Autor Thema: Die falschen Rosse  (Gelesen 1021 mal)

Erich Kykal

Die falschen Rosse
« am: Januar 07, 2014, 11:37:49 »
Ertrüge ich das von mir selbst Gewusste,
hätt nie ich über etwas nachgedacht
und blindlings mich in alles eingebracht,
begeistert, ohne Rücksicht auf Verluste?

Verstünde ich das namentlich Bewusste,
hätt ich bewusstlos mich und starr gemacht
und die Bedenkenträger weggelacht
im Namen dessen, was ich besser wusste?

Wie mag es dem ergehen, der versäumte,
die Folgen seiner Taten abzusehen,
noch ehe er ihr Wirklichsein erträumte?

Ein jeder möchte nach der Zukunft gehen,
doch wer die falschen Rosse dafür zäumte,
wird weder Ziel noch Weg dahin verstehen!
« Letzte Änderung: Januar 17, 2014, 22:00:53 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re:Die falschen Rosse
« Antwort #1 am: Januar 07, 2014, 14:20:52 »
Hallo Erich,

warum bei den Quartetten Fragezeichen? Ohne sie gibt es direkten Sinn. Und wie ist es möglich, Folgen von Taten zu verstehen, bevor die Realisierung dieser vorangehenden Taten auch nur erträumt wurde?  Ich neige dazu, das lyr. Ich auf den falschen Rossen reiten zu sehen, um die Logik wieder herzustellen. Und so ist ja wohl auch gemeint.

LG gummibaum

Erich Kykal

Re:Die falschen Rosse
« Antwort #2 am: Januar 07, 2014, 18:03:45 »
Hi, Gum!

Die Quartette haben Fragezeichen, weil sie Fragen sind, und zwar ab dem ersten Wort, nicht erst ab dem ersten Komma!


Habe - was sowieso nötig war wegen Reimgleichheit von "verstehen" mit der letzten Zeile - die Stelle in "abzusehen" umgebessert. Da ist wenigstens nur das "-sehen" gleich mit dem 3. Reimwort "sehen", aber die Stelle ändere ich auch noch.

Übrigens kann man sehr wohl über mögliche Konsequenzen von Geplantem nachdenken, bevor man sich die Umsetzung sozusagen erträumt, also bildlich vorstellt. Soviel zur Logik.
Wenn ich sage: "Ich überfalle morgen eine Bank!", bin ich mir über die möglichen Konsequenzen im Falle des Erwischtwerden sowie dessen Wahrscheinlichkeit durchaus schon im Klaren, BEVOR ich mir den Vorgang vorstelle, sprich "erträume". Es funktioniert allerdings genauso, wenn man "erträumt" eher in der Bedeutung von "ersehnt" betrachtet. Ich kann über verschiedene Handlungsmuster nachdenken, BEVOR in mir eine innere Sehnsucht nach deren Umsetzung erwächst. Es mag weniger wahrscheinlich sein als die Version anders herum, aber den Gesetzen der Logik wiederspricht es nicht.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Ingo Baumgartner

Re:Die falschen Rosse
« Antwort #3 am: Januar 13, 2014, 17:27:56 »
Ein jeder möchte nach der Zukunft gehen,
doch wer die falschen Rosse dafür zäumte,
wird weder Ziel noch Weg dahin verstehen!

Drei kunstvolle Verse aus einem kunstvollen Werk. LG Ingo

cyparis

Re:Die falschen Rosse
« Antwort #4 am: Januar 13, 2014, 19:06:14 »
Lieber Erich,

Ein jeder möchte nach der Zukunft gehen,

ist das gleichbedeutend mit
Ein jeder möchte in die Zukunft gehen
?,
oder bin ich mal wieder mit einem Brett vorm Kopf aufgestanden?
Das nach kann ja keinen zeitlichen Abstand bedeuten,
dann schon eher etwas wie eine Richtschnur. Kommt mir auch nicht plausibel vor.
Ehrlich, ich bin hier sehr unsicher.

Hilf mir bitte aus den  Klemme,
bevor ich Dich mit den Wogen meiner Hymnen überschwemme (ernst gemeint).


Vorerst lieben Gruß
von
Cyparis
(philosophisch unbeschlagenes Huftier)
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Die falschen Rosse
« Antwort #5 am: Januar 13, 2014, 20:43:58 »
Hi, Cypi!

Das "nach etwas (hin)gehen" ist eine ältere (und lyrischere) Ausdrucksform für "zu etwas (hin)gehen". Beispiel Wilhelm Busch: "Max und Moritz wird es schwüle, // denn nun geht es nach der Mühle."

Die Zukunft ist zwar ein Zeitbegriff, das "nach" ist aber hier keinesfalls zeitlich zu verstehen. "Nach einem Ziele hinzugehen" ist räumlich definiert. Auch wenn "Zukunft" an sich keine räumliche Komponente hat, kann man den Begriff an sich als erstrebtes Ziel betrachten, zu bzw. "nach" dem man hinstrebt/geht.

Hi, Ingo!

Vielen Dank für deinen lobenden Beitrag.

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

galapapa

Re:Die falschen Rosse
« Antwort #6 am: Januar 17, 2014, 14:04:37 »
Hallo Erich,
ein sehr gelungenes Sonett!
Ohne die Fragezeichen würde ich die Strophen nicht verstehen.
Solche, die die falschen Rösser eingespannt haben scheint es ja reichlich zu geben. ;)
Herzliche Grüße!
Galapapa

Daisy

Re:Die falschen Rosse
« Antwort #7 am: Januar 17, 2014, 18:44:19 »
Hallo Erich,

bei diesem grandiosen Sonett mache ich mir das Kommentieren leicht und hänge mich an die lobenden Worte aller Vorredner an!  :)

Besonders beeindruckt mich wieder einmal deine kunstvolle Sprache, die immer wieder großartige Bilder malt!

Tiefer Hofknicks vor dem Meister!

LG Daisy

Erich Kykal

Re:Die falschen Rosse
« Antwort #8 am: Januar 17, 2014, 22:04:00 »
Hi, Daisy!

Zuviel der Ehre - das Sonett hier ist bestenfalls mittelprächtig! Zur zeit verebbt meine Inspiration, und auch das Niveau meiner Sprachhabung scheint abzusinken. Es kommt wohl wieder eine "Zeit der lyrischen Dürre" auf mich zu...

Vielen Dank für deine positiven Gedanken!

LG, eKy
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