Autor Thema: Käferlein  (Gelesen 1331 mal)

Erich Kykal

Käferlein
« am: August 06, 2015, 11:32:14 »
Ich seh ein Käferlein auf einem Blatte
um Gleichgewicht sich mühen und um Halt,
in unermüdlich winziger Gestalt
bewahren wollend, was es einmal hatte.

Und wie das Käferlein auf seinem Blatte
sich ewig strauchelnd in die Höhe krallt
ist auch der Mensch in seiner Allgewalt,
der Unterwerfer und der Nimmersatte,

ein wirres Tierchen bloß, das vage tastet,
was ihm ein sicheres Geleit verspricht,
und mancher Schritt ist jäh und überhastet.

Doch weiß ich darum ihn geringer nicht,
denn wie sein Zerren auch das Blatt belastet,
verleiht er ihm doch Regung und Gewicht.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Käferlein
« Antwort #1 am: August 07, 2015, 16:32:51 »
Da schleich ich schon seit Stunden drumrum -
muß noch ein wenig rätseln.

Pro captu lectoris habent sua fata libelli


und die vieldeutigen Blätter ebenfalls.

Erhitzten Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Käferlein
« Antwort #2 am: August 07, 2015, 17:49:42 »
Hi, Cypi!

Ich weiß nicht, was an diesem simplen Gleichnis unverständlich sein kann - ich vergleiche das Sichmühen des Menschen mit dem hangelnden Gekrabbel eines tumben Insekts. Bloß der Maßstab ist ein anderer, und das Rechtfertigungslametta intelligenter Versager konterkariert meist die stoische Simplizität des Käfers - aber sonst ...  ::)

Vielen Dank für's Wahrnehmen! :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Käferlein
« Antwort #3 am: August 08, 2015, 09:43:38 »
Hallo Erich,

das Gedicht ist super. Ein kleine Beobachtung, von innerer Beteiligung begleitet, wird als ein Bild auf uns übertragen und philosophisch in die Tiefe gedacht. Unbedeutendheit und Bedeutung spiegeln sich ineinander.

Sprachlich etwas gewagt ist eine Stelle, denn ich würde von mir nicht sagen: ich bin unermüdlich winzig (auch wenn beides für sich zutrifft).

LG gummibaum
   

cyparis

Re: Käferlein
« Antwort #4 am: August 08, 2015, 12:29:07 »
Leider komm ich immer noch nicht klar damit, lieber Erich, weil ich zwischen dem instinktiven Krabbeln des Käfers und dem Streben des Menschen nach Höhe einfach keinen Bezug herstellen kann.

Nicht grollen!


Lieben Samstagsgruß
von
Cyparis
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Erich Kykal

Re: Käferlein
« Antwort #5 am: August 08, 2015, 14:44:57 »
Hi, Gum!

Vielen Dank für die freundlichen Worte! (Detail am Rande: Ich denke, der von dir genutzte Begriff lautet korrekt "Unbedeutenheit" - das "d" wird gestrichen.)

Hi, Cypi!

Vielleicht hast du ein allzu edles Menschenbild. Der Käfer verhält sich aus SEINER Sicht im Rahmen seiner kognitiven Grenzen durchaus vernünftig und geschickt. Dem Menschen ergeht es wahrscheinlich ähnlich in seinem Streben, betrachtet man es aus dem Winkel einer übergeordneten Intelligenz, deren Abstand zu uns ungefahr genauso groß ist wie jener zwischen uns und dem beschriebenen Insekt. ;)

LG, eKy
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cyparis

Re: Käferlein
« Antwort #6 am: August 08, 2015, 14:58:46 »
Deine Erklärung macht mich noch niedergeschlagener, als ich es ohnehin bin.

Ich möchte nicht den den menschlichen Intellekt auf eine reine kognitive Ebene des Käfers herabgeführt - also auf  einer Ebene sehen.
Umgekehrt ("Samsa") kommt es mir vorstellbarer vor.
Ganz abgesehen davon, daß ich nur von sehr wenigen Menschen ein edles Bild habe.


Lieben Gruß
von
Cypi




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a.c.larin

Re: Käferlein
« Antwort #7 am: August 23, 2015, 18:18:55 »
Hallo Erich,

ich kann die Käfergeschichte ganz gut nachvollziehen.
Blickwinkel sind ja relativ.
Gerade ist auf dem Blatt Papier vor mit ein winziges, krabbeliges Etwas marschiert. ( Ich hätte eine Lupe gebraucht, um mehr davon zu erkennen). Wenn ich also jetzt Lust gehabt hätte, das winzige Dingens zu zerquetschen, so wäre das aus Sicht des Mini- Insekts ein "Schicksalsschlag" gewesen. ( Denn aufgrund seiner Zweidimensionalität bin ich jenseits seines Erfahrungs-, bzw Erlebnishorizontes).

Wenn man sich das weiter überlegt, so ist leicht vorstellbar, das das Treiben der menschlichen Spezies ( aus der nötigen Entfernung auch nichts anderes ist als "Käfergekrabbel"). Dazu würde es lediglich einen entsprechend großen Beobachter brauchen. Und wenn der dann Lust hätte, uns zu zerquetschen.

Nein, stopp, da denk ich jetzt mal nicht mehr weiter.....

Also, ich finde den Vergleich in deinem Gedicht ganz logisch.
Wir Menschlein wuseln doch auch rum auf dem Erdenball!

lg, larin

Erich Kykal

Re: Käferlein
« Antwort #8 am: August 23, 2015, 18:35:00 »
Hi, larin!

Vielen Dank für deine Gedanken! :) Ich sehe, du bist gut daheim angekommen! :)

LG, eKy
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Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

a.c.larin

Re: Käferlein
« Antwort #9 am: August 23, 2015, 18:52:10 »
hi erich,

ja danke, es hat alles gut geklappt.

autobahnen sehen übrigens von oben auch nicht viel anders aus als ameisenstraßen. und staus gibts dort wie da! ( ich durfte übrigens da unterwegs sein, wos grade mal nicht staute, ein glück!)

lg, larin

gummibaum

Re: Käferlein
« Antwort #10 am: August 24, 2015, 11:25:59 »
Gruß an den kleinen und an den großen Käfer.

LG gummibaum


Letreo71

Re: Käferlein
« Antwort #11 am: August 25, 2015, 20:30:00 »
Hallo Erich,

ich mag Deine kleine Beobachtung sehr.
Mein Sohn und ich beobachten sehr häufig kleine Insekten, am meisten erstaunen uns da die Ameisen.

Lieben Gruß

Letreo

Erich Kykal

Re: Käferlein
« Antwort #12 am: August 26, 2015, 01:28:18 »
Hi, Gum und letreo!

Vielen Dank für's Reinschauen und was Dalassen! ;) :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
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