Autor Thema: Immer  (Gelesen 1324 mal)

Ingo Baumgartner

Immer
« am: Januar 15, 2014, 11:02:49 »
Immer?

Hochdeutsch ist für viele Österreicher bisweilen eine nur mühsam erlernbare Fremdsprache, für mich zum Beispiel. Es ist der Dialekt, der uns leicht über die Lippen kommt und unsere Rede flüssig und verständlich macht. Mit der Niederschrift des Leichtüberdielippengekommenen hat aber so mancher, sonst sattelfester Mundartler (Mundoatla?) seine Schwierigkeiten. Als Beispiel könnte ich – irgendwie befremdlich – wieder mich anführen.

    Wie oft möchte ich das eine oder andere Geschichtchen in breiter Mundart abfassen, doch schrecke ich ausnahmslos davor zurück. Mi reißts (reißt’s) grod (grad) a so (aso)! Sehen Sie, schon dieser, um einen kleinen adverbiellen Anhang erweiterte einfache Satz bereitet mir Schwierigkeiten, ja stürzt mich geradezu in eine Dilemma. Ich finde einfach keine Vorgaben, die mir in orthografischer und phonetischer Hinsicht eine Leitlinie bieten könnten.
    Nehmen wir doch die Dialektform des – unscheinbaren - aber oft gebrauchten Wörtchens „immer“ als Beispiel unter die Lupe. In weiten Teilen Österreichs wird „immer“ wie „oiwei“ ausgesprochen, wie aber geschrieben? Etwa wie „euwei“, oiwai“ oder euwai“? Sicher mögen auch Formen wie „öwei“, „öwai“ oder „olwei“ noch angehen. „Alwei“, olwai“, „alway“ und „olway“ sind ebenfalls noch verständlich, nähern sich aber bedenklich dem Angelsächsischen; ich halte sie daher für extrem überzogen. Extrem böte mir schon wieder Schweirigkeiten – egsträm, ekstrehm, …), na und „böte“ (bittat?) erst recht.

    Zur Not kann man das “w“ durch ein „b“ ersetzen und experimentiert hier linguistisch vollkommen korrekt. B und w sind ja eng verwandt, man denke nur an Wabi und Barbara, Wladiwostok, das man auch Bladiwostok schreibt, oder gar ans Spanische, wo man Virgen (Jungfrau) wie Bierchen ausspricht (Ich hätte gerne ein Bierchen, stößt in Madrid auf einiges Erstaunen!) Es würde also dann wie „oibei“ oder „eubei“ geschrieben und wohl auch verstanden. Das „w“ mit „v“ zu tauschen, sollte man tunlichst meiden. „Oivei“ ist kaum verständlich. Gänzlich auszuschließen ist die Variante „efeu“.

    Wer jetzt genauso verunsichert ist, wie ich es bin, kann sich immer noch an die unmissverständlichen Formen „imma“ oder „ima“ halten oder er verwendet ganz einfach das anheimelnde „ohne Unterlass“ in Hochsprache. Ad infinitum ist insoferne nicht anzuraten, als man es sich kaum merkt.


Erich Kykal

Re:Immer
« Antwort #1 am: Januar 15, 2014, 11:26:03 »
Hi, Ingo!

Köstliche Abhandlung - man könnte fast geneigt sein, sie ernst zu nehmen! ;) ;D

Ich bin einer von jenen Österreichern, die von der sog. "Intelligenzia" aufgezogen wurden: Ich lernte (daheim) zuerst makelloses Hochdeutsch zu sprechen, und erst mit der Erweiterung meines Universums durch Kindergarten und Volksschule lernte ich auch die "österreichische Art", sich auszudrücken. Beides ist mir nun schon ewig geläufig, und ich nehme sehr an, auch du hast nicht wirklich die obig beschriebenen Probleme bezüglich der - ich darf doch schmunzeln? - Verwechselbarkeit der Idiome.
Da Dialekte eine ausschließlich gesprochene Sprachform darstellen, werden sich, solange es dazu keine offiziellen Lexika gibt, bei der Schreibweise wohl immer Interpretationsmöglichkeiten und Varianten zeigen (bis hin zu sprichwörtlichen "Abarten"! :D). Man wählt einfach, was einem am schlüssigsten erscheint.
Für mich persönlich sehe ich keinen Anlass, mich groß damit zu beschäftigen, da ich mundartlich weder lese noch schreibe. Das überlasse ich gern den Volksmusikgruppen, den betont Heimatverbundenen und den Hinterwäldlern mit Minderwertigkeitskomplex, die offenbar keine reifere Möglichkeit der Kompensation gefunden haben, als der offiziellen Hochsprache zugunsten von derbem "Lokalkolorit" auch beim geschriebenen Worte weitestgehend zu entsagen. ;D

(Bitte nicht persönlich nehmen - gerade Lyrik im Dialekt (Schudder! :-[) ist halt nur ein bisserl ein Reizthema von mir... ;))

LG, eKy
« Letzte Änderung: Januar 15, 2014, 11:28:50 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Immer
« Antwort #2 am: Januar 15, 2014, 13:02:23 »

    Wie oft möchte ich das eine oder andere Geschichtchen in breiter Mundart abfassen


Laß sehen, lieber Ingo, laß sehen!
Ich delektiere mich daran.
Auch dann, wenn es wüst daherkommt wie beim "Minusmann" von H. Sobota.

Bei Erich habe ich jede Hoffnung aufgegeben. Er ist unumstößlich im Beisein von Piefkes auf ein maßlos gemäßigtes Idiom ausgewichen. ;)

LG
Cyparis
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Erich Kykal

Re:Immer
« Antwort #3 am: Januar 15, 2014, 17:37:03 »
Hi, Cypi!

Darum schrieb ich ja auch, ich würde Dialekt weder lesen noch schreiben. Von Sprechen war nie die Rede - dessen befleißige ich mich nach wie vor gerne, auch wenn ich jederzeit auf Hochdeutsch umschalten kann, falls nötig. In emotionaleren Momenten falle ich aber automatisch wieder ins Oberösterreichische... Nach so vielen Jahren der Gewöhnung siegt ebendiese! ;D

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Ingo Baumgartner

Re:Immer
« Antwort #4 am: Januar 16, 2014, 09:33:36 »
Erich und cyparis! Eigentlich habe ich auch nicht den Drang, mich des Dialektes beim Schreiben zu bedienen - obwohl das Finden von Reimen tatsächlich wesentlich einfacher wäre. ;D Danke fürs Lesen! LG Ingo

cyparis

Re:Immer
« Antwort #5 am: Januar 16, 2014, 10:14:00 »
Na, dann stell ich nochmal was "Saalännisches" ein... ;D
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