Autor Thema: Ungereimtheiten  (Gelesen 2100 mal)

Erich Kykal

Ungereimtheiten
« am: April 06, 2015, 19:51:36 »
Ich frage mich, worin liegt wohl das Glühen
in Versen, die kein Klingendes verbindet,
kein Reim, der sich den Worten schmiegend
ein Schloss im Himmlischen des Lesers fügt!?

Wo liegt die Kunst in bloß gereihten Sätzen,
gleich welcher Art ihr Dichberühren sei,
wenn nichts sie hält in einer klaren Ordnung
mit zartem Gleichklang, wo sie haltlos enden?

Ein nackter Rahmen nur für kalte Bilder,
entkleidet allem, was ein Fühlen bindet,
so ist die Form, die keine Reime runden.

Nur ein Skelett ist sie, bar ihres Fleisches,
und tanzt den Sinnen, ein Lebendiges
vorgaukelnd, klappernd ihre Strophen vor.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Letreo71

Re:Ungereimtheiten
« Antwort #1 am: April 06, 2015, 22:05:07 »
Mir wird es wahrscheinlich niemals gelingen
ungereimtes, formvollendet zu erlangen,
ich müsste weit über meinen Schatten springen,
denn ich bin in Reimen eher gefangen.

Ich habe allerdings nix gegen die freie Form,
soll doch Jeder so schreiben wie er will,
ganz im Gegenteil, ich finds enorm
und deshalb halt ich lieber die Füße still.

Hallo eKy,

ich finde es immer beeindruckend, wenn ich etwas lese und hinterher feststelle, dass es sich gar nicht reimt.
Nicht immer gelingt das, aber wenn, dann find ich's klasse. ;)

LG Letreo

cyparis

Re: Ungereimtheiten
« Antwort #2 am: April 07, 2015, 08:03:55 »
Lieber Erich Kykal -

dies ist der treffende Beweis dafür, daß auch Ungereimtes wunderschön einherkommen kann.
Und doch, und doch:
Die wahre Vollendung liegt im Reim.

Du hast mich wieder einmal bereichert!

Dafür danke ich Dir mit liebem Gruß!

Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Ungereimtheiten
« Antwort #3 am: April 07, 2015, 10:27:16 »
Hi, Letreo, Cypi!

Schon andernorts wurde auf die Widersprüchlichkeit von Form und Inhalt hingewiesen, denn offenbar mache ich es sogar dann noch einfach zu gut, wenn ich eigentlich ein Negativbeispiel liefern möchte! (Grummel!) ::)

Dort hatte ich dies als bloßen Kommentar zu einem ungereimten Gedicht in Sonettform geschrieben, aber der Schuss ging wohl eher nach hinten los! Dennoch bleibe ich natürlich auch fürderhin meinen geliebten Reimen treu! ;D

Vielen Dank für euren Zuspruch! :)

LG, eKy

PS: Toll, der "roll-eye smiley" funktioniert endlich! Könnte man da nicht noch ein paar andere beifügen? ZB "Kopfkratz", "Achselzuck", "rant"???

Tolle Arbeit übrigens - der neue Look gefällt mir sehr - farblich homogener und angenehm für's Auge! Meinen aufrichtigen Dank dem fleißigen Bienchen!
« Letzte Änderung: April 07, 2015, 10:31:27 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Ungereimtheiten
« Antwort #4 am: April 07, 2015, 15:48:25 »
Hi, Letreo, Cypi!


PS: Toll, der "roll-eye smiley" funktioniert endlich! Könnte man da nicht noch ein paar andere beifügen? ZB "Kopfkratz", "Achselzuck", "rant"???


Ich frage gern den Fachmann!
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Meishere

  • Gast
Re: Ungereimtheiten
« Antwort #5 am: April 07, 2015, 18:48:02 »
PS: Toll, der "roll-eye smiley" funktioniert endlich! Könnte man da nicht noch ein paar andere beifügen? ZB "Kopfkratz", "Achselzuck", "rant"???

Tolle Arbeit übrigens - der neue Look gefällt mir sehr - farblich homogener und angenehm für's Auge! Meinen aufrichtigen Dank dem fleißigen Bienchen!

Lieber eKy,
ich habe das gerade durch Zufall gesehen und bin so frech.. :p
Glück gehabt, dass ich deinen Dank gesehen habt. Du hättest ihn aber auch direkt an mich richten können :P
Jedenfalls hab ich ja jetzt ein paar Smileys mehr dazugepackt, aber da wusste ich nicht, wie deine konkreten Ideen aussehen.
Wenn die neuen dir nicht reichen, dann werd ich mal sehen was sich machen lässt ;)


Nun gut.. Jetzt muss ich wohl auch noch was zu dem Gedicht sagen  8)
Was das Sprachliche und die Form angeht schließe ich mich gern den andren beiden an.

Aber mit dem Inhalt kann ich mich nicht wirklich anfreunden.
Ich denke, da hat vielleicht jeder sein eigenes Empfinden und ich gehöre wohl zu der sehr liberalen Sorte, die sowieso gerne mal in einem "Möchtegern"-Kunstwerk solange suchen, bis sie etwas besonders herausragendes gefunden haben ;D
Aber keine Sorge, das mach ich nicht immer so, nur so har wie du es beschreibst sehe ich es nicht!

In diesem Sinne,
LG,
Meishere

Erich Kykal

Re: Ungereimtheiten
« Antwort #6 am: April 07, 2015, 21:29:15 »
Hi, Mei!

Tolle Smileys, auch wenn ich keine Ahnung habe, wozu man einen Afro-Smiley  O0 wohl gebrauchen könnte! ???

Den Achselzuck- und den Kopfkratzsmiley kenne ich von "gedichte-eiland.de", wo ich sie gern und vielseitig einsetze.

Was bedeutet dieser hier:  ^-^ Steht nur "Azn" dabei, wenn man ihn anklickt. Achselzucken? Mal sehen ...


Von wegen Gedicht:

Jedem sei seine Lyrik gegönnt. Ich gebe ja auch gern zu, dass ein EIN PAAR reimlose Gedichte gibt, die mir gefallen haben - vor allem wenn sie ähnlich dem obigen sind.
Was ich absolut nicht verknusen kann, sind onomatopoetische Gedichte á la Jandl oder zusammenhanglos aus dem Unterbewussten Abgetropftes. Derlei als "Lyrik" zu bezeichnen, erscheint mir wie eine Entweihung all dessen, was ich darunter verstehe.
Es geht mir dabei tatsächlich nur um die Nomenklatur. Würde man solche "Experimente" als Strukturprosa, Sprachbasteln oder Sprachabstraktion bezeichnen, hätte ich kein Problem - ich muss es ja nicht lesen. Mich nervt einfach nur, dass solch ein Blabla sich als lyrische Kunst bezeichnen darf, bzw., dass es von den meisten "Fachleuten" einfach mit darunter gereiht wird, mit dem simplifizierenden Argument, sie würden eben den Begriff an sich "weiter fassen"! Damit hab ich nix am Hut!
Lyrik ist für mich die edle gefühlsbetonte Wortkunst, schöne Sprache, Wohlklang, Harmonie, verbunden mit klarer oder zumindest erkennbarer Aussage - und eben MIT Gleichklang, sprich Reim.
Das geht so weit, dass ich selbst jene Werke meines Lieblings Rilke, die sich nicht reimen, nicht lese! Okay - einmal, um zu wissen, wovon die Rede ist, aber das war's dann auch. War übrigens genauso unerquicklich, wie ich es mir vorgestellt hatte! Ich kann den Duineser Elegien, die von vielen umjubelt und unter seine Hauptwerke gereiht werden, absolut nichts abgewinnen, einfach allein schon deshalb, weil mir die Reime fehlen!

Letztlich möchte ich niemanden mit meinem Spleen auf den Schlips treten - die obige Aussage gilt vor allem für mich selbst. ;) ;D

Vielen Dank für deine freundlichen Zeilen! Und nochmals, ganz persönlich an dich gerichtet: Vielen Dank für die gute Arbeit am "neuen" Forum! :)

LG, eKy
« Letzte Änderung: April 07, 2015, 22:57:21 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Ungereimtheiten
« Antwort #7 am: April 07, 2015, 22:37:26 »



Von wegen Gedicht:

Jedem sei seine Lyrik gegönnt. Ich gebe ja auch gern zu, dass ein EIN PAAR reimlose Gedichte gibt, die mir gefallen haben - vor allem wenn sie ähnlich dem obigen sind.
Was ich absolut nicht verknusen kann, sind onomatopoetische Gedichte á la Jandl oder zusammenhanglos aus dem Unterbewussten Abgetropftes. Derlei als "Lyrik" zu bezeichnen, erscheint mir wie eine Entweihung all dessen, was ich darunter verstehe.
Es geht mir dabei tatsächlich nur um die Nomenklatur. Würde man solche "Experimente" als Strukturprosa, Sprachbasteln oder Sprachabstraktion bezeichnen, hätte ich kein Problem - ich muss es ja nicht lesen. Mich nervt einfach nur, dass solch ein Blabla sich als lyrische Kunst bezeichnen darf, bzw., dass es von des meisten "Fachleuten" einfach mit darunter gereiht wird, mit dem simplifizierenden Argument, sie würden eben den Begriff an sich weiter fassen! Damit hab ich nix am Hut!
Lyrik ist für mich die edle gefühlsbetonte Wortkunst, schöne Sprache, Wohlklang, Harmonie, verbunden mit klarer oder zumindest erkennbarer Aussage - und eben MIT Gleichklang, sprich Reim.
Das geht so weit, dass ich selbst jene Werke meines Lieblings Rilke, die sich nicht reimen, nicht lese! Okay - einmal, um zu wissen, wovon die Rede ist, aber das war's dann auch. War übrigens genauso unerquicklich, wie ich es mir vorgestellt hatte! Ich kann den Duineser Elegien, die von vielen umjubelt und unter seine Hauptwerke gereiht werden, absolut nichts abgewinnen, einfach allein schon deshalb, weil mir die Reime fehlen!

LG, eKy

Dreimal "Bravo!!!" :-*
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Meishere

  • Gast
Re: Ungereimtheiten
« Antwort #8 am: April 07, 2015, 23:15:37 »
Ah, lieber eKy, so kann ich mich dann deiner Aussage doch etwas mehr anschließen!

Allerdings muss ich zugeben, dass für mich oft die Grenzen doch auch ganz schön verschwimmen.
Und wenn ich in einem Gedicht, auch wenn es Lautmalerisch ist (Jandl ist eigentlich ein guts Beispiel), einen Rhythmus, geradezu eine Melodie erkenne, dann ist es für mich lyrische Kunst.
Alledings bin ich ja auch mit all den Experimenten (die vor allem in den letzten Jahren immer weiter Verbreitung finden) aufgewachsen und habe auch bisher weniger Zeit gehabt mir ein wirklich umfassendes Bild zu machen.

Aber ich sage auch immer, dass manchmal diese Kontroversen das sind, was die Kunst am Leben erhält  :)

Und deswegen, da gehe ich zu 100% mit, sollte niemand jemand anderem mit seinem "Spleen auf den Schlips treten" wollen!
Man sollte sich selbst eine Meinung bilden können und auch Begründungen haben, aber absolute Wahrheiten gibt es wohl nicht, denke ich.

Gerade deswegen gefällt mir dein Gedicht sehr gut. Auch wenn es unfreiwillig dazu geworden ist  :P

Darauf einen Afro!  O0
(Diese Smileys sind alle schon in der Forensoftware drin, nur waren sie "versteckt" und jetzt habe ich mal alle "freigeschaltet". Also habe ich ehrlich gesagt auch keine Ahnung, warum man die brauchen könnte ;D Ich werde mal schauen, ob ich noch andere Smileys auftreiben kann oder selbst erstellen.)

LG und nocheinmal persönlich Danke,
Meishere

gummibaum

Re: Ungereimtheiten
« Antwort #9 am: April 10, 2015, 18:51:56 »
Auch so sehr schön. Aber, was gezeigt werden sollte: die Musik ist schwächer. Natürlich bekommt ohne regelmäßige Rhythmik und Reim wie in der Prosa auch das Einzelwort viel höheres Gewicht und so werden ja häufig in der modernen Lyrik Wortschöpfungen geradezu provoziert.

Ich frage mich, worin liegt wohl das Glühen
in Versen, die kein Klingendes verbindet,
kein Reim, in den die hohe Wortkunst mündet,
umschließend eint. Was lässt den Leser sprühen?  ;D

Erich Kykal

Re: Ungereimtheiten
« Antwort #10 am: April 11, 2015, 12:11:15 »
Hi, Gum!

Ein probates Argument der reimlosen Fraktion ist ja, dass der Reim eher zu sehr vom Inhalt und der Sprachkunst, mit der er kolportiert wird, ablenkt - nur ohne Reime konzentriere man sich wirklich auf das zu vermittelnde Gefühl, tauche man tief in die Nuancen der Sprache ein.

Ich kann dem nur sehr bedingt beipflichten. Vielleicht ist es eine Sache des jeweils vorhandenen Verarbeitungsvolumens im Sprachzentrum des Gehirns, wenn manche von Reimen schon allzu sehr abgelenkt sind??? ;) ;D ::) (Oh, das war böse von mir ...)

Vielen Dank für die gekonnte Variation der ersten Stophe! :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Curd Belesos

Re: Ungereimtheiten
« Antwort #11 am: April 14, 2015, 12:31:11 »
moin moin Erich,

wieder ein "Aufschrei" von dir, aber gekonnt in Szene gesetzt  ;)

Doch:

Nur ein Skelett ist sie, bar ihres Fleisches,
und tanzt den Sinnen, ein Lebendiges
vorgaukelnd, klappernd ihre Strophen vor.


ich würde das Komma nicht hinter Sinnen setzen, sondern hinter tanzt.

Nur ein Skelett ist sie und tanzt, ein Lebendiges vorgaukelnd, klappernd ihre Strophen vor.

LG
CB
Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch

Erich Kykal

Re: Ungereimtheiten
« Antwort #12 am: April 14, 2015, 19:35:44 »
Hi, Curd!

Ich verstehe deine Intention, aber ich wollte ja aussagen, dass die Form (=das Skelett) den Sinnen klappernd ihre Strophen vortanzt.

Bei deinem letzten Satz fehlt das "den Sinnen" ganz, was leider zu einer metrischen Unwucht führen würde.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Curd Belesos

Re: Ungereimtheiten
« Antwort #13 am: April 14, 2015, 22:58:37 »
moin moin Erich,

es sollte wie folgt sein  :-\

Nur ein Skelett ist sie und tanzt, den Sinnen ein Lebendiges vorgaukelnd, klappernd ihre Strophen vor.

Ich finde die Aussage nämlich sehr gut gelungen und überaus passend im Bezug auf : zusammenhanglos aus dem Unterbewussten Abgetropftes >:D

LG
CB
Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch