Im Gedenken an Rino

[Seeräuber-Jenny]

Ach, Freund – weißt du noch...
Damals, als das Harz noch nach den Höhen Nepals schmeckte,
Als ich bei Kerzenschein dein grünes Augenpaar entdeckte,
Lucys Himmelsdiamanten wiesen uns den Weg zum Glück,
Purple Haze - Jimis Gitarre fetzt mein Herz zu dir zurück.
Zu dir zurück...

Ach, Freund – weißt du noch...
Melancholie im Abendrot,
Trotzige Küsse im morschen Boot,
Schwer wie schwarzer Flieder der Wein.
Willst du heut nacht mein Mädchen sein?
Ich sagte nicht nein.

Ach, Freund – weißt du noch...
Treue schworen wir unsrer alten Mutter Erde,
Wie der Wind ritten wir dahin auf schnellem Pferde,
Fielen ein in die feiste Bürgerwelt voll heißer Wut,
Wollten kämpfen bis zum allerletzten Tropfen Blut.
Wollten kämpfen!

Ach, Freund – weißt du noch...
Frauen, Hasch und Rebellion warn dir nicht genug,
Flogst übers weiße Mohnfeld im Schattenflug,
Am Gefängnistor empfing dich König Alkohol.
Bist nun tot, du Idiot! Sag, wem nützte wohl
Dein Freitod?

Ach, Freund – weißt du noch...
Heute sitze ich wieder beim Wein,
Bin verzweifelt wie du, bin allein.
All die Träume verweht im Wind,
Während Stunde um Stunde verrinnt
Und du längst verweht bist.

[a.c.larin]

liebe jenny,

das ist ein sehr wehmütiger - und authentischer? - nachruf auf einen weggefährten der jugend.

man blickt auf ein schicksal zurück und vergleicht es mit dem eigenen.
man erinnert sich seiner alten träume.
mit dem elan der jugend wollte man die welt verbessern.

und dann?

in der bibel steht: das alles ist windhauch! (buch kohelet - und der lebte vor tausenden von jahren)

auch "tausendjährige reiche" sind verweht. (zum glück!)

der mensch ist doch nur eine kleine sternschnuppe , die im universum aufblitzt - und diese eine ist nun verglüht.

umso mehr freue ich mich darüber, dass dein stern noch leuchtet!   

carpe diem!

lass uns - in gedenken an rino - der kostbarkeit die wir ( noch) besitzen, bewusst bleiben!

lg, larin

[Seeräuber-Jenny]

Liebe larin,

ja, eine authentische Geschichte aus meiner Jugend. Rino, ein wunderschöner Junge mit weichen, schwarzen Haaren und wachen grünen Augen, Schwarm aller Mädchen, ein Dichter, ein Hippie so wie wir. Auch ich war verliebt in ihn, durfte abends länger draußen bleiben, wenn die anderen Mädchen schon nach Hause mussten, konnte stundenlang mit ihm knutschen.

Wir waren überzeugt, dass wir die ganze Welt aus den Angeln heben könnten, dass es keine Kriege mehr geben würde und nur noch eine große Menschengemeinschaft. Wir wollten lieber intensiv das Leben auskosten als alt und spießig zu werden. Er blieb diesem Grundsatz treu und bezahlte mit seinem Leben, die letzten Jahre nicht mehr mit vollem Herzen, sondern mit Schuldgefühlen beladen. Ich war vernünftig, lebe noch und erinnere mich mit Wehmut an ihn und die schöne Zeit.

Irgendwann gehe auch ich dahin, später als er, glücklich, dass mir diese Jahre geblieben sind, enttäuscht, dass wir unser Ziel nicht erreicht haben.

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny

[cyparis]

Ich kann noch nicht kommentieren, habe noch nicht den nötigen Abstand dazu...