Autor Thema: Wunder  (Gelesen 1212 mal)

gummibaum

Wunder
« am: September 26, 2013, 13:49:58 »
Hinter deinen hellen Augen,
die wie Seentiefe saugen,
liegt besonnte Ruh.

Schön sind deine warmen Züge,
strafen mein Erfassen Lüge.
Sag doch! Wer bist du?

Schweigend gehst du plötzlich leise
unerkannt auf deine Reise.
Ich verzehre mich.

Doch ich weiß: ich muss dich lassen.
Wunder sterben durch Erfassen.
Gern verlier ich dich.

Phoenix-GEZ-frei

Re:Wunder
« Antwort #1 am: September 26, 2013, 21:13:09 »
Lieber gummibaum,

nicht so ohne, Gefahr droht!

Schönheit übersteigt den Geist!

Meine emotionale Antwort:

Ein Gebirgssee ruht ganz, ungestört.
Blicke, fragen wortlos wer bist du?
Tauche tief, dein Spiegel glänzt mich,
Lass dich los, bitte, du mich auch?
Träume dich wieder uns, wieder!

LG
Phönerle

Daisy

Re:Wunder
« Antwort #2 am: September 27, 2013, 18:29:24 »
Lieber Gummibaum,

das sind sehr schöne und berührende Verse, die mich in ganz besonderer Weise ansprechen!
Durch die dreizeiligen Strophen hat das Gedicht eine wunderbare Leichtigkeit,
allerdings schmerzt mich das "Gern" im letzten Vers ein wenig, da es meinem Empfinden nach zu gleichgültig und fast banal klingt.

Sehr gern gelesen!

LG Daisy

gummibaum

Re:Wunder
« Antwort #3 am: September 28, 2013, 11:13:14 »
Hallo Daisy,

danke fürs Kommentieren. Man könnte "gern" durch "so" oder "nun" ersetzen. Wäre das besser? Oder hast du einen eigenen Vorschlag. Das Wort sollte aussagen, dass man bereit ist, das Wunder durch Freigabe zu bewahren.

Kurz zum Hintergrund: Meine Mutter ist vor 3 Monaten gestorben und ich habe ein paar der alten Fotoalben gesichtet. Das Gedicht ist auf ein Kinderfoto von mir geschrieben. Ich habe dabei versucht, durch die Augen meiner Mutter zu sehen, die mich Püppi oder Kleiner Bel Ami nannte. Ich wurde im Alter von 2-3 Jahren immer für ein Mädchen gehalten und ein Maler fragte meine Mutter auf der Straße, ob er mich portraitieren dürfte. Es geht also in der letzten Zeile des Gedichts eigentlich ums Loslassen.

LG gummibaum


cyparis

Re:Wunder
« Antwort #4 am: September 28, 2013, 12:30:15 »
Lieber Gummibaum,

mich stört das "gern" überhaupt nicht, weil ich die Empfindung dahinter zu kennen glaube.
(Setzt sich ein Schmetterling für einen Moment auf meine Hand, laß ich ihn auch gern wieder fliegen, weil ich die Kostbarkeit des Augenblickes haben durfte).

Wunderschön!
So leicht, zart und zärtlich wie die Berührung einer Blüte.


Herzlichen Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Daisy

Re:Wunder
« Antwort #5 am: September 28, 2013, 18:33:43 »
Lieber Gummibaum,

vielen Dank für deine ausführlichen Erläuterungen zu deinem schönen Gedicht!
Es ist sehr aufschlussreich und interessant zu erfahren, welche Erlebnisse oft die Impulse sind, die zu einem Gedicht inspirieren
und als Leser kann man danach auch oft verschiedene Formulierungen besser nachvollziehen.

Da es, wie du siehst, ganz unterschiedliche Ansichten gibt, solltest du dein Gedicht im ursprünglichen Zustand belassen,
denn da bist du sicher ganz intuitiv deinem Gefühl gefolgt und so passt es dann auch.

Mir gefällt dein Gedicht so oder so sehr gut!  :)

LG Daisy