Autor Thema: Heile, schöne Welt  (Gelesen 858 mal)

Ingo Baumgartner

Heile, schöne Welt
« am: Juli 19, 2014, 11:23:15 »


Aleppo sinkt in Schutt und Asche,
Raketen töten Passagiere.
Was kostet diese Perlentasche?
Sie passt zum Festkleid für Walküre.

Ein Schälchen Reis reicht nicht für viele,
die Rippen zeigen sich in Bögen.
Wie der Opale Lichterspiele
im Handelspreis wohl liegen mögen?

Die arbeitsscheuen Bettler zwingen
das Auge Schönerem zu leihen.
Am Amazonas lichten Klingen
den Widerstand der letzten Freien.

Ich hab mir meine Butterbrote
in Redlichkeit verdient, was scheren
mich dort im Osten tausend Tote
und Frauen, die im Schmutz gebären?

Monsanto, ich und andre legen
die Latte höher für die Schwachen.
Wir sind es, die die Welt bewegen,
so sehr, dass schon die Balken krachen.







Erich Kykal

Re:Heile, schöne Welt
« Antwort #1 am: Juli 19, 2014, 12:48:05 »
Hi, Ingo!

Wie wahr! Und dennoch: Ohne moderne Medien wüssten wir vom Allermeisten nichts. Was uns zu der Frage führt: Warum interessiert es uns dann, zumindest genug, dass derlei gezeigt wird, denn wenn die Einschaltquote nicht stimmen würde, hätten wir sicherlich ganz andere "Nachrichten"! Ist es die morbide Faszination am Leid anderer, oder die Erleichterung darüber, dass man selbst unangetastet blieb von schlimmem Geschick? Nur der reinen Gier nach negativen Neuigkeiten allein kann all dies jedenfalls nicht geschuldet sein.

Und trotz alledem: Der Betrachter all dessen kann nicht die ganze Welt retten. Wer weiß, wo seine Spende wirklich versickert? Nein, so ticken wir nicht. Einem Elend direkt vor unserer Nase können wir abhelfen, aber die unpersönlichen täglichen tausend Gesicher des Leidens in den Nachrichten werden zu einer gewohnten Grimasse, kaum mehr bewusst wahrgenommen - aus Selbstschutz. Denn wer mit der ganzen Welt zu leiden versucht, verliert sich rettungslos darin und muss wahnsinnig werden!

So gesehen erweisen uns die modernen Info-Kanäle einen Bärendienst. Aber die Information ist dennoch nötig, denn wer nicht weiß, was vor sich geht, wird vom Rad der Geschichte schlicht überrollt. Ein zweischneidiges Schwert also, bemüht, uns Wissen zu geben, möglichst ohne die niedersten Instinkte wie Sensationslust und Blutgier zu bedienen. Derlei sollten wir seit den römischen Spielen im Kolosseum hinter uns gelassen haben. (Schön wär's!)

Deine Zeilen beschreiben diese Zweischneidigkeit wie auch unsere Schutzmechanismen des Wegschauens und der Gewöhnung sehr gut. Ob das allerdings nun wirklich so verwerflich ist - oder einfach nur zutiefst menschlich, möge ein Berufenerer beurteilen.

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re:Heile, schöne Welt
« Antwort #2 am: Juli 19, 2014, 14:53:47 »
Schroffe Gegenüberstellung von Reichtum und Armut, Macht und Machtlosigkeit. Gut der provozierende Einbau des LI in die Klasse, die an der Schalthebeln sitzt. Mal etwas ganz anderes von dir!

Sehr gern gelesen, Ingo.

LG gummibaum