Lieber gummibaum,
sehr schöne und tiefgründige Zeilen!
Möglicherweise, weil ein Vogel darin vorkommt, vor allem aber wegen des Zaubers, der dem Augenblick innewohnt, und auch der ungewissen Zukunft wegen fühle ich mich an die "Terzinen über die Liebe" von Bertolt Brecht erinnert.
Uns war, als ob ein Vogel rief
Von einer Insel, rief er uns?
...
Rief er aus uns? Oh, wir bewegen
uns in den Ringen, die sich schneiden
ins Ungewisse.
Diese mystischen Zeilen gefallen mir am besten.
Hier noch ein paar Vorschläge:
Der See lag unberührt. Er schlief.
(Zwei kurze Sätze würde ich besser finden.)
Uns war, als ob ein Vogel rief
Von einer Insel. Rief er uns?
(Auch hier fände ich zwei kurze Sätze besser. Der Moment des Nachsinnens würde stärker betont.)
Wir zogen unsre Kleider aus,
Wir gingen an den See hinaus
und schwammen ihm entgegen.
Rief er aus uns? Oh, wir bewegen
("Rief er aus uns" finde ich nicht so schön. Aber das geht ja nicht anders.)
uns in den Kreisen, die sich schneiden,
(Hier muss unbedingt ein Komma hin, denn das Schneiden bezieht sich auf die "Ringe". Ansonsten könnte der Eindruck entstehen, dass die Ringe sich ins Ungewisse bewegen und nicht die beiden Menschen. "Kreise" gefiele mir persönlich besser als "Ringe", weil es philosophischer klingt.)
ins Ungewisse. Zu der Insel aus uns beiden.
"Zu der Insel aus uns beiden" - dieser Schluss gefällt mir sehr gut!
Aber: Würde die gemeinsame Insel den beiden nicht eher Geborgenheit und Gewissheit bieten als Ungewissheit?
Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny