Autor Thema: Affekt  (Gelesen 893 mal)

gummibaum

Affekt
« am: Juli 02, 2016, 14:40:52 »
Das Mädchen, das ich heim geleite,
ist meiner Sorge anvertraut.
Ich rede sprudelnd, starr ins Weite.
Zu nah ist ihre sanfte Haut.

Was hilft es, dass ich schneller schreite?
In meiner Schläfen klopft das Blut.
Mein Denken stolpert, und zur Seite,
zu ihr hin, fliegt ein Blick der Glut.

Doch ist ihr Blick ganz frei von Tadel.
Ein Lächeln nimmt die Glut in Kauf.
Mein Widerstand, wie auf die Nadel
gespießt, gibt alle Hoffnung auf.

Die Tugend fällt, es siegt das Laster.
Ich packe sie in Schmerz und Gier -
Dann liegt sie auf dem Straßenpflaster
und ich im Kusse über ihr.

Passanten, die vorübereilen,
sind amüsiert. Man hält nicht an,
so dass ich selig erst verweilen…
und mich dann rasch erheben kann.

Auch sie steht auf, zerknautscht, gerötet.
Zerrissen fühle ich das Band.
Ach, hätte sie mich doch getötet!
Doch zärtlich nimmt sie meine Hand…

Curd Belesos

Re: Affekt
« Antwort #1 am: Juli 02, 2016, 22:20:08 »
moin moin gum,

ich scheue mich es zu kommentieren.

nachdenklich grüßt

Curd.
Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch

Erich Kykal

Re: Affekt
« Antwort #2 am: Juli 02, 2016, 23:18:24 »
Hi Gum!

Auch ich stehe unentschlossen vor diesem Text, der es irgendwie so aussehen lässt, als würde die positive Reaktion des Mädchens auf die Tat diese selbst irgendwie nachträglich relativieren. Abgesehen davon, dass solch eine Reaktion des Opfers - zumindest nach den im Gedicht beschriebenen Aktionen - relativ unwahrscheinlich wäre, scheint mir die Aussage des Werks letztlich bei aller bemüht sachlichen Beschreibung des Geschehens doch dahin zu tendieren, dass man als Mann nur mutig und unverschämt genug zur Tat schreiten, sprich die Beherrschung verlieren muss, um letztlich mit einer geneigten und sich willig unterordnenden Weiblichkeit belohnt zu werden. Ich halte das - wenn auch nicht mit Absicht so kolportiert - für die falsche Botschaft.
Obendrein macht das eingangs erwähnte Schutzbefohlenenverhältnis die Tat des LyrIch ohnehin zu einem absoluten moralischen Nogo - das klingt schon nach Kinderschändung ...
Umso mutiger vom Autor, hier die Ich-Perspektive einzunehmen, sodass man im schlimmsten Falle den Inhalt als autobiographisch auslegen könnte!

Ein paar erklärende Worte wären hier nicht von Übel: Wie ist das alles letztlich gemeint?

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Affekt
« Antwort #3 am: Juli 02, 2016, 23:55:13 »
Hallo Curd und Erich,

verständliche Reaktion auf eurer Seite. Ich plündere manchmal Träume. Sträfliches wird darin durch ein gückliches Ende möglich. (Im übrigen habe ich einmal ein Mädchen, das mit mir tanzte, ungefähr so auf der Tanzfläche geworfen, und sie war entrüstet und begeistert.) 

LG gummibaum

« Letzte Änderung: Juli 03, 2016, 00:45:06 von gummibaum »