Autor Thema: Dem Vater  (Gelesen 1117 mal)

gummibaum

Dem Vater
« am: Mai 28, 2016, 21:43:07 »
Die Erde nun mein kühles Hemd,
die Wurzeln meine Adern,
und keine Angst mehr, die beklemmt.
Was sollte ich noch hadern?

Und doch lässt mir ein letztes Leid
die Knochen schwerer bleichen:
Ich konnte nie zu unsrer Zeit
dein hartes Herz erreichen...

Erich Kykal

Re: Dem Vater
« Antwort #1 am: Mai 28, 2016, 21:48:46 »
Hi Gum!

Außergewöhnlich gut! Rund und perfekt fließend den Inhalt wie die eigene Melodie tragend erscheint deine lyrische Sprache hier wie aus einem Guss!

Nur dies: Mit wem spricht der tote Vater? Mit Frau oder Sohn?

Allergernst gelesen! (Schwelg!) :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Dem Vater
« Antwort #2 am: Mai 28, 2016, 22:42:17 »
Der Sohn spricht und widmet es "Dem Vater".

Erich Kykal

Re: Dem Vater
« Antwort #3 am: Mai 28, 2016, 23:57:48 »
Hi Gum!

Der tote Vater spricht also mit dem Sohn, welcher mit dem Autor identisch ist.

Der Aussage in S2 nach wäre es also der Sohn, der so hartherzig gewesen ist, dass der Vater ihn emotional nicht erreichen konnte. Du klagst dich mit diesen Zeilen also quasi selbst an. Verstehe ich das richtig?

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Dem Vater
« Antwort #4 am: Mai 29, 2016, 09:26:55 »
Nein, der tote Sohn spricht zum Vater. Nimm Franz Kafka als Beispiel. Er litt darunter, den Vater mit seinen Ambitionen nie erreichen zu können. Der Vater empfand den Sohn als Versager und als peinlich. Franz starb auch vor dem Vater.

Ich fragte meinen Sohn, was sein Studium mache und fügte an, er gönne sich ja wohl eine Pause. Das war eigentlich verständnisvoll gemeint. Er warf mir vor, ich rede wieder Unsinn. Er habe sich nie eine Pause gegönnt, nur ich habe seit seinen ersten Schultagen in diese Kerbe geschlagen und die Schule und nun das Studium über alles gestellt.
« Letzte Änderung: Mai 29, 2016, 09:41:20 von gummibaum »

Erich Kykal

Re: Dem Vater
« Antwort #5 am: Mai 29, 2016, 10:13:25 »
Hi, Gum!

Ach so, das LyrIch des Sohnes ist tot, nicht der Vater! Da dies die "unnatürlichere" Variante ist, kommt man nicht gleich drauf! Man interpretiert wie selbstverständlich den Vater in die modernden Knochen in der Erde - deshalb ist es so verwirrend.
Du solltest das irgendwie deutlich machen, zB im Titel "Dem (über?)lebenden Vater" schreiben, oder eine klärende Einleitung vorwegschicken.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Dem Vater
« Antwort #6 am: Juni 13, 2016, 17:56:27 »
ein tief berührendes Gedicht, lieber Gum über eine Vater-Sohn-Beziehung, die wohl problematisch war.
Ich verstehe es so, dass der Vater gestorben ist und der Sohn nun zu ihm redet.
Mit dem Tode des Vaters ist auch der Druck und das Prolem verschwunden, dennoch liebt er den Vater ja, und betrauert seinen Tod.
Und er betrauert auch die Tatsache,dass da nun  nichts mehr zu ändern ist, er dem Vater  nichts mehr klar machen kann.
Sowas kommt wohl gar nicht so selten vor, dass Väter ihre Söhne in einem Licht sehen, wie sie sie gerne haben möchten und die Beziehung daran scheitert, dass der Sohn die Erwartungen nicht erfüllen kann oder will. Der Sohn übernimmt die Firma nicht, den Hof nicht, sondern wird Künstler oder
geht ins Ausland. Der spritliche Vater hat einen Sohn, der einen Sesseljunkie ist ect. ect.
Mütter können das vielleicht besser akzeptieren, weil sie in dem Sohn immer hzuerst das Kind sehene. Väter sehen möglicherweise zu früh in dem Kind einen Mann, wo noch keiner ist. :)
Sehr gerne gelesen  it lG von Agneta

cyparis

Re: Dem Vater
« Antwort #7 am: Juni 13, 2016, 20:36:10 »
Die Erde: nun mein kühles Hemd,
die Wurzeln: meine Adern,
und keine Angst mehr, die beklemmt.
Warum sollt ich noch hadern?

Und doch lässt mir ein letztes Leid
die Knochen schwerer bleichen:
Ich konnte nie zu unsrer Zeit
dein hartes Herz erreichen...


Lieber gummibaum,

meine Modifizierung ist rein subjektiv.
Der Inhalt Deines Gedichts verursacht (bei mir) Trübsinn.
Es gibt immer wieder die zwei Worte "zu spät" und "vergebens".

Mir bleiben vor unseren Gräbern zum Glück tröstliche Gedanken.

Was sollss:
Wieder ein Gedicht, das unter die Haut geht.
Und draußen flötet die Amsel, die davon nichts weiß.


Wehmütigen Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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