Hi, Gum!
Ein schönes Sonett! Ein paar Tipps:
Wie zart wird dieses Blau, das mich umfängt,
verblassend schon vom Schritt des Abends kündet,
Hier hat man sofort das Gefühl, es fehle ein weiteres "das". Alternative: "wenn es es vom sachten Schritt des Abends kündet,"der in mir wächst und neu mein Leben gründet,
Vielleicht schöner: "...und neues Leben gründet,"mich zwischen Tag und Nacht mit Ruh beschenkt.
Wenn jetzt durchs Blau noch weiße Striche reisen,
Wortwiederholung "Blau"? Alternative: In S1Z1 "Azur" statt "Blau" schreiben.die silbern angeführt vorüberziehn:
Ich lasse sie getrost im Licht erglühn
und über mich hinaus ins Ferne weisen.
Das Dunkeln will ich hier am Ort genießen
und trete langsam jede Farbe ab.
Das "ab" mit kurzem "a" passt nur bedingt als Reim zu "Grab" und "gab", die beide ein langes "a" führen.Der Nacht will bewusst entgegensprießen,
Hier fehlt ein "ich".die Kühle trinken wie aus einem Grab
und irgendwann in dieses überfließen,
nach allem, was das Leben treu mir gab.
Alternative: "nach allem, was mir dieses Leben gab."Wunderbar tränkst du die Stimmung dieses Sonnenunterganges mit kontemplativer Melancholie, gelöstem Sichabfinden und stillem Beisichsein. Schön die angedeuteten Bilder des Flugzeugs mit Kondensstreifen und dem Erleben der Dämmerung durch das "Abtreten der Farbe", als wäre sie einst der persönliche Besitz des LyrIch gewesen. Dieses Besitzenwollen des Tages, also quasi der Zeit an sich, dieses Erleben- und Lebenwollen mit allen Sinnen, die Wertschätzung des Lebens dringen deutlich durch, aber auch leise Wehmut darüber, dass all dies - wie auch der Tag - enden muss.
Eine wundervoll eingewobene Metaebene, ein verborgenes Gleichnis.
Die sehr schöne Sprache kaschiert den Umstand, dass hier männliche und weibliche Kadenzen eher willkürlich wechseln. Dass das Sonett durchgehend weibliche Kadenzen haben sollte, muss ich dir (wie auch die ansonsten gängigen Sonettregeln) sicher nicht erklären, ich gehe davon aus, dass du hier bewusst darauf verzichtet hast - ich hätte bloß gern gewusst, warum.
Sehr gern gelesen und bearbeitet!
LG, eKy