Autor Thema: Die Geburt der Venus  (Gelesen 901 mal)

Seeräuber-Jenny

Die Geburt der Venus
« am: Juli 24, 2012, 19:30:41 »
In uralter Vorzeit
kam Mutter Sonne nieder
vom blutroten Horizont,
stieg hinab ins Meer.

Ihre bangen Gedanken
galten dem Geliebten,
dem verwegenen,
ruchlosen Canis Major.

Sein Schatten bereits
verhüllt im Nebel
der fernen Galaxien,
für immer erloschen.

Ihr schwerer runder Leib
kreißte und ihre Schreie
hingen gellend im Raum,
grausige Sphärenmusik.

In finsterster Nacht
begann der Mann im Mond
nun sein Schlachtwerk,
wie er es schon ewig getan.

Mit scharfer silberner Sichel
durchschnitt er die Nabelschnur,
mit eiskalten Händen
schloss er Mutters Augen.

Und Venus, die Schaumgeborene,
kroch aus dem Dunkel ans Licht.
Einsam ging sie ihren Weg
und die Himmel weinten.

Dieses Kind besaß nichts,
weder Kleider noch Schuh,
seine Nacktheit nur bedeckt
vom wallenden Lockenhaar.

Es stieg die Himmelsleiter
immer höher und höher
hinauf bis zum Firmament
und sein Stern erstrahlte.

Und es begann zu tanzen
im blauen Licht der Gestirne
und alle, die es sahen,
waren wie verzaubert.

All die blassen Jünglinge
und all die rosigen Jungfrauen
starrten hinauf zum Sternenkind
in brennendem Verlangen.

Wie es irrlichternd tänzelte
hoch oben am Himmelszelt
und sich den Blicken darbot
in unerreichter Schönheit.

Oh Venus, Schaumgeborene,
du Kind der Mutter Sonne,
tanze immer weiter,
bis unser Stern sinkt.
« Letzte Änderung: Juli 24, 2012, 23:14:07 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

cyparis

Re:Die Geburt der Venus
« Antwort #1 am: Juli 25, 2012, 17:45:31 »
Noch kein Kommentar, liebe Jenny?

Ich hatte sofort  a u c h  das Gemälde von Botticelli vor Augen.
Aber Dein Lied hat weitaus mehr Facetten -
es ist einfach märchenhaft!


Lieben Gruß
von
cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Seeräuber-Jenny

Re:Die Geburt der Venus
« Antwort #2 am: Juli 26, 2012, 09:04:16 »
Aye, beim Betrachten des Bildes von Boticelli ist wohl die Fantasie mit mir durchgegangen. Ist aber auch mal was Schönes, sich in anderen Sphären zu bewegen.  :)

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
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Carl Schurz