Autor Thema: Nackt!  (Gelesen 1746 mal)

Erich Kykal

Nackt!
« am: M?RZ 09, 2013, 12:40:02 »
"Wo immer Leben ist, erblüht die Macht der Liebe!",
so sagen Dichter und romantische Poeten,
verirrt im Knospendickicht ihrer Frühlingstriebe -
sie waren nie ein Tier in nackten Winternöten!

"Der Mensch sei edel, hilfreich und von Herzen gut!",
behaupten Dichter und romantische Poeten,
die niemals wohnten in Gefilden nackter Wut,
wo roh geschlagne Kinder um Erbarmen flehten!

Wie wunder habt ihr euch ins schöne Wort verstiegen,
ihr toten Dichter und romantischen Poeten!
Denn alle Liebe und der Edelmut erliegen
den nackten Wirklichkeiten, die sie täglich töten!
« Letzte Änderung: Mai 14, 2013, 23:50:31 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Daisy

Re:Nackt!
« Antwort #1 am: M?RZ 09, 2013, 18:43:37 »
Hallo Erich,

die Bemühungen gehen wohl schon immer dahin das Hässliche zu beschönigen und zu verstecken.
Deshalb ist es ratsam sich nicht blenden zu lassen, die Dinge zu hinterfragen und aufzuzeigen, so wie du
das hier in deinem Gedicht in beeindruckender Manier machst.

Allerdings muss ich zugeben, dass ich nicht immer und überall mit Hässlichem konfrontiert werden möchte,
sondern mich auch an schönen Dingen delektieren mag.

Klasse Gedanken beeindruckend präsentiert!

LG Daisy

Erich Kykal

Re:Nackt!
« Antwort #2 am: M?RZ 09, 2013, 20:58:44 »
Hi, Daisy!

Naja - mit 2 unreinen Reimen ist das hier für mich eher von durchschnittlicher Güte: Poeten - Winternöten und Poeten - töten reimt sich nicht so richtig... das nervt einen zwanghaften Perfektionisten!

Dennoch Dank für deinen Zuspruch! :)

Das Gedicht entstand nach der Lektüre eines eher unbekannten romantischen Dichters namens Reinhard Fuchs von Mitte 19. Jhdt. Typischer Zeitgeschmack: Trotz einiger "Perlen" sind viele seiner Werke leider eher geziert, gedrechselt, pathetisch, überschwänglich, moralisierend, heimattreu...die Liste ließe sich fortsetzen. Sagen wir so: Dass man ihn heute kaum noch kennt, beschreibt sein Talent bis auf wenige Ausnahmen umfassend.
Nicht grade seinetwegen schrieb ich obiges Gedicht, eher in Gedanken an diese ganze euphorisch überkandidelte Lyriksparte, die immer dann nützlich wird, wenn es um Nationalhymnentexte und sprachliches Pathos geht! (Und ich nehme mich da selbst nicht aus - grade in meinem Frühwerk finden sich einige recht "überschwänglich" geschraubte Loblieder an Natur und Schönheit... ::) :-[ Schäm...)


LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Nackt!
« Antwort #3 am: M?RZ 10, 2013, 11:37:55 »
Ebensowenig soll man sich seiner frühen überschwänglichen Dichtungen schämen, wie den ethischen Appell
"Edel sei der Mensch, hilfreich und gut" als rein poetisch-romantisch abzutun.

Und es ist wohl jedem fühlenden und denkenden Mensch bewußt, daß es die Nackten, die Geschundenen, die Gequälten und Verolgten gibt.

Dein Gedicht ist sehr bitter.

Lieben Sonntagsgruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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Erich Kykal

Re:Nackt!
« Antwort #4 am: M?RZ 10, 2013, 13:08:12 »
Hi, Cypi!

Ein Missverständnis: Hier wollte ich den Satz nicht als Aufruf verstanden wissen, sondern als Behauptung. Ich dachte, diesen Schluss würde man auch trotz des "sei" ziehen können, aus dem Inhalt heraus. Offenbar ist dem nicht so, weil das verwendete Zitat zu geläufig ist, zu geprägt. Ich werde das Verb in Z2 ersetzen - dann sollte mein Ansinnen verständlicher sein!

Keinesfalls sollte es eine Kritik an der Auslegung als "frommer Wunsch" und/oder "(Auf)Forderung", oder gar an Mitgefühl und Hilfsbereitschaft sein - zumindest soviel sollte klar sein!

Und das eigene frühe "Schmalz" sollte man ursächlich dafür in Ehren halten, dass man es erst schreiben musste, um daran zu lernen, wie tödlich allzu viel Gefühlsaufwallung - so ehrlich und tief sie auch empfunden sein mag, wie ich weiß - für gute Lyrik sein kann! ;D

LG, eKy
« Letzte Änderung: M?RZ 10, 2013, 13:25:18 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Nackt!
« Antwort #5 am: M?RZ 10, 2013, 14:25:59 »
Wie verschieden doch die Wege sind - und oftmals verschlungen.
Ich kam über "Schmalz" zur eigenen Realtität  und danach in die (hoffentlich erkannte) Sachlichkeit, in der mich  a u c h   bemühe, poetisch zu bleiben.
Aber wie läßt sich Romantik unterdrücken?

Lieben Sonntagsgruß
von
cypi!


Der Schönheit treu ergeben
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Erich Kykal

Re:Nackt!
« Antwort #6 am: M?RZ 10, 2013, 15:04:23 »
Nicht die Romantik soll unterdrückt werden, bloß die allzu blumige, ausufernd glühende verbale Glorifizierung in lyrischem Überschwang und Pathos, die sie vielleicht verursacht. :D

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Nackt!
« Antwort #7 am: M?RZ 10, 2013, 16:16:49 »
Ich fürchte, das könnte auch auf mich gezielt sein! :(

Neige ich doch so sehr zum Überschwänglichen.
(Peinlich!)

Lieben Sonntagsgruß
von
Cyparis
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Erich Kykal

Re:Nackt!
« Antwort #8 am: Mai 16, 2013, 10:28:50 »
Aber nein, liebe Cypi!

Du bist nicht gemeint! Das Gedicht entstand nach meiner Lektüre eines - zurecht vergessenen - Poeten des 19. Jhdts, der sehr pathetisch patriotisch und überschwänglich deutschtümelnd schrieb: Deutsche Wälder, deutsche Eiche, deutsches Mädel, deutscher Sinn usw....
Selbst die Natur war am edelsten, wenn sie deutsch war!!!
Damals dachte man eben so. Im Lichte der jüngeren Geschichte heutzutage unverständlich, aber man sah damals nichts Negatives in solcher Denkweise, im Gegenteil, es galt als hohe Tugend, "vaterländisch" zu sein! Zusammen mit dem romantischen Schmalz jener Epoche beinahe unerträglich zu lesen!!!

Diesem Autor und seinen Gesinnungsgenossen aller Zeitalter, die gerne nur vom "Edlen und Guten" im Menschen schreiben - was immer das nach dem jeweiligen Zeitgeschmack sein mag - wollte ich mit diesen Versen ein Stück "nackter" Realität entgegensetzen. ;D

LG, eKy
« Letzte Änderung: Mai 16, 2013, 10:31:09 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Nackt!
« Antwort #9 am: Mai 19, 2013, 18:00:44 »
Hab späten Dank, lieber Erich!
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