Autor Thema: Nackt unter dem Hermelin  (Gelesen 3885 mal)

Pit Bull

  • Gast
Nackt unter dem Hermelin
« am: Juni 20, 2013, 22:18:57 »
Sie liest gern Geschichten
von Ruhm und Verlust,
von manischer Liebe,
von Sehnsucht und Lust.

Sie sitzt nackt am Fenster
und trägt Hermelin,
sieht viele Tragödien
vorüber sich ziehn.

Der Pelz gibt ihr Nähe,
viel Wärme und Schutz.
Schützt ihre Gedanken
vor krankhaftem Schmutz.

Dann streift sie ihn ab
und sinkt matt in ihr Bett.
Sie ist nicht mehr nackt -
sie ist längst ein Skelett.
« Letzte Änderung: Juni 21, 2013, 17:36:57 von Pit Bull »

cyparis

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #1 am: Juni 20, 2013, 23:01:34 »
Hier, lieber Pit Bull, droht Dir keine Sperre, höchstens das entzückte Blöken der Lämmer, die die "Vorlage" kennen.

Fein hastes hinbekommen, diese bepelzte Dame zu entblättern!
Kein Wunder, daß sie Dich und mich hinter Gittern landen ließ! ;)

Kopfhochgruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Seeräuber-Jenny

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #2 am: Juni 21, 2013, 01:25:36 »
Naja, letzten Endes ist sie selbst hinter Gittern gelandet. Und einer aus ihrer "Entourage" ist ganz weg. Klassischer Fall von Denkste. ;)

Hübsches Gedichtchen, zu dem du inspiriert wurdest. Gern geblökt unterm Schafspelz. ;D

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny
« Letzte Änderung: Juni 21, 2013, 02:41:04 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

Erich Kykal

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #3 am: Juni 21, 2013, 11:44:59 »
Hi, PB!

Interessant - und treffend - beobachtet! Das Skelettbild ist wie eine Ohrfeige, aber dein Vergleich ist sehr zwingend - sehr gut gedichtet!

Einzig in S1, Z4 würde ich statt "Frust" (ein häßliches Wort, klingt recht gemeinsprachlich, weil Abkürzung) "Lust" setzen - das trifft es ebenso gut.

Alternative für S2Z4: "vorüber sich ziehn." Gerafftere, klingendere Sprache.

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Seeräuber-Jenny

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #4 am: Juni 21, 2013, 15:19:54 »
Hallo Pitti,

um im Schema zu bleiben habe ich für die letzte Strophe folgenden Vorschlag:

Dann streift sie ihn ab
und sinkt matt in ihr Bett.
Sie ist nicht mehr nackt -
sie ist längst ein Skelett.

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

Erich Kykal

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #5 am: Juni 21, 2013, 19:40:09 »
Hi, Jenny!

Wie kommst du zum Schluss, dass diese zwei Worte den Takt stützen? Meines Erachtens ist es genau OHNE diese fettgedruckten Worte exakt im Schema, wenn ich diese Strophe mit den anderen vergleiche.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Seeräuber-Jenny

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #6 am: Juni 21, 2013, 19:49:45 »
Hi Erich,

die Strophe wurde von Pit Bull inzwischen um die in meinem Vorschlag fett gedruckten Wörter ergänzt.

Lieben Gruß
Jenny
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

Erich Kykal

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #7 am: Juni 21, 2013, 20:08:36 »
Was nichts über ihre Richtigkeit aussagt... ;) :D

Ehrlich, ich finde, ohne deine Füllwörter steht die Strophe richtig da. Nix für ungut, soll kein Vorwurf sein, ist eben einfach so.

Zweihebige Zeilen mit unbetontem Auftakt - das funktioniert ohne das zusätzliche "und" und "sie" und muss nicht - wie mit mehr Silben der Fall wäre - rascher gelesen werden, um im Duktus zu bleiben.

Dein "und" und dein "sie" erzeugen zudem einen unschönen Hebungsprall ("und sinkt", "sie ist"). Richtig wäre so:

Dann streift sie ihn ab
xXxxX
sinkt matt in ihr Bett.
xXxxX
Sie ist nicht mehr nackt -
xXxxX
ist längst ein Skelett.
xXxxX


Warum Pit Bull deine Idee übernommen hat, weiß ich nicht - ich weiß nur, dass mir dein Vorschlag leider unrichtig scheint. Sorry. :( Ich hoffe, du nimmst mir das nicht krumm!

LG, eKy
« Letzte Änderung: Juni 21, 2013, 20:24:19 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Seeräuber-Jenny

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #8 am: Juni 21, 2013, 20:20:32 »
Nein, nein, Erich, du darfst nicht die Zeilen einzeln betrachten. Lies mal die Strophen zusammenhängend bzw. zähle die Silben nach, dann wirst du mir recht geben. Lediglich die Zeilenumbrüche sind anders.

Wie könnte ich dir jemals etwas krumm nehmen? :) Zumal wir uns in einem Dichterforum befinden, wo die Textarbeit doch im Mittelpunkt steht.

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny
« Letzte Änderung: Juni 21, 2013, 20:22:35 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

Erich Kykal

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #9 am: Juni 21, 2013, 20:34:41 »
Na schön, betrachten wir mal das ganze Gedicht:

Sie liest gern Geschichten
xXxxXx
von Ruhm und Verlust,
xXxxX
von manischer Liebe,
xXxxXx
von Sehnsucht und Lust.
xXxxX

Sie sitzt nackt am Fenster
xXxxXx
und trägt Hermelin,
xXxxX
sieht viele Tragödien
xXxxXx
vorüber sich ziehn.
xXxxX

Der Pelz gibt ihr Nähe,
xXxxXx
viel Wärme und Schutz.
xXxxX
Schützt ihre Gedanken
xXxxXx
vor krankhaftem Schmutz.
xXxxX

Dann streift sie ihn ab
xXxxX
und sinkt matt in ihr Bett.
xxXxxX
Sie ist nicht mehr nackt -
xXxxX
sie ist längst ein Skelett.
xxXxxX


Fällt dir was auf? Bei deinen Zeilen sind es 2 xx vorneweg, anders als bei allen 2. und 4. Zeilen davor!

Der einzige andere Unterschied zwischen dieser Strophe und denen davor sind die weiblichen Kadenzen der 1. und 3. Zeilen bei S1-3 (xXxxXx), während diese Zeilen in der letzten Str. männliche Kadenzen aufweisen (xXxxX).

Das ließe sich übrigens (falls gewünscht) so angleichen:

Dann streift sie ihn von sich,
xXxxXx
sinkt matt in ihr Bett.
xXxxX
Sie ist nicht mehr nackend -
xXxxXx
ist längst ein Skelett.
xXxxX


Nein - ich kann dir nicht beipflichten. Deine Version stört den Rhythmus des Gedichts. Tut mir leid - ich bleibe dabei. :-*

LG, eKy
« Letzte Änderung: Juni 21, 2013, 20:36:31 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Seeräuber-Jenny

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #10 am: Juni 21, 2013, 20:39:28 »
Zitat
Nein - ich kann dir nicht beipflichten. Deine Version stört den Rhythmus des Gedichts. Tut mir leid - ich bleibe dabei.

Wenn ich den Text laut und zusammenhängend lese, ist am Rhythmus nichts zu beanstanden. Allerdings ist das Schema in der letzten Strophe nicht eingehalten. Das erschließt sich jedoch nur bei der Analyse des Textes und hat meiner Meinung nach keinen Einfluss auf den Vortrag.

Zitat
Dann streift sie ihn von sich,
xXxxXx
sinkt matt in ihr Bett.
xXxxX
Sie ist nicht mehr nackend -
xXxxXx
ist längst ein Skelett.
xXxxX

Mit deinem Vorschlag schlägst du beide Fliegen mit einer Klappe. Er ist die eleganteste Lösung. :)

Lieben Gruß
Jenny

« Letzte Änderung: Juni 21, 2013, 20:42:40 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

cyparis

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #11 am: Juni 22, 2013, 18:33:05 »
Vorüber sich ziehn

kommt mir irgendwie stummelig vor.
Warum nicht

"vorbei an sich ziehn"?
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Seeräuber-Jenny

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #12 am: Juni 22, 2013, 19:01:23 »
Du hast natürlich recht. "vorbei an sich ziehn" klingt zwar etwas umständlich, wäre aber grammatikalisch richtig.

"vorüber dort ziehn" wäre eine Lösung, denn dann wäre es nicht mehr reflexiv und würde zum Blick aus dem Fenster passen.

Naja, so ist das. Wenn man mal anfängt, einen Text zu sezieren, findet man immer wieder was. Armer Pitti!

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny
« Letzte Änderung: Juni 22, 2013, 19:23:27 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

Daisy

Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #13 am: Juni 22, 2013, 21:26:02 »
Hallo Pit Bull,

es ist nicht zu übersehn wer hierfür der "Stein" des Anstoßes war!

Sehr treffend und überaus passend!

Die ursprüngliche Originalversion fand ich persönlich als die beste Fassung.

LG Daisy

Pit Bull

  • Gast
Re:Nackt unter dem Hermelin
« Antwort #14 am: Juni 23, 2013, 06:15:30 »
Hallo Ihr lieben KritikerInnen!

Allen erst mal danke für Eure Rückmeldungen.

Ich hatte Jenny's Vorschlag im Original eingearbeitet, bin aber - wie Erich - der Meinung, der Rhythmus ist irgendwie futsch.

Hier die Endfassung (Original + Erich's Vorschlag):

Sie liest gern Geschichten
von Ruhm und Verlust,
von manischer Liebe,
von Sehnsucht und Lust.

Sie sitzt nackt am Fenster
und trägt Hermelin,
sieht viele Tragödien
vorbei an sich ziehn.

Der Pelz gibt ihr Nähe,
viel Wärme und Schutz.
Schützt ihre Gedanken
vor krankhaftem Schmutz.

Dann streift sie ihn von sich,
sinkt matt in ihr Bett.
Sie ist nicht mehr nackend -
ist längst ein Skelett.

Dein Vorschlag, Erich, für die letzte Strophe - im Sinne des Gleichklangs zu den anderen Strophen - habe ich sehr gern übernommen.

VG Pitti
« Letzte Änderung: Juni 23, 2013, 06:35:44 von Pit Bull »