« Antwort #3 am: Januar 27, 2018, 16:09:54 »
Hi Gum!

Manche haben dort eine Zitatzeile, so wie ich auch. Ich habe gar nicht gelesen, was bei dir dort stand.

Dass nach dem Text sofort diese Zeile kommt, ist ungewöhnlich. Normalerweise gibt es ein paar Zeilen Abstand, damit Text und Fußnote nicht so aneinanderkleben wie hier. Warum das hier anders ist, weiß ich nicht.

Mach ein paar Leerzeilen unter deinen Text, und wenn das Programm sie nicht einfügen will, setze in die letzte dieser Leerzeilen ganz hinten einen Punkt.



Du schreibst:

"Die Kluft hat ... überbrückt den Weg bereitet." Damit wird sie als aktiver Part genannt, obwohl sie ohne ihr Zutun überbrückt wurde. Die Kluft selbst war nie aktiv, mit dem Vorgang der Überbrückung - und damit der Wegbereitung - hat sie nichts zu tun, außer der Anlass dafür zu sein! Das einzige, was eine Kluft tut, ist - zu trennen, und selbst dafür muss sie nicht aktiv sein, sondern einfach nur da.

Korrekt wäre die Aussage: die Kluft wurde überbrückt, um den Weg zu bereiten.

LG, eKy

« Letzte Änderung: Januar 27, 2018, 16:11:49 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Curd Belesos

Re: Letzte Worte
« Antwort #4 am: Juni 18, 2018, 21:56:02 »
Ich bleibe, bis dein Atem ruht, Begleiter,
die Brücke aber finde ich noch nicht,
von dort an geh getrost alleine weiter,

Lieber gummibaum,

Das ist genau das, was ich schon oft fühlte; von dir in wunderbaren drei Zeilen verdichtet.

LG
von Curd aus Lübeck
Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch