Autor Thema: Kein Mitleid  (Gelesen 852 mal)

cyparis

Kein Mitleid
« am: November 06, 2013, 16:33:42 »
Es hockt der greise Demiurg
inmitten halbzerfallner Stelen
auf seiner längst verlassnen Burg;
er kann nur sich allein noch quälen.

Durch die Gewölbe irrt ein fahles Pferd,
das er geblendet, wild vor Wut.
Und was in Schöpfers Därmen gärt,
war einst von heller, heißer Glut.

Er schuf sich eine Freundesschar,
Gefolge, das ihm schwor, ihn hörte.
Doch wurd er so des Fühlens bar,
daß er, was er geliebt, zerstörte.

Da thronte finster er und grollte,
nicht wirklich wissen wollend, wem.
Es kam, was er als Junger niemals wollte:
Was er berührte, ward zu kaltem Lehm.







angeregt von A.Kubin
« Letzte Änderung: November 06, 2013, 18:51:57 von cyparis »
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Kein Mitleid
« Antwort #1 am: November 06, 2013, 16:53:31 »
Hi, Cypi!

Wow - gewichtige Kost, wuchtig, gewaltig. Ein Gedicht mit eigener Schwerkraft!

S1Z3 - da fehlt ein "t"! "längst verlassnen" ist m.E. getrennt zu schreiben.

S2Z1 - Zeile um einen Heber zu lang. Alternative: Entweder "fahles" weglassen, oder: "Das Schloss durchirrt ein fahles Pferd,"

S2Z3 - Schöner fände ich: "..., // und was in Schöpfers..."

S4Z2 - "wissen wollend" ist m.E. getrennt zu schreiben.


Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, deine Zeilen spielen auf irgendeine klassische Sage oder Mythologie an, denn anders vermag ich die zwar intensiven, jedoch für den Unkundigen kryptischen und rätselhaften Bilder nicht zu deuten!
Falls ich richtig liege, wäre es nett, mir und anderen weniger gebildeten Lesern kurz die Hintergrundgeschichte zu umreißen, damit wir wissen, wovon die köstliche Rede ist! ;) :D

Sehr gern gelesen, aber leider noch mit Fragezeichen...

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Kein Mitleid
« Antwort #2 am: November 08, 2013, 09:55:19 »
Lieber Erich,


ich habe den Text korrigiert. Nur mit der Pferd-Zeile bin ich noch zu keinem Schluß gelangt.

Alfred Kubin schrieb einen einzigen Roman, "Die andere Seite".
Selbstverständlich mit seinen eigenen Illustrationen.
Den hatte ich vor Jahrzehnten gelesen und er kam mir dieser Tage wieder ins Gedächtnis.
Die Schlußzeile:
"Der Demiurg ist ein Zwitter"


(aus Gut und Böse).
Das ist Inhalt meines Gedichtes. Sollte es zumindest sein.


cypi mit liebem Gruß!
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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gummibaum

Re:Kein Mitleid
« Antwort #3 am: November 08, 2013, 21:26:23 »
Hallo Cyparis,

recht plastisch, diese in Verlassenheit grimm gewordenen Existenz,  die gegen sich und ihre Schöpfungen wütet und nichts mehr zustande bringt.

Gern gelesen

gummibaum

Daisy

Re:Kein Mitleid
« Antwort #4 am: November 09, 2013, 14:02:27 »
Liebe Cyparis,

von diesem beeindruckenden Gedicht bin ich sehr angetan!
Die Verse sind so anschaulich und mitreißend, dass ich selbst Teil des Geschehens werde. Toll!

Herzlichen Gruß  :)
von
Daisy