Autor Thema: Ägypten  (Gelesen 1804 mal)

Erich Kykal

Ägypten
« am: August 19, 2013, 15:45:48 »
Golden fließt des Niles lange
grün gerahmte Flutenschlange
zeitlos strömend nach dem Meer,
mitten durch das Land der Dünen,
deren Sande sich erkühnen,
sie zu säumen, heiß und leer.

Weiße Segel pflügen Rillen
in die Wasser, die den Willen
der Jahrtausende ernährten,
und im Herz der Pyramiden
ruhen jene, die verschieden,
wie als Wächter ihrer Gärten.

In den Uferschilfen bricht sich
jede Woge und es flicht sich
Schicksal dort wie Hieroglyphen,
und die Winde der Gerechten
gehn in sternenklaren Nächten
durch die Halme, es zu prüfen.

Schatten ferner Laute dringen
an die Tage und verklingen
überm Wellenschlag der Zeit,
wo sich in der Jahre Rauschen
ewig Land und Wasser tauschen,
eins vom anderen erneut.

Und die großen Pharaonen
schaun herab von ihren Thronen,
alabastern und von Stein,
so als wüssten ihre Augen
ganz genau, was jene taugen,
die es wagen, dort zu sein.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Aspasia

  • Gast
Re:Ägypten
« Antwort #1 am: August 19, 2013, 17:38:07 »
Phatastisch - einfach großartig! Die Verse strahlen gleichzeitig Ruhe und Tempo aus und eilen der letzten Strophe zu einem Höhepunkt entgegen. Ich bin beeindruckt.

Erich Kykal

Re:Ägypten
« Antwort #2 am: August 19, 2013, 20:14:06 »
Hi, Aspasia!

Ein älteres Werk. Zufällig stellte ich fest, dass ich es (wie so viele andere) wohl nie hier publiziert hatte, da ich damals vornehmlich in anderen Foren aktiv war.
Es entstand als eher histiorisierendes "Wort-Gemälde" nach einer Fernsehdoku. Ich war selbst nie dort - und zur Zeit wäre das auch wenig ratsam! Wie überall, wo Machtansprüche und Religion mitspielen, endet dort alles in Chaos und Blutvergießen!

Vielen Dank für deinen Zuspruch!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Daisy

Re:Ägypten
« Antwort #3 am: August 19, 2013, 20:23:28 »
Hallo Erich,

ein grandioses Werk, das ich bereits kenne, da ich es schon früher in poetry.de gelesen hatte.

Aber deine Gedichte sollte man sowieso immer wieder lesen, denn sie gewinnen mit jedem Mal dazu und erst dann offenbart sich die ganze, großartige Fülle!

Ein fantastisches Bild, von dem man sich gar nicht trennen mag!  :)

LG Daisy

gummibaum

Re:Ägypten
« Antwort #4 am: August 20, 2013, 18:03:47 »
Ein schönes Gedicht. Sehr gern gelesen, Erich. Ich habe viel in dem Land gelernt, aber manches anders in Erinnerung.

Nicht ungefährlich war die Pyramidenbesteigung nachts (illgal), die ich unternahm, um nicht als Tourist auf einem Kamel im Kreis geführt zu werden. Die Mumien der großen Pharaoen (Ramses) aber liegen schwärzlich im Ägyptischen Museum in Kairo. Ich übernachtete in einem Dorf nördlich Luxor und musste der zahlreich um mich versammelten männlichen Verwandtschaft von ihrem großen Vorbild, nämlich Adolf Hitler, Neuigkeiten berichten. Ob er denn nicht mehr lebe? Der Nil war recht dreckig und die Felucke, die wir ich mit anderen Studenten samt Skipper charterte, hatte eines braunes grobes Segel. Das Heckruder brach gleich am ersten Tag ab. Wir schoben das Boot, im Fluss watend, ans Ufer, obgleich die Reiseführer vor Billharziose nach Wasserkontakt warnten. Etliche daran erblindete Ägypter sahen recht abschreckend aus. Der schon ältere Nil-Skipper hatte es auf ein Mädchen unserer Gruppe abgesehen. Als ich sie beschützte, grabschte er mich die ganze Nacht hindurch an.  

LG gummibaum  
« Letzte Änderung: August 20, 2013, 18:13:34 von gummibaum »

Erich Kykal

Re:Ägypten
« Antwort #5 am: August 21, 2013, 00:47:50 »
Hi, Gum!

Haha - ich hab (fast) Mitleid mit dir! :D

Ich wollte das Gedankenbild ja auch eher historisch verstanden wissen (Siehe oben, Antwort#2).

Ich war nie dort, aber zur Zeit wäre das ohnehin nicht ratsam. (Obwohl es mich schon jucken würde, mich vor das Hauptquartier der Muslimbrüder zu stellen und ihnen zu sagen, dass ihr Allah nie existiert hat, genauso wenig wie jeder andere von Menschen ausgedachte Gott! Wie lange würde ich soviel Aufrichtigkeit wohl überleben??? - Mann, würden DIE erst GRABSCHEN!!!)

LG, eKy
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Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re:Ägypten
« Antwort #6 am: August 21, 2013, 20:50:55 »
Hallo Erich,

kurz nachdem ich gepostet hatte, reute mich mein Beitrag, denn ich halte eigentlich nichts davon, Gedichte mit Erfahrungen anzugehen. Sie führen ein Eigenleben. Und die hier geknüpften Gedanken, auch wenn sie mir fern der Realität scheinen (und das betrifft ebenso die Blütezeiten der antiken Reiche am Nil), sind kostbar und zudem meisterhaft dargestellt.

LG gummibaum

Ingo Baumgartner

Re:Ägypten
« Antwort #7 am: August 22, 2013, 11:37:50 »
Wirklich grandios! Für mich als "Nilbewunderer" seit Kindheitstagen :) eine wahre Freude! LG Ingo

cyparis

Re:Ägypten
« Antwort #8 am: September 02, 2013, 09:31:54 »
Wahrlich großartig, grandios, groß!


Bewundernd:
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Ägypten
« Antwort #9 am: September 02, 2013, 09:41:13 »
Hi, Gum, Ingo, Cypi!

Vielen Dank für eure Beiträge! Dieses Gedicht stellt keinen Anspruch an irgendeine "Realität", es entstand aus einem Bauchgefühl heraus. Allerdings wissen wir über die Vergangenheit(en) der Geschichte - davon bin ich überzeugt - viel zu wenig, um objektiv beurteilen zu können, wie nah wir wirklich mit unseren Vorstellungen davon an das tatsächliche Bild heranreichen, und diese Schere klafft weiter, je mehr Jahre zwischen uns und der jeweiligen Vergangenheit liegen!

LG, eKy
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cyparis

Re:Ägypten
« Antwort #10 am: September 02, 2013, 09:56:39 »
Das ist nur allzu natürlich.
Selbst wenn schriftliche "Zeugnisse" existieren -
wer vermag sich schon das wirkliche wahre Leben vorzustellen>?
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte