Autor Thema: Geschüttelte Reminiszenzen eines goldenen Hochzeiters  (Gelesen 3076 mal)

Fridolin

Geschüttelte Reminiszenzen eines goldenen Hochzeiters
« am: Juli 28, 2013, 11:57:35 »
Wir haben uns in einem Wäldchen gefunden,
wo herrlich die mailichen Glöckchen geläutet,
und du warst mit Röckchen und Löckchen gekleidet,
der Lenz hat sie neckisch um Fältchen gewunden.

Er war uns mit duftigem Flieder gewogen
und hat unsrer Liebe mit Sonne gewunken.
Ins Moos sind wir damals voll Wonne gesunken,
zum Himmel hinauf immer wieder geflogen.

Durch Höhen und Tiefen im Leben gegangen,
gilt's nunmehr, der Hektik und Eile zu wehren.
Denn kam dann und wann auch die Weile zu Ehren,
uns Tage, der Muße ergeben, gelangen.

Thalia, o Muse, ums Herze uns schwebe,
dass Frohsinn im Alter die Schwärze uns hebe.
« Letzte Änderung: August 04, 2013, 07:31:41 von Fridolin »

cyparis

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #1 am: Juli 28, 2013, 13:30:51 »
Da, Fridolin,


lese ich wieder weitgeöffneten Mundes,

(das erstaunt gerundete "Oh!")

und kann nur immer wieder betonen, wie sehr mich Deine unnachahmlichen (bisher sind sie es!!) ergötzen!


Hungrig:
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #2 am: Juli 28, 2013, 14:45:48 »
Hi, Fridolin!

Ein sehr schönes Sonett!

Ein Frage jedoch zu S3Z3,4: "dass Zeiten...gelangen" - was soll das bedeuten? Gelangen okay - aber WOHIN??? Oder solles in der Bedeutung von "genügen" stehen, in welchem Falle es schlicht falsch verwendet wäre, oder zumindest reichlich missverständlich und unschön. Diese Zeile würd ich umschreiben, da bin ich echt gestolpert.

Abgesehen davon ausgesprochen gern gelesen und genossen! Vor allem die augenzwinkernde Conclusio (Thalia - AHAaaah...also doch kein "herkömmlicher Sex"... ;)!!!) weiß zu entzücken.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Fridolin

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #3 am: Juli 28, 2013, 18:59:15 »
Hi, Fridolin!

Ein sehr schönes Sonett!

Ein Frage jedoch zu S3Z3,4: "dass Zeiten...gelangen" - was soll das bedeuten? Gelangen okay - aber WOHIN??? Oder solles in der Bedeutung von "genügen" stehen, in welchem Falle es schlicht falsch verwendet wäre, oder zumindest reichlich missverständlich und unschön. Diese Zeile würd ich umschreiben, da bin ich echt gestolpert.

Abgesehen davon ausgesprochen gern gelesen und genossen! Vor allem die augenzwinkernde Conclusio (Thalia - AHAaaah...also doch kein "herkömmlicher Sex"... ;)!!!) weiß zu entzücken.

LG, eKy

Hallo eKy,

"gelangen" kann verschiedene Beduetungen haben. Als eigenständiges Verb zielt es in eine Richtung: "zu einem Ziel gelangen", in diesem Sinne verwendet müsste es ja "gelangten" heißen."Gelangen" ist in dem von mir gebrauchten Fall Präteritum von "gelingen", und so ist es hier gemeint: Es gelangen uns Zeiten der Muße. Ähnlich lese ich in meinem Forum für Naturfotografen: "Endlich gelangen mir auch ein paar Bilder einer Haubenmeise". In einem Spielbericht heißt es über den deutschen Fußballnationalspieler Lukas Podolski: "Er ist der jüngste Nationalspieler, dem in einem Länderspiel zwei Tore gelangen".

LG Fridolin
« Letzte Änderung: Juli 28, 2013, 21:53:45 von Fridolin »

Daisy

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #4 am: Juli 28, 2013, 21:22:05 »
Hallo Fridolin,

das ist ein besonders bezauberndes Gedicht!

Es ist fantastisch wie du mit den Worten spielst und sie durcheinanderschüttelst.

Sehr gern gelesen!

LG Daisy

Fridolin

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #5 am: Juli 28, 2013, 21:57:44 »
Hallo Daisy,

ich habe wohl ein besonderes Talent für geschüttelte Wortspiele, mache das aber auch schon seit meiner frühesten Jugendzeit. Wörter, die mir begegnen, drehe ich unbewusst um. So habe ich neben meinem normalen Wortschatz auch einen Wortschatz mit Schüttelreimen, und der ist sehr groß!

Vielen Dank für deine lobenden Worte.

LG Fridolin

cyparis

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #6 am: Juli 28, 2013, 22:19:35 »
Kein Wunder -

hat Professor Schlurch
besonderes Talent geweckt,
bleibt einem wortgewandten Lurch
kein Schüttelwort je unentdeckt! :)
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Fridolin

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #7 am: Juli 30, 2013, 08:35:08 »
Kein Wunder -

hat Professor Schlurch
besonderes Talent geweckt,
bleibt einem wortgewandten Lurch
kein Schüttelwort je unentdeckt! :)

Letzteres stimmt nicht so ganz, ich bin immer wieder erstaunt, wenn ich Schüttelreime von anderen Autoren lese, die mir noch nicht eingefallen sind.

Dieses Gedicht ist mir besonders wichtig, es ist eine Hommage an die Liebe, an meine Liebe, die sich in wenigen Wochen zu einem besonderen Jubiläum rundet. Wir feiern unsere Goldene auf besondere Weise, nämlich mit einer Reise nach Dresden, unserer Lieblingsstadt, wo wir in der Semperoper bei einer Aufführung von Mozarts "Hochzeit des Figaro" unsere Goldene Hochzeit feiern.

Liebe Grüße
Fridolin

galapapa

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #8 am: Juli 30, 2013, 14:29:35 »
Hallo Fridolin,
auch ich bewundere Dein Gedicht und das Talent, das solche Werke möglich macht.
Ich hab übrigens auch oft die Manie, dauernd Worte zu verdrehen, bin aber so selten fündig, dass ich das letzte schon wieder vergessen habe, wenn ich das nächste entdecke.
Umso mehr wundere ich mich und lese dann auch noch ein Sonett; schier unglaublich.
Mit dem "gelangen" hatte ich kein Problem, vor allem auch des Kommas wegen.
Liebe Grüße!
Galapapa

Fridolin

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #9 am: Juli 30, 2013, 18:39:58 »
Hallo Charly,

es freut mich sehr, dass dir mein Werk so gut gefällt. Vielen Dank, auch dafür, dass du mir bestätigst, dass du mit der von Erich bezeichneten Passage keine Probleme hattest.

LG Fridolin

Erich Kykal

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #10 am: Juli 31, 2013, 11:54:53 »
Hi, Fridolin!

Noch mal zur "gelangen"-Problematik (Sorry!):

Die Stelle ist und bleibt missverständlich. Wer nicht (wie ich zB) an "gelangen" als Mitvergangenheitsform von "gelingen" denkt, sondern an "irgendwohin gelangen", der wird dort immer stocken und rätseln. Ehrlich gesagt, ohne deine Erklärung (so begreiflich und richtig sie sein mag) wäre ich gar nicht auf die von dir avisierte Deutung gekommen!!!

Zur Verdeutlichung müsste irgendwo dort noch ein "uns" eingefügt werden - so wäre sofort klar, wie das "gelangen" gemeint ist!

zB: "da uns auch Zeiten der Muße gelangen."

So wäre die Zeile m.E. inhaltlich wesentlich klarer und auch sprachmelodisch flüssiger! Auch das "da" am Beginn ist satztechnisch korrekt: "die Weile, da uns...gelangen" - Das "da" ist reflexiv auf die "Weile" bezogen. Dein "dass" erscheint mir an dieser Stelle einfach falsch, sorry. Auch dies trug zu meiner Verwirrung bei, ist mir beim ersten Kommi aber - Schande über mich - gar nicht bewusst aufgefallen!

LG, eKy
« Letzte Änderung: Juli 31, 2013, 11:59:15 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Fridolin

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #11 am: Juli 31, 2013, 14:28:29 »
Hi, Fridolin!

Noch mal zur "gelangen"-Problematik (Sorry!):

Die Stelle ist und bleibt missverständlich. Wer nicht (wie ich zB) an "gelangen" als Mitvergangenheitsform von "gelingen" denkt, sondern an "irgendwohin gelangen", der wird dort immer stocken und rätseln. Ehrlich gesagt, ohne deine Erklärung (so begreiflich und richtig sie sein mag) wäre ich gar nicht auf die von dir avisierte Deutung gekommen!!!

Zur Verdeutlichung müsste irgendwo dort noch ein "uns" eingefügt werden - so wäre sofort klar, wie das "gelangen" gemeint ist!

zB: "da uns auch Zeiten der Muße gelangen."

So wäre die Zeile m.E. inhaltlich wesentlich klarer und auch sprachmelodisch flüssiger! Auch das "da" am Beginn ist satztechnisch korrekt: "die Weile, da uns...gelangen" - Das "da" ist reflexiv auf die "Weile" bezogen. Dein "dass" erscheint mir an dieser Stelle einfach falsch, sorry. Auch dies trug zu meiner Verwirrung bei, ist mir beim ersten Kommi aber - Schande über mich - gar nicht bewusst aufgefallen!

LG eKy,


Und ich hab mich darauf verlassen, dass da alles o.k. ist, zumal von keiner Seite diesbezügliche Einwendungen kamen. Dein Vorschlag "da uns auch Zeiten der Muße gelangen" gibt leider keinen Schüttelreim auf "Leben gegangen". Dass dich dass am Anfang stört, versteh ich mittlerweile, aber ginge nicht auch "da Zeiten, der Muße ergeben, gelangen"?


Durch Höhen und Tiefen im Leben gegangen,
gilt's nunmehr, der Hektik und Eile zu wehren.
Es kam viel zu selten die Weile zu Ehren,
da (uns) Zeiten, der Muße ergeben, gelangen.

Alternativ:
als (noch) Zeiten, der Muße ergeben, gelangen.

Wenn alle Stricke reißen, muss ich von vorne anfangen, wird aber schwer.

LG Fridolin

« Letzte Änderung: Juli 31, 2013, 15:40:36 von Fridolin »

Erich Kykal

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #12 am: August 01, 2013, 10:24:19 »
Ach, an die Schüttelreime hatt ich mal wieder nicht gedacht! Dann lass es am besten so, wie es ist, denn deine Vorschläge sind ohne die Worte in den Klammern metrisch passend - mit nicht mehr!

"Da" oder "als" würde ich allerdings auf jeden Fall statt des "dass" setzen!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Fridolin

Re:Sentimental Reflection
« Antwort #13 am: August 01, 2013, 11:17:58 »
Hallo eKy,

die Sache hat mir keine Ruhe gelassen, ich habe mich an die telefonische Sprachberatung beim DUDEN in Mannheim gewandt. Dort wurde mir deine Einschätzung des Textes bestätigt. Im Laufe des kurzen Gesprächs hat mir die Lektorin geraten, den Text so umzustellen, dass sich an "Weile zu Ehren" eine in sich schlüssigere Aussage ergibt. So ist der Text nun auch verständlicher und grammatisch korrekt:

Durch Höhen und Tiefen im Leben gegangen,
war's schwierig, der Hektik und Eile zu wehren.
Doch kam dann und wann auch die Weile zu Ehren,
uns Tage, der Muße ergeben, gelangen.

Ich danke dir für deine Mühe.

LG Fridolin