Des kleinen Geistes Glaube
Wie dem Verdurstenden die klare Quelle
erscheint dem Gläubigen das bunte Licht,
wo ihm sein Gott aus Kirchenfenstern spricht.
Doch jenseits seines kühlen Domes Schwelle
empfängt ihn wahre Welt in ihrer Grelle,
die Wüstenei, die seinen Willen bricht,
und seiner Quelle Trug erfüllt sich nicht,
und seine Füße treten auf der Stelle.
Was nun? Verharren in der Schatten Kühle
und beten bloß in seines Gottes Haus?
Hinausziehn in die Hitze der Gefühle,
zu leben und zu wachsen wohl daraus?
Gefangene in dieses Zwiespalts Mühle
rußt seine Flamme - und geht endlich aus.
Des großen Geistes Glaube
Auch er wuchs auf, womit man ihn belehrte,
worin der Schwachen Wille sich verfängt,
doch die Gesetze, über ihn verhängt,
bewirkten bloß, dass jener aufbegehrte.
Erkennend bald, was man ihm aufgedrängt,
vermag er über solches Altbewährte
sich zu erheben. Der Gedanken Fährte
ist länger nicht von Dogmen eingezwängt.
Er weiß, dass eine tiefempfundne Wahrheit
des Wirkens eines Gottes nicht bedarf.
Betrachtend seine Welt in schlichter Klarheit
stellt sich sein Blick an allen Dingen scharf.
Doch was die großen Geister auch erkennen -
der kleine Geist wird sie dafür verbrennen!