Menschenfänger

[Agneta]

Was ist das, wenn dich jemand dominiert,
dich fast erstickt mit seinem bunten Tuch?
Was ist das, wenn die Seele, irritiert,
nicht antritt gegen dessen bösen Fluch,

der von dir lebt, des Bauch sich stetig rundet?
Denn unermüdlich ist sein täglich Werken,
der deiner Seele keinen Rest mehr stundet.
Und du sagst mir, du würdest nichts bemerken?

Du denkst, der Dominante brüllt und keift,
er macht dich nieder, droht mit seiner Axt?
Nein, mancher Dominante ist gereift,
sein Tonfall weich, als wäre er gewachst.

Scheint Helfer dir und will dich freundlich leiten
und doch wird er die Grenzen überschreiten.

*

Was ist das, dass du all das nicht verstehst,
den Dominanten lustvoll werken lässt?
Was ist das, dass du bleibst, nicht einfach gehst?
Er wob um dich ein kuschelweiches Nest,

war immer für dich da, weiß guten  Rat,
hat jede Menge Zeit und viel Geduld,
war immer schon Person der schnellen Tat.
Du denkst vielleicht, du wärst in seiner Schuld.

So macht er sich für dich schnell unentbehrlich
und beißt doch alle weg, die nah dir waren
und die, um dich besorgt, von Herzen ehrlich,
nicht an Kritik am Dominanten sparen.

Er frisst dich auf, er wird dich einverleiben.
Sein Fettwanst zeigt: Fast nichts wird von dir bleiben.

[Erich Kykal]

Hi Agneta!

Ich weiß nicht, ob du dich auf eine spezielle Person beziehst, aber dass sie einen Fettwanst hat, lässt dies eher vermuten.

Jedenfalls eine gut geschriebene Beschreibung und Anklage wider Beziehungsentmündiger aller Art. Meist ist Dominanz nur ein Ausdruck eigener Schwäche oder Verlustangst, die man mit der Beherrschung anderer kompensieren will.

Doppelsonett im englischen Stil - klasse! 

Sehr gern gelesen! 

LG, eKy

[Curd Belesos]

moin moin Agneta,

ein klassischer Gedanke, klassisch beschrieben.
Die Ausführung gefällt mir sehr, der Inhalt könnte die Vorgeschichte zu einem Gedicht sein, das ich in diesem Jahr bei Erich hören durfte, doch die Fassung wurde noch nicht veröffentlicht.
Eigentlich schade, denn in deinem Gedicht wird die Warnung ausgesprochen

Er frisst dich auf, er wird dich einverleiben. Sein Fettwanst zeigt: Fast nichts wird von dir bleiben.

und in dem, das uns vorgetragen wurde, hat der Protagonist Schluss gemacht mit der Zweisamkeit, bevor er sich völlig vereinnahmen ließ.

Ich beziehe es auf eine Ehe, in der ein Partner dominant ist um seine eigenen Schwächen zu kaschieren.

Mit Interesse und gerne gelesen 

LG
CB

[Agneta]

Lieber Erich,
der Fettwanst ist ein Bezug darauf, 1. Sonett:
"
der von dir lebt, des Bauch sich stetig rundet?"-

denn, der Dominate lebt quasi von der Existenz einer zu dominienden Person. Aus allerlei, aber auch aus den von dir genannten Gründen.
So bildet beide Sonette einen Gedankenkreis, der sich am Ende auch durch dasselbe Bild vom Anfang schließt.

Interessanterweise dachten viele Leser beim Dominanten zunächst an einen Mann.
Inspiriert aber wurde ich zu diesen Werken durch eine Frau, die sich jahrelang von ihrer Freundin dominieren ließ, sich dann von ihr trennte und wie man hört ist diese nun wieder da!
Das hat mich so schockiert, dass ich das Werk schrieb.

Die Basis jeder Dominanz ist Machtwillen und Verführung zu irgendetwas. Insofern ist es auch das Schema für Sekten, vielleicht sogar für alle Religionen, also den "menschlichen Teil " dieser. Wie man sieht, kann dies auch von einer Frau ausgehen.
Danke für das Klasse. Es freut mich aus deinem Munde wirklich.

Lieber Curd,

das ist ja interessant. Ja, man kann es auf viele Beziehungskonstellationen beziehen ( siehe meine Thesen zu Erich´).

Lieben Dank euch beiden und lG von Agneta