Autor Thema: Stilfrage - oder: warum ich lieber "verschwurbelt" schreibe  (Gelesen 1613 mal)

Erich Kykal

Man riet mir ernstlich, nüchterner zu schreiben,
zu schwülstig überladen sei mein Dichten,
zu negativ, beladen von Gewichten
der Inhalt, den die Zeilen übertreiben.

Ich solle bei moderner Sprache bleiben,
um offen klare Worte aufzuschlichten,
geradeaus wie Stämme hoher Fichten,
durch die man wandelt, ohne sich zu reiben.

Wie wäre Lyrik mir gefühlsbereinigt
und seelenloser, wenn ich dem willführe!
Wer wahre Schönheit mit Gemeinem steinigt,

erhebt den Leser nicht, verschließt die Türe
zu Klang und Tiefe, und sein Stammeln peinigt
des Lauschers Ohr mit humpelnder Allüre!
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Aspasia

  • Gast
Re: Stilfrage - oder: warum ich lieber "verschwurbelt" schreibe
« Antwort #1 am: Januar 02, 2017, 15:18:50 »
...
und seelenloser, wenn ich dem willführe!
Wer wahre Schönheit mit Gemeinem steinigt,
...

Klasse!

Na also, geht doch auch im Klartext  ;D.

Aspasia

Erich Kykal

Re: Stilfrage - oder: warum ich lieber "verschwurbelt" schreibe
« Antwort #2 am: Januar 02, 2017, 16:19:24 »
Hi Aspasia!

Ein satirisches Gedicht anlässlich einer kleinen Meinungsverschiedenheit in einem anderen Forum. Mit Augenzwinkern zu lesen.

Vielen Dank für das Lob!  :)


LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Günter

Re: Stilfrage - oder: warum ich lieber "verschwurbelt" schreibe
« Antwort #3 am: Januar 02, 2017, 16:40:56 »
Lieber Erich,
zunächst mal wünsche ich Dir Kraft und Ideen für das neue Jahr!
Ich glaube nicht, dass Du hier meinst, was Du schreibst. Satire? Sicher auch, aber mehr noch scheint es mit ein Herzensanliegen zu sein, dem Lesen Deine Seelenausflüsse mitzuteilen und das ganz unverfälscht.
Ich kann Deine Worten vollumfänglich zustimmen.
Sehr gern gelesen!
Herzlichst Günter

Erich Kykal

Re: Stilfrage - oder: warum ich lieber "verschwurbelt" schreibe
« Antwort #4 am: Januar 02, 2017, 18:02:40 »
Hi Günter!

Sorry, missverständlich formuliert. Der Anlass zu dem Gedicht war satirisch motiviert, der Inhalt spiegelt meinen lyrischen Geschmack wider.

Auch dir ein schönes und gutes Jahr 2017!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Stilfrage - oder: warum ich lieber "verschwurbelt" schreibe
« Antwort #5 am: Januar 05, 2017, 13:18:13 »
Lieber Erich,

recht so!
Daß Du dem Massengeschmack, "modern"
zu schreiben, nicht willfahrst, bleibt eine Konstante in der lyrischen Dichtung - zu unser aller Wohlfgefallen!

S2V2: soll es nicht heißen, aufzuschichten?
Zu S3V2 diesen Link:

http://conjd.cactus2000.de/showverb.php?verb=willfahren


Ganz lieben Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Stilfrage - oder: warum ich lieber "verschwurbelt" schreibe
« Antwort #6 am: Januar 05, 2017, 16:58:59 »
Hi Cypi!

Bei uns in Österreich wird Holz geschlichtet/aufgeschlichtet. Dein Wort ist nicht falsch - ich denke darüber nach.

Bei "willführe" bin ich vom Wortteil "fahren" ausgegangen, dessen Konjunktiv "führe" lautet. Ehrlich gesagt, ich finde die "korrekte" Form "willfahre" zu undeutlich, da sie mit Präsens Indikativ übereinstimmt, und die 2. Form "willfahrte" ist selten grottenhäßlich und unlyrisch!

Sei mir nicht barsch, wenn ich bei meiner "falschen" Form bleibe - da weiß man wenigstens, dass ein Konjunktiv gemeint ist!  ::)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Curd Belesos

Re: Stilfrage - oder: warum ich lieber "verschwurbelt" schreibe
« Antwort #7 am: Januar 18, 2017, 13:48:17 »
Sei mir nicht barsch, wenn ich bei meiner "falschen" Form bleibe - da weiß man wenigstens, dass ein Konjunktiv gemeint ist!  ::)

Erich, das ist köstlich, wie auch dein Gedicht  8)

LG
CB
Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch

Erich Kykal

Re: Stilfrage - oder: warum ich lieber "verschwurbelt" schreibe
« Antwort #8 am: Januar 18, 2017, 14:16:06 »
Hi Curd!

Vielen Dank für die moralische Unterstützung! Im "andern" Forum gab's wieder mal einen Diskurs bezüglich Sprachhabung gestern und heute, und was das Gebot der Stunde sein sollte. Ich sage: Wer die Schönheit in meinen Versen nicht sehen kann, ja wer selbst in Rilke nur einen unnötig komplex schreibenden verstaubten Monarchisten und Kitschromantiker sehen kann, den kann ich nicht allen Ernstes als Poet bezeichnen, der ist für mich bloß - Dichter.  ;D ;) >:D

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Stilfrage - oder: warum ich lieber "verschwurbelt" schreibe
« Antwort #9 am: Januar 18, 2017, 15:01:03 »
Hi Cypi!

Bei uns in Österreich wird Holz geschlichtet/aufgeschlichtet. Dein Wort ist nicht falsch - ich denke darüber nach.

Bei "willführe" bin ich vom Wortteil "fahren" ausgegangen, dessen Konjunktiv "führe" lautet. Ehrlich gesagt, ich finde die "korrekte" Form "willfahre" zu undeutlich, da sie mit Präsens Indikativ übereinstimmt, und die 2. Form "willfahrte" ist selten grottenhäßlich und unlyrisch!

Sei mir nicht barsch, wenn ich bei meiner "falschen" Form bleibe - da weiß man wenigstens, dass ein Konjunktiv gemeint ist!  ::)

LG, eKy

Alles ist Dir erlaubt, sofern es den guten Geschmack nicht beleidigt.

Ganz liebe Grüße
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte