Autor Thema: Schaudern  (Gelesen 962 mal)

cyparis

Schaudern
« am: M?RZ 14, 2013, 15:16:16 »
Vorm nahen Frühling schaudert mich.
Seltsame Dinge wolln um mich geschehn,
neue Wunder; Ich inmitten, leer
die Hände, übervoll die wunde Brust.
Und Blick. Und Hieb und Stich
im zärtlich süßen Lüftewehn,
und Todesstoß. Ganz ohne Wehr
ergeb ich mich der trunknen Lust
ersehnter Träume.

Ein Schritt. Die fremde, allzu nahe Hand
gebietet über Frühlings Walten,
verdunkelt Tag und lichtet Nacht
zu brennend sanftem Mondenschein,
sie löst und wirkt und hält und bannt,
zwingt Ros, sich flammend zu entfalten.
E r schreitet stumm. Und wenn er lacht,
hüllt Weid' und Birk in Samt sich ein,
daß Grün sich bäume

weitem, hohem Blau entgegen.
Gleich Prometheus läßt er Funkenregen
über Fluren, Auen, Lande sprühen.
O halt, halt ein! Dies fürchterliche Glühen
wird mir zum Nessushemd, zum Scheiterhaufe;
Wort und Blick und Hand gebären Feuertaufe.
Gnade! Frühling, Liebe, Träume - laßt mich los!
Ich bin zu klein, zu zag, zu schwach. Zu groß
sind mir die Himmelsräume.
 







1995
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Daisy

Re:Schaudern
« Antwort #1 am: M?RZ 15, 2013, 17:55:30 »
Liebe cyparis,

es ist fantastisch, wie gekonnt du hier das Erwachen des Lebens im Frühling,
dem Ahnen von unabwendbaren Leid gegenüberstellst und spielerisch miteinander verwebst.

Um solche Gedichte erschaffen zu können braucht es viel, viel mehr als bloßes Talent!
Ich bewundere deine Fähigkeit so Großartiges zu schaffen!

Lieben Wochenendgruß von
Daisy


cyparis

Re:Schaudern
« Antwort #2 am: M?RZ 15, 2013, 21:01:31 »
Liebe Daisy -

welch ein überschwängliches Lob!
(Für mich Nektar und Ambrosia)

Da der dichterische Born versiegt ist, greife ich hier auf Altes zurück.
Mangels großer, tiefer Gefühle nehme ich nur noch selten Stift und Papier zur Hand.

Den Wochenendgruß gebe ich wärmstens zurück!

Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Schaudern
« Antwort #3 am: M?RZ 17, 2013, 14:40:54 »
Hi, Cypi!

Ein tolles Werk, melodisch, fließend, inbrünstig fühlend und vom Leser gefühlt!

Ein paar Kleinigkeiten zu Fluss und Melodie:

Vorm nahen Frühling schaudert mich.
Seltsame Dinge wolln um mich geschehn
und neue Wunder; Ich inmitten, leer
die Hände, übervoll die wunde Brust.
Und Blick darein. Und Hieb und Stich
im zärtlich süßen Lüftewehn,
und Todesstoß. Ganz ohne Wehr
ergeb ich mich der trunknen Lust
ersehnter Träume.

Ein Schritt. Die fremde, allzu nahe Hand
gebietet über Frühlings Walten,
verdunkelt Tag und lichtet Nacht
zu brennend sanftem Mondenschein,
sie löst und wirkt und hält und bannt,
zwingt Ros, sich flammend zu entfalten.
E r schreitet stumm. Und wenn er lacht,
hüllt Weid' und Birk in Samt sich ein,
daß Grün sich bäume

dem weitem, hohem Blau entgegen.
Prometheus gleichend läßt er Funkenregen
hin über Fluren, Auen, Lande sprühen.
O halt, halt ein! Dies fürchterliche Glühen
wird mir zum Nessushemd, zum Scheiterhaufe;
Wort und Blick und Hand gebären Feuertaufe.
Gnade! Frühling, Liebe, Träume - laßt mich los!
Ich bin zu klein, zu zag, zu schwach. Zu groß
sind mir die Himmelsräume.
 
1995


Auch nicht perfekt, aber das ist bei all dieser zwingenden lyrischen Gewalt auch nicht nötig. Jedenfalls liest es sich so obstruktionsfreier und weicher. Ich hoffe, ich konnte hilfreich sein!

Sehr gern gelesen und genossen!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Schaudern
« Antwort #4 am: M?RZ 17, 2013, 16:04:24 »
O ja, lieber Erich!

Herzlichen Dank für Deine profunde Unterstützung und Hilfe, die ich mit Dank annehme!

Grüße zu Dir
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte